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Auf der Spur des Minnesängers

Für Kurzentschlossene bietet unser winterlicher Wandertipp einen besonderen Leckerbissen. Es geht in den Steigerwald nach Gerolzhofen, wo am Wochenende 6. und 7. Dezember der »Kulinarische Adventsmarkt« mit Spezialitäten aus der Region lockt. Aber nicht nur zur Weihnachtszeit lohnt ein Ausflug in das mittelalterliches Städtchen und seine Umgebung.

Der kulinarische Weihnachtsmarkt in Gerolzhofen bietet unter anderem fränkischen Whisky.
Der kulinarische Weihnachtsmarkt in Gerolzhofen bietet unter anderem
fränkischen Whisky.

Für Kurzentschlossene bietet unser winterlicher Wandertipp einen besonderen Leckerbissen. Es geht in den Steigerwald nach Gerolzhofen, wo am Wochenende 6. und 7. Dezember der »Kulinarische Adventsmarkt« mit Spezialitäten aus der Region lockt. Aber nicht nur zur Weihnachtszeit lohnt ein Ausflug in das mittelalterliches Städtchen und seine Umgebung.
von Ute Fürböter
Vorfreude ist bekanntlich die schönste Freude. Deshalb lassen wir zunächst das 1225 Jahre alte Gerolzhofen links liegen. Mitsamt dem »Steigerwalddom«, wie die katholische Stadtpfarrkirche wegen der beiden mächtigen Glockentürme im Volksmund heißt, mittelalterlichem Rathaus, doppeltem Stadtmauerring, Eulen- oder Hexenturm aus dem 14. Jahrhundert sowie dem direkt gegenüberstehenden und ebenso alten Weißen Turm. Gerolzhofen hat wirklich einiges zu bieten. Doch zunächst geht es ins Umland. Handthal im Landkreis Schweinfurt zieht uns magisch an. Denn neuen Forschungen zufolge soll Walther von der Vogelweide, der bekannteste deutsche Minnesänger des Mittelalters, von der Handthaler Stollburg stammen.
Viele malerische Ausblicke
Mit dem Auto ist es von Gerolzhofen aus auf der Staatsstraße 2227 nur ein Katzensprung dorthin. Für Wanderer zieht sich die Strecke dagegen gewaltig. Am Ortsausgang Richtung Dingolshausen befindet sich der Parkplatz 1, gegenüber beginnt der Weg »G1«, dem wir etwa sechs Kilometer bis zur »Waldesruh«, einer Klinik für chinesische Medizin, folgen. Dort wechseln wir auf den Steigerwald-Panoramaweg und bewältigen die restlichen 3,5 Kilometer bis hinauf nach Handthal. Hin und wieder zurück nach Gerolzhofen sind es insgesamt rund 20 Kilometer, und oft geht es steil bergan auf dieser Tour durch den Steigerwald und die weiten Weinberge von Deutschlands höchstgelegenem Weinanbaugebiet, dem Stollberg. Aber die vielen sich bietenden Panoramablicke sind fantastisch.
Bei der Ankunft bietet Handthal ein malerisches Bild, von Weitem grüßt schon die 442,90 Meter hoch gelegene Stollburg, die man über einen Treppenweg mit 267 Stufen erreicht. Von der einst stolzen Bastion ist nur noch eine Ruine übrig. Überdauert hat bloß ein 14 Meter hoher Rest des achteckigen Bergfrieds mit bis zu zweieinhalb Meter starken Mauern. Neben dem Bergfried der schätzungsweise im 12. Jahrhundert erbauten und im Bauernkrieg niedergebrannten Spornburg gibt es noch kleine Mauer- und Gewölbereste sowie einen halb verschütteten Kellereingang zu entdecken.
Nichts weist hier auf Walther von der Vogelweide hin. Und doch soll er hier etwa 1169 das Licht der Welt erblickt haben. Davon ist der Würzburger Studiendirektor a.D. Gerhard Wagner überzeugt. Seinen bisher unwiderlegten Forschungen zufolge handelt es sich um den erstgeborenen Sohn Walters von Rothenburg, dem der Hof Oberschwarzach als Lehen zugesprochen worden war. Nach dem frühen Tod des Vaters soll der kleine Walther, der möglicherweise einen Hang zur Vogeljagd hatte – was den Namen erklären würde –, unter der Obhut der Mutter auf der recht einsamen Stollburg aufgewachsen sein. Die Rodungsherrschaft interessierte ihn nicht, deshalb nahm er als Knappe des Bischofs Gottfried von Würzburg das Kreuz und zog in die Ferne, wo er später am Babenberger Hof in Wien mit dem Minnesang begann. Gestorben ist Walther von der Vogelweide um 1230 möglicherweise in Würzburg.
