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Geschichtsträchtige Wanderung rund um Neuhaus/Peg.

Der sechs+sechzig-Wander- und Ausflugstipp für den Herbst erfordert ein paar Entscheidungen, bevor man sich auf eine der vielen Strecken rund um Neuhaus an der Pegnitz herum begibt. Denn Neuhaus ist ein Dorado für Liebhaber der Bewegung an der frischen Luft. Ob man sich nur für eine kurze Tour oder für eine anspruchsvolle Route entscheidet, man wird in jedem Fall mit einer fränkischen Bilderbuchlandschaft belohnt.

Die Burg Veldenstein in Neuhaus wurde 1468 zur Residenzburg mit ihrem heutigen Aussehen ausgebaut. Foto: Mile Cindric
Die Burg Veldenstein in Neuhaus wurde 1468 zur Residenzburg mit ihrem heutigen Aussehen ausgebaut. Foto: Mile Cindric

Der sechs+sechzig-Wander- und Ausflugstipp für den Herbst erfordert ein paar Entscheidungen, bevor man sich auf eine der vielen Strecken rund um Neuhaus an der Pegnitz herum begibt. Denn Neuhaus ist ein Dorado für Liebhaber der Bewegung an der frischen Luft. Will man nur eine kurze Tour gehen oder naturhistorische Denkmäler besichtigen? Oder doch eine anspruchsvolle Route bewältigen? Wandersmann oder Wandersfrau werden in jedem Fall mit einer fränkischen Bilderbuchlandschaft belohnt, ganz gleich, für welchen der Wege sie sich entscheiden.
Da ist zum Beispiel die Burg Veldenstein in Neuhaus. Vom Bahnhof aus steigt man etwa einen halben Kilometer den Berg hinauf zum »Hotel Burg Veldenstein«. Man sollte sich die Burganlage unbedingt ansehen, auch wenn man nicht einkehrt. Erstmals urkundlich erwähnt wird das trutzige Bauwerk als »novum castrum« 1269. Seine Geschichte reicht aber wahrscheinlich weiter zurück. So soll bereits um das Jahr 980 der Bischof von Eichstätt den Bau einer Grenzbefestigung auf dem Hügel in Auftrag gegeben haben, um sein Herrschaftsgebiet vor den (heidnischen) Wenden zu schützen. Danach kommt die Befestigung in den Besitz der Hohenstaufen, und möglicherweise ist Kaiser Friedrich II. Auftraggeber der Burg (Bauzeit 1212-1250). 1468 wird die Burg unter Bischof von Phillip von Henneberg zu einer Residenzburg mit ihren heutigen Ausmaßen ausgebaut.
Das heutige Aussehen der Burg kommt dem historischen Zustand wahrscheinlich relativ nahe. Zwar haben ein Blitzschlag in den Pulverturm und der darauf folgende Brand 1708 Teile der Burg zerstört. Aber Ende des 19. Jahrhunderts beauftragte der damalige Besitzer, der jüdische Ritter von Epenstein, den Nürnberger Steinmetz Johannes Gröschel, die Burg nach historischem Vorbild zu restaurieren. In der restaurierten Anlage hat ironischerweise die NS-Größe Hermann Göring 1912 im Herrenhaus gelebt. Epensteins Freundschaft mit Heinrich Göring, dem Vater des späteren Nazis, hatte dies möglich gemacht. 1939 ist die Burg von der Witwe Epensteins dann in den Besitz Görings übergegangen. 1945 ging die Burg schließlich in den Besitz des Freistaats über.
Velden ist ein kleiner, idyllischer Ort mit vielen historischen Kleinoden, wie etwa dem Pfarrhaus aus dem 18. Jahrhundert. Foto: Mile Cindric
Velden ist ein kleiner, idyllischer Ort mit vielen historischen Kleinoden, wie etwa dem Pfarrhaus aus dem 18. Jahrhundert. Foto: Mile Cindric

