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Lesenswerte Reaktion auf meine Experten-Kritik

Auf mein Blog-Post über das Expertenforum haben sich die Organisatoren zu Wort gemeldet und haben sehr ausführlich und fundiert auf meine Kritik reagiert, dass häufig nur Fachleute, aber selten Betroffene über die Auswirkungen eines längeren Lebens diskutieren. Hier die Stellungnahme.
Als Mitorganisatorinnen des Workshops „Seniorengerechtes Wohnen im Wandel der Demografie im Harzkreis“ (siehe Dokumentation im Workshop-Wiki unter https://photonik.hs-harz.de/groups/workshopdemographischerwandelimwohnbau/ ) haben wir mit Freude aufgenommen, dass die Berichterstattung zur Veranstaltung auch von einer breiten Öffentlichkeit wahrgenommen und rezipiert wird. Gern gehen wir auf diesem Wege auf Ihre zum Teil auch kritischen Anmerkungen ein und würden uns freuen, noch zusätzliche ExpertInnenhinweise von Ihnen für unsere Arbeit zu erhalten.
Ja, Sie haben Recht, es haben Experten und Lobbyisten miteinander geredet, aber eben auch Expertinnen und Experten mit sehr unterschiedlichem Profil – sowohl im Kreis der Referentinnen und Referenten des Workshops aus den Bereichen Wissenschaft/Forschung, Politik, Kommune, Gesundheitswesen und technischem Umbau von Bestandswohnungen als auch im Kreis der ca. 50 aktiv beteiligten Gäste.
So kam es nach Einschätzung der Anwesenden zu einem bis zuletzt spannenden Austausch mit dem fachlich breit gefächerten Publikum – darunter u.a. einschlägige Praxispartner der Hochschule Harz wie Sozial- und Pflegedienst und Sanitätshaus aus dem Harzkreis, Vertreter verschiedener Wohnungswirtschaften sowie ein Weiterbildungsanbieter für Intergenerationelles Lernen und fortgeschrittene Studierende des Fachbereichs Verwaltungswissenschaften, die unter unserer Anleitung im Rahmen eines Projektseminars zum Thema „Demografischer Wandel und altersgerechtes Wohnen“ an praxisnahen Lösungsvorschlägen arbeiten:
• Nach Grußworten, in denen der Dekan des Fachbereichs Verwaltungswissenschaften, Prof. Dr. Jürgen Stember, sowie Ronald Meißner, Verbandsdirektor des Verbands der Wohnungsgenossenschaften Sachsen-Anhalt e.V., die Notwendigkeit der engen Verknüpfung von Theorie und Praxis betonten, um für die Zukunft tragfähige Handlungsmodelle für ein seniorengerechtes Wohnen zu generieren, skizzierte Wilfried M. Köhler, Leiter der Stabsstelle Demografische Entwicklung und Prognosen im Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr des Landes Sachsen-Anhalt, pointiert und datenbasiert die Herausforderungen, denen sich die Wohnungswirtschaft vor dem Hintergrund des demografischen Wandels in Sachsen-Anhalt stellen muss.
• Wie an der Hochschule Harz interdisziplinär aus sozialwissenschaftlicher und informationstechnologischer Perspektive zur Unterstützung von Senioren im eigenen Zuhause geforscht wird, stellten dann Prof. Dr. Birgit Apfelbaum (Professur für Kommunikations- und Sozialwissenschaften am Fachbereich Verwaltungswissenschaften) und Prof. Dr. Ulrich Fischer-Hirchert (Professur für Nachrichtentechnik am Fachbereich Automatisierung und Informatik) anhand laufender Modellprojekte zum altersgerechten Wohnen dar, wobei Projektförderungen von Land und Bund, u.a. über das KAT-Kompetenzzentrum für Informations- und Kommunikationstechnologien, Tourismus und Dienstleistungen an der Hochschule Harz, das Wissenschaftszentrum Wittenberg und das Bundeswirtschaftsministerium dafür sorgen, den demografischen Wandel für Praxispartner in der Region als Wachstumsmotor nutzbar zu machen.
• Anschließend berichtete Klaus Jacobs, Geschäftsführer der GANG-WAY GmbH, über Erfahrungen mit Dienstleistungsangeboten zu wunschorientierten Wohnungsanpassungen und Fallmanagement. Ein weiterer Baustein von aktiver Gestaltung des demografischen Wandels könnte in naher Zukunft die Umsetzung der Projektidee „Wohnen mit Pfiff – 50 Modellwohnungen im Harz“ sein, die von Uwe Witczak, Netzwerkmanager des TECLA ZIM-NEMO Projekts an der Hochschule Harz, unter Mitarbeit von Klaus Jacobs entwickelt wurde.
