Wenn jetzt im Sommer die Ferienzeit wieder richtig losgeht, werden viele Urlauber einen Reiseführer aus dem Michael Müller Verlag mit dem charakteristischen Buchrücken in Regenbogenfarben im Gepäck haben. Gerade Ältere schätzen das gedruckte Buch für die Vorbereitung und das Nachschlagen vor Ort ganz besonders. Wo auch immer das Reiseziel liegt und wie der Urlaub aussehen soll, die Bücher gehören für viele seit Jahrzehnten zum Urlaubsgepäck wie Personalausweis und Kreditkarte.
Während die Reiseführer beinahe jeder kennt, ist der Mann dahinter nur wenigen geläufig: Verlagsgründer Michael Müller stammt ursprünglich aus Ebermannstadt, und das Unternehmen, das zu den wichtigsten Reisebuchverlagen in Deutschland gehört, hat seinen Sitz in Erlangen.
»Wir wollten nie weg von hier«, sagt Michael Müller, der den Verlag 1979 in der Hugenottenstadt ins Leben gerufen hat. Dabei gehörte die Unternehmensgründung gar nicht zu seinem Lebensplan. Er wollte lieber als freier Reiseautor schreiben. »Ich wollte ja mit dem Reisen Geld verdienen«, sagt heute der 71-Jährige. Der »kleinen Welt« seines Heimatortes Ebermannstadt im Landkreis Forchheim zu entkommen, das war sein Ziel – und dabei fremde und ferne Länder sehen.
Doch als es Probleme mit dem Verleger gab, den er belieferte, musste der gelernte Kfz-Mechaniker doch ins Verlagsgeschäft einsteigen. Dass sich daraus ein Unternehmen mit Dutzenden Angestellten, rund 250 Reiseführern, etwa 100 Autoren und einem Umsatz von rund 5,3 Millionen Euro (2023) entwickeln würde, hätte er damals nicht gedacht. Und auch heute, mehr als 40 Jahre später, blickt der seit langem in Erlangen lebende Müller immer noch ein wenig ungläubig auf seinen Erfolg, so als könnte das alles gar nicht wahr sein.
Das Team macht’s
Von »seinem Erfolg« würde Michael Müller dabei wohl nie sprechen. »Ich hatte das Glück, immer ein hochmotiviertes Team und gute Autoren zu haben, die über all die Jahre dabei geblieben sind«, erzählt er. Auch die Leser waren und sind oft Stammkunden, häufig bekommen die Autoren von ihnen hilfreiche Hinweise, was bei den Angaben erneuert und verändert werden sollte. Treu ist zudem die überwiegende Zahl der Stammautoren; der ein oder andere war sogar schon in den Anfangstagen dabei, als der Verlag noch in einer kleinen Wohnung am Katholischen Kirchplatz untergebracht war. Mit den allermeisten verbindet Müller auch mehr als eine reine Arbeitsbeziehung; vielmehr sind es langjährige Freundschaften geworden, die bis heute anhalten.
Später zog der Michael Müller Verlag in neue Büroräume mit der Adresse »In der Gerberei«, einem früheren Fabrikgebäude mit alternativem Charme. Seit einigen Jahren aber sitzt Michael Müller nur noch wenige Wochen in seinem hellen, lichtdurchfluteten Büro. Die Verlagsleitung teilen sich inzwischen seine Frau Judit Ladik und eine Mitarbeiterin. Er selbst verbringt mehrere Monate im Jahr in Portugal, dort, wo seine Karriere als Reisejournalist einst begann: 1978 bereiste er drei Monate lang das Land; der daraus entstandene erste Reiseführer wurde zum Erfolg und Portugal zu Müllers zweiter Heimat. Diesen ersten Reiseführer, inzwischen in der 25. Auflage, aktualisiert er immer noch selbst. Er verbringt seine Zeit besonders gerne bei Porto im Norden Portugals und empfiehlt die Region auch älteren Reisenden: Es gibt an diesem Küstenstreifen wenig Hektik, kaum Kriminalität und anständige Preise, weiß der Experte.
Bewährtes Konzept bleibt
Wer aber glaubt, der Verleger würde nun in Portugal nur die Füße ins Meer hängen, der täuscht sich. »Ich bin zwar aus der aktuellen Produktion draußen, aber kümmere mich um weitere Projekte«, sagt er. Konkret geht es um Digitalisierung, Künstliche Intelligenz und Internationalisierung. »Die Inhalte sollen auch in anderen Sprachen vertrieben werden«, erläutert Müller. Das Grundkonzept der Reisebücher ist mit seinen detailreichen Schilderungen, Tipps aller Art sowie zahlreichen Wanderungen zwar weitgehend gleich geblieben. Doch immer wieder haben sich Darstellungsformen verändert, mal kam eine App hinzu, mal ein extra Städteführer. Michael Müller ist nie stehen geblieben, deshalb befasst er sich jetzt mit Möglichkeiten, die jenseits der gedruckten Ausgabe liegen. »Die Jungen lesen immer weniger Bücher«, sagt er, »das gilt auch für Reisebücher, wir müssen uns rechtzeitig Gedanken darüber machen, wie wir den Verlag zukunftsfähig halten.«
Müllers erste Heimat ist übrigens – trotz aller Auslandsaufenthalte – nach wie vor die Fränkische Schweiz geblieben. Hier ist er fest verwurzelt. Der von ihm mitverfasste »Fränkische Schweiz«-Reiseführer ist längst ein Klassiker.
Langsam aber will er sich immer mehr aus dem Geschäft zurückziehen. Das Loslassen sei gar nicht so schwer, sagt er. Nur ganz aufzuhören, wäre schwierig: »Wenn ich hier nichts mehr zu melden hätte oder wenn ich den Verlag verkaufe, das wäre nicht schön.« Seine Frau Judit Ladik, eine studierte Kartographin, ist schon seit 1989 im Unternehmen, nun hofft Michael Müller auf seine erwachsenen Kinder. »Den Verlag weiterzuführen, können sich beide vorstellen, aber noch sind sie nicht scharf darauf. Man will ja keinen zwingen, das muss von einem selbst kommen.« Verkaufen jedenfalls ist für ihn keine Option. »Was soll ich denn dann machen, soll ich ein Wohnmobil kaufen und damit herumschaukeln, das macht man mal zwei Jahre, dann hat es sich ausgeschaukelt«, sagt er und lacht dabei.
Text: Sharon Chaffin
Foto: Mile Cindric