Bei manchen Dingen, die in dieser Rubrik vorgestellt werden, fragt man sich ehrlich gesagt schon, ob sie wirklich jemals schick waren. Vielleicht waren sie einmal weit verbreitet, aber das heißt ja noch nicht, dass sie für einen verfeinerten Lebensstil standen.
Stragula, der noch bis in die Aufbaujahre beliebte Bodenbelag, ist ein Beispiel, das gewiss in diese Kategorie fällt. Praktisch war die Auslegeware ganz bestimmt. Aber schön? Wohl weniger. Doch das war in einer Zeit, in der man erst langsam wieder zu Wohlstand kam, sicher nicht das wichtigste Attribut. Stragula (der Name leitet sich vom lateinischen »stragulum« für Teppich oder Decke ab) war preiswert und wurde von den Deutschen Linoleum Werken (DLW) als billigere Alternative zum teuren Naturprodukt Linoleum angeboten.
Mit Fliesenaufdruck oder Orientteppich-Design
Der Bodenbelag wurde zumeist als Meterware von der Rolle verkauft. Auf eine Bitumenpappe wurde ölhaltige Farbe aufgedruckt. Handwerker verlegten das Produkt häufig in Küchen oder Wohnungsfluren. Es gab Stragula mit Fliesenaufdruck und sogar mit dem Muster von Orientteppichen.
Bei der Pflege des Linoleum-Imitats konnte man allerdings einiges falsch machen. Wer in bester Absicht mit Bohnerwachs und Besen dem Stragula zu Leibe rückte – wie es fürs Linoleum üblich war –, erlebte ein böses Erwachen: Die Farbe wurde vom Wachs angelöst. Stragula durfte man nur mit Wasser und milder Seife reinigen.
In den 1960er Jahren begann PVC den Stragula rasch zu verdrängen. Der Kunststoff war strapazierfähiger, und mancher empfand die neuen, modernen Böden vermutlich wirklich als schick.
Georg Klietz
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Eine Antwort
Stragula (aus dem Hause DLW) und die Konkurrenten „Balatum“ (von Balamundi) und Bedola von Pegulan waren nicht direkt schick, aber eine günstige Alternative zu teuren Linoleum oder noch teureren Gummi- oder Parkettböden und leicht zu pflegen.
Außerdem konnte man es einfach selbst verlegen.
Es gab neben milden Reinigungsmitteln durchaus ein spezielles Mittel für Haltbarkeit und Glanz, eine Art Lack, was mit dem Pinsel oder einem Tuch aufgetragen wurde und nach dem Trocken selbstglänzend war.
Dem individuellen Geschmack entsprechend gab es eine Vielzahl von Muster, Auslageware, zwei Meter breit, Teppich und Läufer, um die damals meist nicht versiegelten Holzböden zu schonen.
Teppiche waren bis in den 60er Jahre und vor allem in der Vorkriegszeit ein Luxusgut, von Orientteppichen ganz zu schweigen. Deshalb imitierte der kleinbürgerliche Haushalt gerne das Großbürgertum und wähle Orientmuster für Feltbase, so die Fachbezeichnung dieser preiswerten Beläge, die bei richtiger Pflege relativ lange hielten, freilich nicht mit Linoleum vergleichbar.
Bevor Kunststoffböden die Wohnungen eroberten, gab es auch noch Steinholzfußböden und später Vinylasbestplatten wie Marley etc, deren Entsorgung heutzutage große Probleme bereitet, die damals aber sehr modern und pflegeleicht, dazu außergewöhnlich strapazierbar waren und deshalb auch häufig in öffentlichen Gebäuden verlegt wurden. Aufgrund der materiellen Beschaffenheit gab es diesen Bodenbelag nur in Platten in diversen Formen, marmoriert oder geflammt.