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Lieblingskleidungsstücke erzählen oft Geschichten

Kaum etwas ist uns so nah wie unsere Kleidung – buchstäblich hautnah. Neben ihrer praktischen Funktion, uns warm zu halten und unseren Körper vor den Blicken anderer zu schützen, ist sie ein subtiles Mittel der Kommunikation und der Selbstdarstellung. In früheren Jahrhunderten gab es Kleiderordnungen, an denen jeder ablesen konnte, welchem Stand man angehörte. Heute lässt sich das – zumindest auf den ersten Blick – nicht mehr sofort erkennen. Wir entscheiden selbst, ob wir mit unserer Kleidung auffallen, zu einer bestimmten Gruppe gehören oder einfach nur Spaß an der Mode zeigen wollen. 

Manches Kleidungsstück wächst uns auch besonders ans Herz, weil wir uns darin gefallen und wohl fühlen oder weil wir bestimmte Erinnerungen damit verbinden. Wir haben vier bekannte Persönlichkeiten aus der Region gefragt, was ihr Lieblingsstück geworden ist und welche Geschichte es erzählt. 

Ein Mantel mit zwei Gesichtern

Kaja Froehlich-Buntsels Wendemäntel sind für verschiedene Wetterlagen geeignet.

Sie hat von Berufs wegen viel mit Kleidung zu tun. Kaja Froehlich-Buntsel ist Kostümbildnerin und arbeitet als Gewandmeisterin am Stadttheater Fürth. Hier sorgt sie dafür, dass die Schauspieler in Stücken wie »Mutter Courage und ihre Kinder« (Bertold Brecht) oder »Geschlossene Gesellschaft« (Jean-Paul Sartre) zur Inszenierung passend gewandet sind. Ihre Freude an Design und am Schneidern schlägt sich bei Froehlich-Buntsel auch in ihrer privaten Garderobe nieder. »Ich bin klein, da hat man in den Geschäften nur eine eingeschränkte Auswahl. Deshalb entwerfe und nähe ich viele meiner Kleider selbst«, sagt sie. 

Ihr Lieblingsstück ist ein Mantel im aktuellen Oversize-Look, den sie sogar in zwei Versionen gemacht hat. Die Kostümbildnerin ist in Estland geboren, lange Spaziergänge am Meer bedeuten ihr viel. Deshalb hat sie den Mantel als wärmende Hülle und Picknickdecke zugleich konzipiert. Durch den Funktionsstoff außen kann man ihn am Strand auf dem Sand ausbreiten, wenn die Sonne scheint. Bei stürmischem Wetter bietet er Schutz vor Wind und Regen.  

Im Härtetest auf Sie 1

Auch am bekannten Biergarten »Steg 1« am Starnberger See hat das selbstgenähte Prachtstück ihr schon beste Dienste erwiesen. »Da kann man Süßkartoffelpommes oder Pizza mit Seeblick genießen und dabei bequem auf der weichen Mantel-Unterlage auf dem Steg sitzen.« 

Damit der außen wasserabweisende und windundurchlässige Mantel beim Tragen angenehm ist, hat ihn Fröhlich-Buntsel mit einem Stoff aus Bio-Baumwolle gefüttert. Im Innern enthüllt er noch ein kunstvolles Detail: Die Kostümbildnerin hat das Futter bei einem der beiden Modelle mit kunstvollen Fliegen-Ornamenten bestickt, beim anderen mit einem barocken Adam-und-Eva-Motiv bedrucken lassen. Weil das wunderschön gestaltete Innenleben viel zu schade ist, um es immer zu verstecken, sind ihre Meisterwerke als Wendemäntel konzipiert und können – je nach Wetter – auf beiden Seiten getragen und mit selbst gemachten Taschen kombiniert werden.

»Vom Entwurf über den Stoff bis zu den Motiven – mir ist wichtig, dass alles gut gemacht ist«, sagt die Perfektionistin. Das gilt nicht nur für ihre Arbeit am Stadttheater, sondern auch für ihre Garderobe. »Sie ist Ausdruck meiner Persönlichkeit.« 

Große Liebe zur Kopfbedeckung

Oliver Tissot hat 300 Kopfbedeckungen in seiner Sammlung.

Kariertes Jackett und eine schwarze Schirmmütze, sie sind sein Markenzeichen.  Vor allem die Kopfbedeckung hat es Oliver Tissot auch privat angetan. »Sie wärmt meine Synapsen und hilft mir beim Denken« glaubt der Nürnberger Satiriker und Komiker. »Es gibt Bilder von mir, da war ich 12 Jahre alt und hab‘ auch schon ein Mützle aufgehabt«, erzählt er.

