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Wie Heinz Bruder (s)eine Weltfirma schuf

Der Spielezug-Fabrikant Heinz Bruder begann mit der Herstellung von kleinen Spielsachen, die man in Wundertüten stecken konnte.
Mit einer Produktpalette von 300 bis 350 einzelnen Modellen und einen Umsatz von
47 Millionen Euro gehört Bruder heute zu den führenden Herstellern von Kunststoff-Spielfahrzeugmodellen in Europa.

Mit kleinen Spielwaren groß geworden: Heinz Bruder stellte die Produktion nach und nach von Spielsachen für Wundertüten auf originalgetreue Spielfahrzeuge um. Foto: Michael Matejka
Mit kleinen Spielwaren groß geworden: Heinz Bruder stellte die Produktion nach und nach von Spielsachen für Wundertüten auf originalgetreue Spielfahrzeuge um. Foto: Michael Matejka

Die Frage nach seinem Hobby beantwortet der Fabrikant verschmitzt: »Mein Hobby ist mein Unternehmen.« Der 1931 in Fürth-Burgfarrnbach geborene Heinz Bruder hat »sein« Unternehmen von einem kleinen Handwerksbetrieb zu einem Unternehmen mit Weltgeltung gemacht. Die originalgetreuen und beinahe unverwüstlichen Spielfahrzeuge beispielsweise finden sich heute in Kinderzimmern in rund 60 Ländern der Erde wieder.
Begonnen hatte sein Vater Paul mit der Herstellung von Messingstimmen für Spielzeugtrompeten. »Zwölf Stunden am Tag hat mein Vater an seiner Maschine gesessen und mit Muskelkraft die kleinen Messingblättchen ausgestanzt«, erzählt Bruder. Immerhin konnte sich sein Vater von dem Verdienst bereits in den 30-er Jahren ein Auto leisten. Er wurde aber gleich zu Beginn des Zweiten Weltkrieges zur Wehrmacht eingezogen und kam erst 1947 aus der Gefangenschaft zurück.
Paul Bruder führte die Produktion der Metallstimmen als Ein-Mann-Betrieb weiter. Er erweiterte die Fertigung auch auf sogenannte »Schreihähne«. Das waren aus Blech gefertigte Hähne, die laute Krählaute ausstießen, wenn man in das Mundstück blies. 1949 trat Heinz Bruder in das kleine Unternehmen seines Vaters ein. Er hatte inzwischen Werkzeugmacher gelernt und legte 1954 seine Meisterprüfung ab. Aus finanziellen Gründen (»Es war ja damals kein Geld da«) begann Bruder in seiner kleinen Zweizimmerwohnung zu produzieren. Ein Telefon gab es nicht. »Das war für uns viel zu teuer. Unser Jahresumsatz lag so bei 40.000 Mark«, erzählt Bruder. Die Lieferungen fuhr er mit einem alten Motorrad aus, an das er an einen Anhänger angehängt hatte. Größere Mengen lud er auf einen Leiterwagen, mit dem er nach Fürth zur Bahn ging und sie dort verlud.
Er begann mit der Herstellung von kleinen Spielsachen, die man in Wundertüten stecken konnte. Pappröhrchen beispielsweise, auf das man eine Feder klebte, in das Mundstück ein Metallblättchen montierte und eine Stimme erzeugte, wenn man hinein blies. Alle Produkte waren aus Pappe gefertigt. Erst für die Quietschpuppen entwickelte Bruder Röhrchen aus Kunststoff, in die er seine Stimmblättchen hineinmontierte. Damals schon ein Patent. »Ich exportierte meine Stimmen für Quietschpuppen und Weichtiere in die ganz Welt«, berichtet Heinz Bruder. Zig-Millionen dieser Stimmen in den Röhrchen stellte er her.
Die Fertigung erzielte damals einen gewissen Umsatz, »und ich konnte bereits einige Mitarbeiter beschäftigen«, sagt der Unternehmer. Neue Maschinen konnte er sich trotzdem nicht leisten. Nur durch sein Herumtüfteln veränderte er sie für seinen Gebrauch. So auch eine Maschine, mit der er die bisher handgefertigten Stimmen auf einem Endlosband herausstanzen konnte. »Mein Vater war gar nicht erfreut darüber, denn er hat sofort gespürt, dass ich ihm damit seine Arbeit wegnehme. 1958 wurde die Kunststofftechnik eingeführt, eigene Formen entwickelt. Die erste Anschaffung dieser Art war eine gebrauchte Handspritzgussmaschine, die nur 700 Mark gekostet hatte. Die Produktion fand nach wie vor im elterlichen Haus statt. 1960 wurde daneben eine neue Fabrik hochgezogen, die einen eigenen Formenbau beinhaltete.
