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Der Gender-Trend lässt unsere Autorin kalt

Liebe Leser*Innen – keine Sorge, das wird kein Text über die korrekte Anwendung der deutschen Sprache in Zeiten des rigorosen Genderns. Das ist mir jetzt viel zu kompliziert. Mein Grips, soweit vorhanden, befindet sich nämlich seit geraumer Zeit im totalen Lockdown und kann sich nur noch einfachen Themen widmen. Beispielsweise: Koche ich mir heute was und wenn ja, habe ich überhaupt noch Spaghetti im Schrank? Lohnt es sich, deshalb aus dem Haus zu gehen? Extra umziehen? Oder in der Jogging-Hose? Nein, so tief bin ich noch nicht gesunken (aber bald).

Schwierigere Probleme lasse ich gar nicht mehr an mich heran. Die Phase des »Mich-auf-mich-selbst-Besinnens« habe ich schon bezwungen. In den ersten Wochen der Pandemie war das ein beliebter Ratschlag meiner lebenstüchtigeren Mitmensch*Innen: »Also, genieße jetzt so richtig diese Ruhepause. Ich zum Beispiel bleibe zu Hause und denke viel über mich nach. Du glaubst gar nicht, was das bringt!«– Bei mir hat das leider wenig bewirkt, jedenfalls keine grundlegenden Erkenntnisse hinsichtlich meines inneren Kindes oder so. Die erwähnten Mitmensch*Innen übrigens sind im Verlauf der letzten Monate auch mehr und mehr in Lethargie versunken und malen inzwischen Mandalas aus.

Wie gesagt, mit einer Glosse wird es diesmal nichts. Heiteres ist nicht in Sicht, außer vielleicht, dass irgendwann der Frühling kommt und im Stadtpark die ersten Stiefmütterchen ihre Köpfe recken. Oder dass man in einem Anfall von Arbeitswahn die Balkonfliesen scheuert, die Fenster putzt und spürt, wie die ersten Funken neu erwachter Lebensfreude wieder sprühen. Die Jogginghosen sind in den Schrank verbannt und die ausgeleierten T-Shirts (»für zu Hause tun die’s noch!«) in den Müll befördert. Und es besteht die Aussicht darauf, dass man den wunderbaren Satz sagen kann: »Einen Cappucino, bitte« – und ein herbei geeilter Ober sagt beflissen: »Kommt sofort!« Dann kriegt möglicherweise auch mein Gehirn wieder Schwung und widmet sich den wesentlichen Fragen des Daseins. Zum Beispiel, wer den nächsten Eurovision Song-Contest gewinnt und ob Harry und Meghan im »Land of the free« endlich ihr wahres Glück finden. Es gibt so viel zu bedenken: Packen wir’s an!

Brigitte Lemberger

Cartoon: Sebastian Haug

 

 

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