• Über ein bereits erprobtes Modell guter Praxis, speziell für die medizinische Versorgung von Schlaganfallpatienten und multimorbiden Menschen im häuslichen Umfeld, referierte Dr. med. Burkhard John, Vorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen-Anhalt und zentraler Praxispartner des ebenfalls vom Land Sachsen-Anhalt geförderten Modellprojekts „Gesund zu Hause“.
• Abschließend illustrierte Friedhelm Kleweken, den die Organisatoren bewusst als zukunftsorientierten Bürgermeister der kleinen Gemeinde Legden aus dem ländlich geprägten Münsterland eingeladen hatten, in seinem Beitrag, wie dort die Koordination und Vernetzung von Dienstleistern zum altersgerechten Wohnen mit anderen Akteuren des Gemeinwesens inzwischen auch als kommunale Aufgabe verstanden wird und zum zentralen Handlungsfeld innovativer Konzepte für Regional- und Stadtentwicklung erklärt wird.
Ausgangspunkt für die Initiierung unseres Workshops in Zusammenarbeit mit dem Dachverband der Wohnungswirtschaft Vdw/VdWg e.V. war also eine interdisziplinäre Kooperation zwischen zwei laufenden Forschungsprojekten zum altersgerechten Wohnen an der Hochschule Harz. Während in der sog. TECLA-Gruppe zur Entwicklung technikgestützter Pflegeassistenzsysteme unter Leitung von Prof. Fischer-Hirchert informationstechnologische Fragen im Vordergrund stehen (siehe http://www.laenger-selbstbestimmt-leben.de und http://mytecla.de ), leistet das sog. komoserv-Projekt zur „Koordination und Moderation in Servicepartnernetzwerken der ostdeutschen Wohnungswirtschaft“ unter Leitung von Prof. Apfelbaum die kommunikations- und sozialwissenschaftliche Begleitforschung zur Entwicklung netzwerkbasierter Wohnkonzepte im Alter (siehe http://www.komoserv.info ). Dabei bezieht komoserv u.a. auch insbesondere die Expertise (der Mitglieder) der Seniorenvertretung der Stadt Wernigerode e.V. mit ein.
Beiden Projekten liegt der Gedanke zugrunde, dass man gerade NICHT nur auf der Ebene technischer Lösungen verharrt, sondern den Menschen als Ausgangs- und Zielpunkt aller Überlegungen versteht.
Aus der Kooperation beider Forschungsgruppen ist inzwischen noch ein weiteres, gemeinschaftliches Vorhaben hervorgegangen, das sogenannte „Innovationslabor Technikakzeptanz“. Dort wird ab Januar 2012 geeignete Technik unter Laborbedingungen wie auch in realen Wohnumgebungen (Musterwohnung der Wernigeröder Wohnungsgenossenschaft eG) auf ihre Tauglichkeit in der Handhabung durch Nutzerinnen und Nutzer getestet und optimiert, d.h. mit Unterstützung realer Seniorinnen und Senioren. Die Betroffenen und ihre Bedürfnisse bleiben bei unserer Beschäftigung mit dem Wohnen im Alter also gerade nicht außen vor.
Auch glauben wir behaupten zu dürfen, dass den Betroffenen größtes Interesse von Seiten der Wohnungswirtschaft in Sachsen-Anhalt entgegengebracht wird. Denn die jungen Alten von heute sind die Kunden von morgen. So beobachten wir im komoserv-Projekt, dass es das ureigenste Interesse der kooperierenden Wohnungswirtschaft ist, ihrer Mieterschaft ein Leben in den eigenen Wänden so lange wie möglich zu sichern. Denn das ist es, was die überwältigende Mehrheit der Menschen sich wünscht. Und genau das ist es auch, was den Menschen im Alter ihre über Jahre gewachsenen Sozialkontakte, menschliche Zuwendung und Austausch sichert. Wenn Menschen nämlich trotz körperlicher Gebrechen mit Hilfe technischer UND sozialer Unterstützung in die Lage versetzt werden, weiterhin zu Hause leben zu können.
Aber bezahlbar müssen solche Lösungen sein. Deshalb ist es notwendig, Modelle zu optimieren und an „Baukästen“ zu arbeiten, die nur im Bedarfsfall zum Einsatz kommen, damit nur das vom Kunden „eingekauft“ werden muss, was er wirklich benötigt und wünscht. Dies gilt insbesondere für Menschen mit unteren und mittleren Einkommen, die die Hauptmieterschaft in den von uns als Hochschule begleiteten Praxisvorhaben in Ostdeutschland darstellen.
Mit besten Grüßen Ihre Prof. Dr. Birgit Apfelbaum und Dr. Annette Hirchert

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