Die Liebe zur Kopfbedeckung hat sich über die Jahre gesteigert – nicht zuletzt, weil Tissot festgestellt hat, dass ihm mit Kappe der Schweiß nicht mehr in die Augen rinnt. Im TV-Studio oder auf der Bühne herrschen durch die Scheinwerfer nämlich oft mehr als 30 Grad. »Da wird einem mächtig heiß und das Wasser läuft in Strömen«, sagt Tissot. 

Ob beim Joggen, in der Stadt oder am Schreibtisch – auch die Privatperson Oliver Tissot trägt fast immer eine Mütze, »um die Betriebstemperatur am Laufen zu halten.« So könne man außerdem einen Sonnenbrand vermeiden. »Ich habe ja wenig Haupthaar«, witzelt er. 

Auch ein Tropenhelm ist dabei

Rund 300 Kopfbedeckungen hat Tissot über die Jahre gesammelt, meist kauft er sie auf Trempelmärkten oder in Hutgeschäften. Auch jede Menge skurrile Exemplare sind dabei, wie ein Tropenhelm oder die Mütze eines französischen Gendarmen, die ihm seine Kollegin Julia Kempken von der Roten Bühne in Nürnberg aus dem Urlaub mitgebracht hat. In Peru hat er ein Käppi aus Alpakawolle erstanden und verblüfft festgestellt, dass es den Kopf bei Kälte wärmt und bei Hitze kühlt. 

In sieben großen Kartons hat er diese Schätze verpackt – jeweils mit Fotos darauf, die zeigen, welche Kappen und Hüte sich in der jeweiligen Kiste befinden. Dass sein Fundus umfangreich und originell ist, hat sich auch bei den Freunden seiner Kinder herumgesprochen. Immer wieder klingelt jemand, der sich für Faschings- oder Mottopartys einen Hut ausleihen möchte. »Bis jetzt«, so Tissot, »habe ich noch immer das Richtige gefunden.«

Der Nürnberger liebt es nicht nur, sich selbst zu verkleiden. Er fördert es auch bei seinen Söhnen, dass sie in eine andere Identität schlüpfen, aus sich herausgehen und »dass kein Spaß zu doof ist, um ihn nicht wenigstens einmal auszuprobieren«. 

Kleidung, ihr Stil und die Marken, die man bevorzugt, spiegele auch immer die Gesinnung der Menschen. Die Uniformierungspflicht in manchen Branchen findet der Komiker traurig und er freut sich, dass er in Karosakko mit Schirmmütze Paradiesvogel oder Hofnarr sein kann. »Die Leute haben das Gefühl: Wenn der Tissot was sagt, dann muss man das nicht so ernst nehmen. Ich habe viel mehr Freiheiten als ein normaler Geschäftsmann. Das gefällt den Leuten.«

Kompliment von Robbie Williams

Petra Maly hat ihren Lieblingspullunder als Kind selbst gehäkelt.

Sie hat seit ihrer Jugend ein Faible für Stoffe und Mode. Als Autodidaktin hat Petra Maly sich das Schneidern selbst beigebracht. Während des Praktikums bei einer Maßschneiderin hatte sie den letzten Schliff erhalten und danach ihr eigenes Label mit dem Namen tasche.rock.ect. gegründet. »Das war schon immer mein Traum, 2009 habe ich ihn dann wahrgemacht gemacht. Aus dem mit Leidenschaft gepflegten Hobby wurde eine Profession«, erzählt die Ehefrau von Nürnbergs Alt-Oberbürgermeister Ulrich Maly. Inzwischen hat sie ein eigenes Atelier in der Nürnberger Nordstadt. Gemusterte Röcke, unifarbene Oberteile und dazu passende Taschen stehen bei ihren Kollektionen im Vordergrund. 

Dass sie viele Stücke aus eigener Produktion trägt, versteht sich von selbst. Eine Kreation hat es ihr bis heute besonders angetan. Das selbst genähte Kostüm mit auffälligem Karo hatte sie 2003 an, als »Wetten dass..?« in Nürnberg stattfand. Bei der Show trat unter anderem der britische Musiker Robbie Williams auf. Als der Weltstar für seine Performance ins Publikum stürmte, blickte er auf Petra Maly, die in der ersten Reihe saß, und rief »Nice!«. »Das habe ich als Kompliment für mein Kostüm verstanden und habe mich sehr gefreut«, erzählt die Designerin, die bis heute ein großer Fan des Sängers ist und von ihren Freundinnen um dieses besondere Erlebnis schwer beneidet wurde.

