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Online-Gesundheitstalk: Auch Oma kann noch was lernen

Marion Helfrich ist leitende Hebamme am Krankenhaus Martha-Maria St. Theresien in Nürnberg und gibt Tipps für werdende Großeltern.

Wenn Eltern zu Großeltern werden, ist die Freude über den Familienzuwachs groß. Für Oma und Opa bedeutet die neue Rolle aber auch eine Umstellung. Wie können sie ihre Kinder oder Schwiegerkinder bei Schwangerschaft und Geburt gut begleiten und wie schaffen sie den Spagat zwischen Unterstützung und gebotener Zurückhaltung?

Marion Helfrich, leitende Hebamme am fusionierten Krankenhaus Martha-Maria St. Theresien in Nürnberg, kennt die Konfliktfelder gut, die sich dabei auftun können. »Am wichtigsten ist eine gute Vorbereitung«, meint sie. Für die werdenden Großeltern gibt es drei entscheidende Beziehungen: die zu ihrem eigenen Kind, die zum Schwiegerkind und nicht zu vergessen die zum anderen Großelternpaar. Bei einem zwanglosen Treffen, etwa bei einem gemeinsamen Essen, sollten alle Beteiligten schon vor der Geburt ganz offen über ihre Wünsche, Erwartungen oder Bedürfnisse sprechen. Wie stellen sich die werdenden Eltern den Kontakt zu den Großeltern vor? Möchten sie Oma und Opa bei der Kinderbetreuung einbinden oder wo würden sie sich sonst Unterstützung wünschen? Die Großelternpaare könnten ihrerseits erklären, wo und wann sie sich um ihr Enkelkind kümmern könnten, ob sie das überhaupt möchten und wie sie ihre Rolle sehen.

Schon während der Schwangerschaft sind Großeltern gefragt. Vielleicht wünscht sich die Tochter, dass ihre Mutter sie zum Gynäkologen begleitet. Oder Essen fürs Wochenbett vorkocht, die Babykleidung schon mal wäscht oder beim Hausputz hilft. Werdende Opas könnten mit dem künftigen Vater das Kinderzimmer streichen, die Möbel aufbauen oder Erbstücke wie einen Stubenwagen wieder herrichten. Ist schon ein Geschwisterkind da, wäre vielleicht ein Probeschlafen bei Oma und Opa gut, damit alles klappt, wenn Mama zur Geburt ins Krankenhaus muss.

Keine Updates aus dem Kreißsaal

Wichtig auch, dass die Schwangere rechtzeitig entscheidet, wer sie in den Kreißsaal begleitet. Wenn der künftige Papa nicht dabei sein kann, springt möglicherweise die Mutter, die Schwester oder Freundin ein. »Wir möchten allerdings keinen Wechsel der Begleitperson während der Geburt und auch keinen Besuch im Kreißsaal«, sagt Helfrich. Die Hebamme weiß aus Erfahrung, dass die frisch gebackenen Eltern sich erst einmal ganz ungestört mit ihrem Neugeborenen als eine kleine Einheit erleben möchten. Sie rät den werdenden Eltern, es nicht zu verraten, wenn sie in die Klinik fahren – niemand soll sich zu laufenden Updates direkt aus dem Kreißsaal verpflichtet fühlen.

Hilfe anbieten

Wenn das Baby auf der Welt ist, fragen die Großeltern am besten vorher, ob ein kurzer Besuch auf der Wochenbettstation gewünscht ist. »Manche Oma wird sich an Erlebnisse rund um die Geburt des eigenen Kindes erinnern und deshalb verstehen, wenn es die frisch gebackene Mama anders haben möchte«, meint die Hebamme. Ist der Nachwuchs daheim, sollten Großeltern ebenfalls nicht unangekündigt vor der Tür stehen und sich nicht als Gast, sondern als unterstützenden Besuch verstehen, der der jungen Familie etwas Gutes tun möchte.

Großeltern erleben die Zeit aus einer doppelten Perspektive. Sie beobachten, wie eine neue Familie entsteht, begleiten ihr eigenes Kind dabei und sehen vor allem das Heranwachsen des Enkelkindes. Sie erleben viele Situationen, die sie schon aus der Kindheit ihrer Söhne und Töchter kennen. Die Versuchung ist groß, den Erfahrungsschatz weitergeben zu wollen. »Bitte aber nicht die eigenen Vorstellungen aufzwingen. Ausschlaggebend sind die Wünsche und Bedürfnisse der Eltern. Da braucht es viel Toleranz«, meint Helfrich. Schließlich soll und muss das neue Elternpaar eigene Erfahrungen machen und aus Fehlern lernen können. Manchmal fragen Sohn oder Tochter ja noch: Wie hast du das denn damals gemacht? Aber durch die Informationsflut im Internet sind bei der jungen Generation inzwischen oft eher Tipps von Instagram als von Oma gefragt.

Kontakt zu beiden Großelternpaaren

Wichtig bleibt der Kontakt zu beiden Großelternpaaren. Mal fühlt sich eine Seite benachteiligt, wenn etwa die junge Mama ihr Kind lieber von der eigenen Mutter betreuen lässt als von der Schwiegermutter. Oder es gibt unterschiedliche Ansichten darüber, wie man mit einem weinenden Baby umgeht: Ruhig mal schreien lassen, weil das Kind sonst zu sehr verwöhnt wird, oder gleich ans Bettchen eilen und den Säugling tröstend herumtragen? Für Marion Helfrich ist klar: Um die Bindung zu stärken, braucht das Baby viel Körperkontakt, da ist das Herumtragen ein wichtiger Baustein. Die Sorge, das Kind damit zu sehr verwöhnen, ist unbegründet. »Früher hat man aber durchaus so gedacht.«

Großeltern leisten eine enorme Unterstützung, sowohl emotional als oft auch finanziell. Wenn sie in der Nähe wohnen und sich um die Enkel kümmern können, dann ermöglichen sie es ihren Kindern oft, Familie und Beruf besser unter einen Hut zu bringen. Dennoch: Immer im Gespräch bleiben, die eigene Erwartungshaltung zurückschrauben, nicht aufdrängen – das sind wichtige »Zutaten«, um Konflikte mit der jungen Generation zu vermeiden.

Text: Karin Winkler
Foto: Krankenhaus Martha-Maria St. Theresien

Mehr Informationen gibt es beim ­Deutschen Kinderschutzbund unter www.grosseltern.de

Bei der Stadtmission Nürnberg findet regelmäßig ein offener Gesprächskreis für Großeltern statt. Näheres unter 0911/352400.

Großeltern werden

Beim digitalen Gesundheits-Talk am 3. Juli 2025, um 17 Uhr, informiert Marion Helfrich zum Thema und geht auf Fragen ein. Anmeldung zur exklusiven Veranstaltung des Magazins »sechs+sechzig« bis 2. Juli 2025 über: info@magazin66.de

Der Zoom-Link wird rechtzeitig zugemailt.

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