Die Zeiten sind glücklicherweise vorbei, in denen ältere Menschen nicht für voll genommen oder ganz übergangen wurden. Manchmal aber gibt es Ungerechtigkeiten, die einem sauer aufstoßen. Warum werden Senioren immer noch schlechter behandelt als jüngere Menschen? Unserem Autor fiel das am Beispiel von Mietwagenpreisen und Kfz-Versicherungskosten auf.
Der Mietwagen auf Kreta war bestellt, er sollte gleich nach der Landung in Heraklion bereit stehen. Der Preis war in Ordnung, und als der Kunde, ein pensionierter Arzt aus Nürnberg, ihn dort abholen und gleich bezahlen wollte, erlebte er eine böse Überraschung: Der Mietwagen kostete zehn Prozent mehr als im Angebot angegeben. Auf die Frage warum das so sei, wurde ihm achselzuckend entgegnet, er sei über 70. Daraus ergebe sich ein Mehrbetrag von zehn Prozent. Das machte, bei einer Mietdauer von 14 Tagen, ein hübsches Sümmchen aus, das zu den Urlaubskosten hinzukam. Die Vermieterin des Wagens fügte etwas schnippisch hinzu, das sei bei deutschen Versicherungen und Autovermietern doch ebenso.
Dienstleister greifen alten Kunden tief in die Tasche
Nach Angaben des Vergleichsportals Verivox bitten Kfz-Versicherungen in Deutschland Senioren zur Kasse, und zwar nicht zu knapp. So zahlen 65-jährige Versicherte im Vergleich zu zehn Jahre jüngeren Fahrern 16 Prozent höhere Prämien; 75-Jährige haben gleich 65 Prozent höhere Prämien zu entrichten als zwanzig Jahre jüngere Fahrer. Bei 85-Jährigen kommt beim Vollkaskoschutz gleich sogar ein Zuschlag von ganzen 145 Prozent hinzu.
Diese Mehrkosten werden nicht einfach ins Blaue hinein festgelegt, sondern sie sind das Ergebnis von sorgfältigen Berechnungen. Waren ältere Pkw-Fahrer in einen Unfall verwickelt, trugen sie laut Statistik, auf die sich auch Versicherer berufen, in mehr als zwei Dritteln der Fälle (68,2 Prozent) die Hauptschuld. Bei den mindestens 75-Jährigen wurde sogar drei von vier beteiligten Autofahrern die Hauptschuld zugewiesen.
Vorausschauende Fahrer
Der ADAC meint dagegen: »Senioren gefährden die Verkehrssicherheit nicht in einem höheren Maße als andere jüngere Bevölkerungsgruppen. Im Gegenteil, die Gruppe der älteren Fahrer zeichne sich in der Regel durch einen sowohl an die Situation angepassten Fahrstil als auch vorausschauendes Fahren aus.«
Nichtzutreffend sei die Auffassung, die Gruppe der älteren Autofahrenden verursache überdurchschnittlich viele schwere Unfälle. Hier zeige die Unfallstatistik folgendes Bild: Im Jahr 2021 haben Verkehrsteilnehmer über 65 Jahre rund 17,4 Prozent der Unfälle mit Personenschaden verschuldet. Das waren demnach weniger Unfälle, als ihrem Bevölkerungsanteil von rund 22 Prozent entsprechen würde. »Senioren sind durch ihre erhöhte Anfälligkeit für Verletzungen eher Gefährdete als Gefährder«, sagt der ADAC-Verkehrspsychologe Ulrich Chiellino.
Und hier beginnen die Ungereimtheiten. Denn es ist klar, dass Ältere bei Unfällen häufiger schwer oder gar tödlich verletzt werden. Die Prämienerhöhungen für Senioren sind aber ganz klar ein Fall von Altersdiskriminierung, die den Gesetzgeber anscheinend nicht interessiert. Es ist an der Zeit, dass sich Volksvertreter und Seniorenverbände dieser Frage annehmen. Das Leben ist, auch ohne statistische Taschenspielertricks, für Fahrer im Seniorenalter teuer genug.
Text: Werner vom Busch
Foto: Michael Matejka
Eine Antwort
Vielleicht bezog sich Schiller mit „Wo rohe Kräfte sinnlos walten,da kann sich kein Gebild gestalten“ auf die faktische Marktmacht der Versicherer. „Alter, zahl‘ mehr oder bleib stehen“.
Dass Alte brandgefährlich unterwegs sind, sieht man doch allenthalben: Betagte Fußgänger, die in ihrem Tempo die Straße queren; die Rüstigeren, die auf dem E-Bike niedliche Hunde und eifrige Rennradler bedrängen oder gar jene hartgesottene Senioren am Steuer, die mit nur 130 Km/h die Autobahn verstopfen: Das schreit nach monetärer Rache!
Zudem: Mit Senior-Autofahrer trifft man nicht die Ärmsten der Armen. Die haben ihr Auto meist schon abbezahlt, im Gegensatz zu den gehetzten Jüngeren. Dazu hat die Altersstrafprämie noch einen erzieherischen Wert: „Alter, pass‘ bloß auf; am besten Du blechst die Versicherung und nimmst dann die Öffis“.