1965 übernahm Heinz Bruder den elterlichen Betrieb. Er kam auf die Idee, für andere Unternehmen Produkte herzustellen. Vor allem für die Süßwarenindustrie, so für Haribo oder Frankonia. »Ich entwickelte für sie Knallpistolen oder Räder, die sich drehten, wenn man hineinblies, oder kleine Flugzeuge, alles kleine Spielzeugartikel, die als Zusatz beigelegt wurden.« Schließlich begann er mit der Produktion von größeren Spielsachen wie Autos oder Lokomotiven, in die die Firma Riegelein Schokotäfelchen steckte. Riegelein setzte auch Schokoladenfiguren in Oldtimer.
Die Artikel wurden immer besser, und bald entstanden die ersten richtigen Minis. Mit vier oder fünf Modellen ging Bruder auf die Süßwarenmesse und trat dort mit Ferrero in Kontakt. Doch diese Geschäftsverbindung brachte nur Ärger, denn Bruder schickte seine Modell nach Italien, dort wurden sie fotografiert – und nach einem Jahr sah er sie wieder auf dem Markt, nur eben nicht von ihm gefertigt. Bruder gab aber nicht auf, sondern produzierte weiter seine kleinen Minis. Diese wurden zusammen mit Süßwaren oder Joghurtbechern, aber auch als separates Spielzeug verkauft. Für Haribo ging in Burgfarrnbach eine Knallpistole aus dem Werk, die sich nur aus drei Teilen und einen Gummiring zusammensetzte. Die Stückzahl lag bei mehreren Millionen.
Sein Unternehmen platzte bald aus allen Nähten, und Bruder errichtete an der Bernbacherstraße in Burgfarrnbach 1975 eine neue Versandhalle. Vier Jahre später wurde nach dem Bau eines neuen Fabrikations- und Bürogebäudes der gesamte Betrieb an den neuen Standort verlegt. Gleichzeitig expandierte das Unternehmen. 1981 beschäftigte es bereits 70 Mitarbeiter.
Allein, sagt Bruder, hätte er den Erfolg gar nicht so geschafft, hätte es da nicht seine Frau Elfriede gegeben, mit der er seit über 40 Jahren verheiratet ist. Elfriede Bruder war stets aktiv in die Firma eingebunden und wird von der Belegschaft noch heute als die »gute Seele« des Unternehmens geschätzt.
Er sei immer bestrebt gewesen, sein Unternehmen frühzeitig an einen Nachfolger zu übergeben, betont Bruder. Gefunden hat er den in seinem Sohn Paul Heinz, der bereits 1987 als Diplom-Ingenieur in den Betrieb eintrat. Heute ist er geschäftsführender Gesellschafter und hält 50 Prozent der Gesellschaftsanteile. 25 Prozent liegen bei seiner Schwester Beate, die in den USA das dortige Vertriebsbüro in Los Angeles leitet. Die restlichen 25 Prozent hält der Senior selbst. »Heute gehe ich später in die Firma und gehe früher nach Hause«, sagt er schmunzelnd, denn er weiß das Unternehmen in guten Händen. Mit einer Produktpalette von 300 bis 350 einzelnen Modellen und einen Umsatz von 47 Millionen Euro gehört Bruder heute zu den führenden Herstellern von Kunststoff-Spielfahrzeugmodellen in Europa.
Bei all dem Erfolg ist Heinz Bruder bescheiden geblieben, auch wenn er auf seine Leistung stolz ist. Diese Leistung wurde schließlich mit dem Bundesverdienstkreuz, der Goldenen Bürgermedaille und dem Goldenen Kleeblatt der Stadt Fürth gewürdigt. Er selbst spendet viel für soziale, städtische und kulturelle Einrichtungen, insbesondere ans Rote Kreuz und an Kirchen. Eine Bruder-Stiftung, die in Raten aufgestockt wurde, gibt Zuschüsse für Gesangsvereins-Konzerte im Landkreis Fürth. »Na ja, vielleicht ist auch Singen ein Hobby von mir«, meint Heinz Bruder.
Wolf R. Scharff

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