Von der Burg Veldenstein in Neuhaus führt ein etwa acht Kilometer langer Weg nach Rupprechtstegen (mit Blaukreuz markiert). Nach etwa einer halben Stunde Gehzeit über eine Hochebene erreicht man das etwa 1100 Jahre alte Velden. Urkundlich wird es erstmals um das Jahr 890 erwähnt. 1275 erhielt der Ort das Markrecht und 1376 das Stadtrecht.
Heute jedenfalls erstaunt das kleine Städtchen den Besucher mit einer Reihe von Bauten aus verschiedenen Epochen, die ein interessantes Ortsbild ergeben. Historisch wichtig ist das Scheunenviertel. Die Lagerhäuser in Fachwerkbauweise sind auf Anordnung Kaiser Karls IV. links und rechts der Friedhofstraße außerhalb der Stadtmauer errichtet worden. Das recht gut erhaltene Ensemble dürfte einzigartig in Franken sein. Ebenso markant für Velden ist der Mühltorturm. Er ist der letzte erhaltene Turm von ursprünglich drei Türmen und ist in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts errichtet worden. Das zwölf Meter hohe Bauwerk wird von einem mächtigen Krüppelwalmdach abgeschlossen, auf dem ein kleiner, restaurierter Glockenturm sitzt. Über einem Rundbogen, der eine breite Durchfahrt überwölbt, liegen drei Stockwerke, die jeweils unterschiedlich gestaltete, nicht symmetrisch aufeinander bezogene Fenster aufweisen.
Noch innerhalb der Stadtmauern kann man das ehemalige Pflegschloss an der Stadtbefestigung anschauen. Allerdings ist die Besichtigung nur von außen möglich. Seine jetzige Form erhielt das Bauwerk zwischen 1540 und 1543 durch den Nürnberger Werkmeister Jörg Weber. Das dreigeschossige Gebäude mit hohem Halbwalmdach ist immer wieder ergänzt beziehungsweise im Stil der jeweiligen Zeit umgebaut worden. So finden sich heute im Erdgeschoss Kreuzgewölbe, im ersten Obergeschoss Treppen mit barockem Geländer (um 1750), und eine einfache Barockstuckdecke von 1726. Das Haus ist heute in Privatbesitz. Wer noch Zeit, Geduld und Muße mitbringt, dem sei der Besuch der um 1350/70 erbauten Kirche St. Maria mit eingezogenem, kreuzrippengewölbten Chor empfohlen. Oder das evangelisch-lutherische Pfarrhaus nahe der Pegnitz, das 1725 erbaut worden ist. Zum Anwesen gehört ein Teilstück der Stadtmauer mit Wehrgang aus der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts. Ein kulinarischer Zwischenstopp in Velden ist nach einer solchen Besichtigungstour kein Problem, denn die Gaststättendichte ist mit 13 Einrichtungen für einen so kleinen Ort erstaunlich hoch.
Velden verlässt man wieder durch das Mühltor, um dann einen kleinen Berg zu erklimmen. Oben angekommen, wird man mit einem grandiosen Blick auf den Ort belohnt. Nach einer etwa eineinhalb Stunden dauernden Wanderung in mittelschwierigem Gelände durch das idyllische Kipfental erreicht man Rupprechtstegen. Direkt am Bahnsteig, etwas außerhalb des Ortes, befindet sich der (gastronomische) »Höhepunkt« des leicht verschlafen wirkenden Ortes: der Rast-Waggon Rupprechtstegen. Der gelernte Koch Markus Reschka betreibt seit Juli 2008 gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin Janine Graupner in einem historischen Eisenbahn-Waggon ein kleines Restaurant mit Garten. Der um 1930 von der Firma Wumag gebaute Waggon war noch bis Anfang der 50er Jahre in Betrieb. Ausgestattet mit Fußbodenheizung und modernem Inventar für 40 Gäste, lässt sich hier der Ausflug bei einer Brotzeit, Bratwürsten, Grillhaxe oder Käse mit Bauernbrot aus dem Holzbackofen beenden. Oder eben beginnen, je nachdem, wie man sich eben entscheidet, denn der Bummelzug hält auch hier. Ein Argument, das für diese Entscheidung spricht: Bei Markus Reschka kann man am Rast-Waggon Fahrräder ausleihen, um so die wunderbare Landschaft fahrend zu genießen.