Ein Zeugnis seiner Zeit

Weniger glamourös, aber auch sehr emotional sind die Erinnerungen, die sie mit einem Siebzigerjahre-Pullunder in pink, rosa und lila verbindet. Sie hat ihn mit neun oder zehn Jahren gemacht, als ihr die Mutter eines Freundes das Häkeln beibrachte. »Dafür hat sie sich sehr viel Zeit genommen, weil sie gespürt hat, dass mich das begeistert«, erzählt Maly, die heute noch mit der Frau befreundet ist.

Der Pullunder ist ein Zeugnis seiner Zeit. Sie würde ihn zwar nicht mehr anziehen, aber auch nie weggeben. Die Designerin selbst mag es gern zeitlos, aber besonders, ein Stil, den sie auch gerne an ihre Kundinnen weitergibt. 

In dieses Schema passt auch ihr drittes Lieblingsstück, ein Rock aus grüner, mit Blüten bestickter Seide, mit einer dazu passenden Tasche – beides hat sie natürlich selbst gemacht. »Den Stoff hat mir mein Mann vor vielen Jahren mitgebracht. Der war bestimmt wahnsinnig teuer. Was er gekostet hat, hat er mir lieber nicht erzählt«, sagt Maly und lacht. Material und Schnitt sind so zeitlos, dass sie beides bis heute zu schönen Anlässen immer noch gerne aus dem Schrank holt.

Wahrhaft glänzender Auftritt

Bernhard Schäfer liebt sein Sakko aus Reflektorgewebe.

Bernhard Schäfer, Präsident des Highland Circle, dem ältesten Whisky-Club in Deutschland, ist keine alltägliche Erscheinung. Nicht nur, dass er seit 40 Jahren einen ausgefallenen silbernen Ohrring trägt, der ihm den Spitznamen »Bernd Eisenohr« eingebracht hat. Der Spirituosenfachmann, insbesondere für Whisky, liebt auch Kleidung, die aus dem Rahmen fällt. 

Im Sommer sind das Hawaiihemden, rund 120 Stück hängen in seinem Schrank. Viele davon sind Originale. Sie heißen eigentlich Aloha-Hemden. Das erste hat der Nürnberger 1997 auf der Insel gekauft, und er wird es wohl für immer hüten. »Das Teil hat meine Begeisterung für dieses Kleidungsstück entfacht«, erzählt Schäfer.  

Was ihm daran besonders gefällt: Anders als in China produzierte Massenware, wurden seine Hemden auf Hawaii gefertigt und haben Knöpfe aus Kokosschale statt aus Plastik. Nicht wie die Möchtegern-Hawaiihemden, auf denen Südsee-Schönheiten oder Surfer abgebildet sind, schmücken sich die echten mit schönen floralen Motiven. »Außerdem sind sie sehr bequem. Da passt auch ein kleiner fränkischer Bierbauch rein«, konstatiert Schäfer. 

Blazer und Blitzlichter

Besonders angetan ist Schäfer auch von einem Sakko aus reflektierendem Gewebe. Als er sich das Material dafür als 17-Jähriger kaufen wollte, hieß es bei der Firma, man könne nur eine ganze Rolle abgeben – für 6000 Mark! Doch der Teenager nervte so lange, bis man ein Einsehen mit dem jungen Franken hatte und ihm fünf Meter verkaufte, aus denen er sich bei einem Schneider ein Sakko machen ließ. »Mei, da müss’ mer aber Zeltnähte mach’n«, meinte der Schneider in tiefstem Fränkisch, weil das Material so dick und starr war. 

Das bekam Schäfer auch beim Tragen zu spüren. In dem auffälligen Einzelstück kam er nämlich ganz schön ins Schwitzen. Der Begeisterung tat das keinen Abbruch. Als das Gewebe brüchig wurde, ließ Schäfer sich sogar noch ein Nachfolgemodell schneidern, das er bis heute bei bestimmten Anlässen überzieht – so etwa bei einer Galaveranstaltung anlässlich des Wein- und Spirituosenwettbewerbs IWSC in der Guildhall of London, bei dem er in der Jury saß. Als zum Abschluss ein Panoramabild mit allen Anwesenden gemacht wurde, überstrahlte Schäfer alle anderen. Der Reflektorstoff des Blazers warf das Blitzlicht zurück und hüllte ihn in einen hellen Schein. 

Text: Alexandra Voigt
Fotos: Kat Pfeiffer

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