Die Hand des Teufels ist noch heute gut zu sehen
Das kleine Dörfchen Handthal entstand der Sage nach, als der Teufel durch die Welt zog, um die Schöpfung des lieben Gottes zu bestaunen. Er blieb mit seinem Pferdefuß im Mainbett hängen und schlug mit seiner Hand in die weiche Welt – so entstand Handthal als Abdruck seiner Hand. In Wirklichkeit ging der Ort, in dem nur wenig mehr als 100 Einwohner leben, aus mehreren Kleinorten hervor. Jüngst machte Handthal, einer von acht Ortsteilen des Marktes Oberschwarzach, Schlagzeilen mit dem einzigartigen »Steigerwald-Zentrum«. In einem modernen Holzkubus, der für drei Millionen Euro auf etwa 1000 Quadratmetern am Ortsrand erbaut wurde, werden seit September 2014 spannende Informationsangebote rund um die Wald- und Forstwirtschaft bereitgehalten (geöffnet Nov.- März: Do-So 10-16 Uhr, April-Oktober: Di-So 10-17 Uhr). Eine Waldklimastation zum Anfassen und ein Erlebnisspielplatz für die Kinder bilden die i-Tüpfelchen. Demnächst soll noch ein Baumwipfelpfad im benachbarten Ebrach hinzukommen.
Auf demselben Weg, den wir gekommen sind, geht es zurück nach Gerolzhofen. Hier lohnt in unmittelbarer Nähe des »Steigerwalddoms« ein Blick in die 1497 erbaute Johanniskapelle. Seit 2007 ist hier das einzigartige Museum »Kunst und Geist der Gotik« beheimatet. In der Bahnhofstraße 16 wiederum betreibt Norbert Rumpel sein privates Bierkrug- und Brauereiartikelmuseum mit über 3000 Tonbierkrügen aus über 100 Jahren, Gläsern und Souvenirs, und im Alten Rathaus lockt das 1. Bayerische Schulmuseum.
Im Herzen der historischen Altstadt, wo zwischen 1615 und 1619 insgesamt 263 »Hexen« hingerichtet wurden, wird seit etwa 20 Jahren der »Kulinarische Adventsmarkt« aufgebaut. Auf dem Marktplatz, den früher die uralte Handelsstraße Schweinfurt-Iphofen diagonal durchschnitt, und vor zauberhafter Kulisse reihen sich die Stände aneinander. Der Platz wirkt im Lichterglanz nach Einbruch der Dämmerung noch romantischer und stimmungsvoller. Mindestens zehn verschiedene Glühweine, diverse Wildspezialitäten, regionale Frankenweine und fränkischer Whisky, Schokolade und weihnachtliches Backwerk machen den Besuch zu einem kulinarischen Erlebnis. Natürlich sind auch Kunsthandwerker vor Ort. Geöffnet hat der Markt am Samstag, 6. Dezember, von 15 bis 21 Uhr und am Sonntag, 7. Dezember, von 13 bis 19 Uhr. Wer es heuer nun nicht mehr schafft, sei getröstet. Am zweiten Adventswochenende im Jahr 2015 gibt es wieder einen »Kulinarischen Adventsmarkt«.
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Anreise: Mit dem Zug bis Schweinfurt, weiter mit dem Bus 8160 (am Wochenende schwierig!); mit dem Auto: A 3, Abfahrt Gerolzhofen
Einkehrmöglichkeiten in Handthal u.a.:
»Forellenhof«, Handthal 26-28 (täglich 11-21 Uhr, fangfrische Forellen, eigenes Dammwildgehege), »Brunnenhof«, Handthal 6, bietet zum Beispiel gefüllte Bauerngans (ab 4 Pers. auf Bestellung, Telefon: 09382 / 99828). Nahe des letzten Parkplatzes vor der Stollburg befindet sich das feine Ausflugslokal »Stollburg« (Donnerstag bis Dienstag 10.30 – 21.30 Uhr, Mittwoch Ruhetag).
Alternative zum Trip nach Handthal mit großartiger Aussicht:
Rundwanderung von etwa 3,5 km Länge um Gerolzhofen. Zunächst gegenüber Parkplatz 1 an der Abfahrt Gerolzhofen-Süd dem Weg G1 folgen, vorbei an dem etwa 1639 angelegten israelitischen Friedhof; dann hinauf zur Gertraudis-Kapelle (Urkapelle im 12. Jahrhundert errichtet) auf dem Kappelberg, nun Richtung »Neuer See«. Hier dem Betonweg Richtung Gerolzhofen folgen. An der Staatsstraße nach Dingolshausen stadteinwärts zurück.
Extra-Tipp: Expertin für Stadtführungen (Museen, Kirchen, israelitischer Friedhof und mehr) ist Evamaria Bräuer. Kontakt über die Touristinformation unter Telefon 09382 / 903512
oder direkt im Internet unter www.evamaria-braeuer.de
Telefon: 09382 / 974476.

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