Man kann sich aber auch für eine naturhistorische Rund-Wanderung entscheiden. Sie führt unter anderem zur Mysteriengrotte, deren rund zwei Meter breiter Höhleneingang sich zu einer 15 Meter langen, neun Meter breiten und bis zu drei Meter hohen Felshalle hin öffnet. Der Name der Höhle geht auf das gelegentliche Erscheinen einer »Weißen Frau« zurück. Sie soll der Sage nach Gräfin Kunigunde von Leuchtenburg sein, die im 13. Jahrhundert ihre beiden Kinder umgebracht hat. Sie seien ihr bei einer Wiederheirat mit dem Nürnberger Burggrafen Albrecht dem Schönen im Wege gestanden, berichtet die Legende. Diese Tat habe sie nie ruhen lassen, und ihr Geist soll in der Höhle noch heute dort umgehen.
Das Zeug für den Mittelpunkt von Sagen- und Gespenstergeschichten hätte auch die weitläufige, weit verzweigte Maximiliansgrotte. Die 1.200 Meter lange Höhle ist etagenartig angelegt und besteht aus mehreren Höhlensystemen. Bereits im Jahr 1597 wurde im Auftrag des Kurfürsten Friedrich IV von der Pfalz hier nach Gold gesucht. Nachdem sich dies als Fehlschlag erwiesen hatte, hat der Kurfürst Karstwasser als »Heilwasser« aus der Höhle verkauft, weil er offensichtlich in Geldnöten steckte. Etwa ein Jahrhundert später sollen in der Maximilianshöhle die Überreste gefallener Soldaten, die in der Schlacht bei Krottensee (1703) im Gefolge des Spanischen Erbfolgekrieges getötet worden sind, mit samt ihren Ausrüstungsgegenständen und Waffen »entsorgt« worden sein. Der heutige Eingang zur Höhle ist 1852 geschaffen worden, und die Höhle nach dem Bayerischen König Max II benannt. Hier kann man im »Grottenhof«, dem Gasthaus der Familie Lohner, einkehren. Die Gäste sollten nicht versäumen, den originalen Krottenkäse zu probieren.
Rainer Büschel
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Information
Vorgeschlagene Wanderung
Neuhaus/Pegnitz – Velden – Rupprechtstegen (acht Kilometer, mittelschwer)
Wahlweise kann man auch – Velden, links liegen lassend – über Pfaffenhofen, Viehhofen gehen. Die Strecke führt weiter über den Münzinghof und das prähistorische Gräberfeld ins Ankatal bis nach Rupprechtstegen (14 Kilometer, zum Schluss schwieriger Abstieg).
Rast-Waggon
für Rollstuhlfahrer zugänglich ; moderne sanitäre Anlagen und Fahrradverleih vorhanden, Mi bis So 11–20 Uhr (Nov. bis Febr.)
Am Bahnhof 6, Rupprechtstegen,
Telefon 0170 / 127 29 43.
Wanderungen von Neuhaus/Pegnitz aus:
Es gibt acht Rundwanderwege, die sich untereinander bis auf eine Länge von zwölf Kilometern kombinieren lassen, alle beginnen und enden am Bahnhof.
Für Trainierte: die Höhlenwanderung zur Distler- und Mysteriengrotte sowie zur Maximiliangrotte (24 Kilometer, Rundweg 4-5 Stunden).

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