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Ein Idol fürs Leben

Für wen hat man nicht alles in der Jugend geschwärmt. Manche Erinnerung daran ist heute ein bisschen peinlich. Es gibt aber Idole, die bewundert man ein Leben lang. Das Magazin sechs+sechzig hat sich in Franken umgehört, welche Persönlichkeiten so faszinierend sind, dass ihnen ihre Fans ein Leben lang die Treue halten.Weiterlesen

Alte Liebe rostet nicht – das gilt manchmal auch für Schwärmereien aus Jugendtagen. Wir ­haben sechs Menschen befragt, die noch heute an ihren großen Idolen von früher hängen.

Boutique-Besitzerin Nantia Persch (55) aus Oberasbach schwärmt für die Modedesignerin Vivienne Westwood. Um ein Haar hätte sie die »Queen of Punk« sogar getroffen.

Mode war schon immer ein großes Thema in meinem Leben. Meine Großmutter war Jahrgang 1908 und lief immer top gekleidet und mit riesigen Hüten auf dem Kopf herum – ein großes Vorbild für mich.

Auf Vivienne Westwood bin ich spät gestoßen – durch ein Interview in einem Magazin, das mich so fasziniert hat, dass ich mich unbedingt näher mit dieser Frau beschäftigen musste. Ich habe mir dann Bücher, Fotobände und ihre Biographie besorgt. Bis heute imponiert mir an ihr, dass sie alles hinterfragt; dass sie immer schaut, wie man es anders machen kann – und sich so immer wieder neu erfindet, ohne dabei ihren Stil zu verlieren.

Vivienne Westwood gibt ihrer Mode Spaß und Ironie mit. Ich finde, Mode wird oft viel zu ernst genommen. Westwood ist da anders, sie sagt, dass sie ihre Kleider selbst zum Lachen bringen. Sich selbst inszenieren, mutig sein, sichtbar werden, über den Tellerrand schauen – all das lebt sie vor. Deshalb sind ihre Bücher und Bildbände für mich Motivationshelferlein, die mich in schlechten Phasen aufbauen und inspirieren.

Getroffen habe ich Westwood leider nie. Einmal hätte es um ein Haar geklappt, da war sie bei der »Fashion Week« in Berlin angekündigt. Es gelang mir sogar, ganz kurzfristig noch eine Karte für die Show zu kriegen, aber mein Flug war so dämlich gebucht, dass ich es nicht geschafft habe. C’est la vie. Für etwas war es trotzdem gut: Mit der Dame, der ich damals mein Ticket gab, hat sich über die Jahre eine richtig nette Freundschaft ergeben.

Matthias Fuchs (54) schwärmt für die Science-Fiction-Serie »Raumschiff Enterprise«. Jeden zweiten Samstag im Monat veranstaltet der Betreiber des Comic Ladens »Mini Fun« in der Fürther Gustavstraße das Trek-Dinner, einen Stammtisch für Star-Trek-Fans (www.trekdinner-nuernberg.de).

Als ich klein war, lief die klassische »Raumschiff Enterprise«-Serie mit William Shatner und Leonard Nimoy im ZDF – immer Samstagabend, zeitgleich zur Sportschau in der ARD. Damals gab es ja nur drei Programme und auch nur einen Fernseher in der Wohnung, also lief das wie folgt: Wenn der Vater daheim war, war nix mit Star-Trek-gucken. Wenn er jedoch beim Club im Stadion war, dann hatte ich den Fernseher für mich.

Verglichen mit allen anderen Serien war das damals schon einzigartig: »Der Weltraum, unendliche Weiten. Wir schreiben das Jahr 2200 …« – das war Science Fiction pur und anders als alles, was man bis dato kannte! Da das ZDF die Folgen ständig wiederholte, habe ich die immer und immer wieder angeguckt. Spannend wurde es, als ich herausfand, dass es noch viel mehr gab: Das ZDF hatte in den 70ern ja nur 30 von 90 Folgen eingekauft und auf Deutsch synchronisiert. Dank Privatfernsehen war die Trekkie-Nahversorgung in den 80er Jahren gesichert: Sat.1 kaufte die Rechte an den ersten drei Staffeln und synchronisierte diese noch einmal nach. Unsere Videorekorder liefen heiß.

Überhaupt wurde man als Star Trek-Fan über die Jahre immer schön gefüttert. 1989 wurde die »Next Generation« installiert, mit neuer Crew und neuen Geschichten. Und auch im neuen Jahrtausend bleibt es spannend: Gerade läuft auf Netflix die neue Star-Trek-Serie, neue Kinoabenteuer sind ebenfalls geplant.
Was die Uniform angeht: Ich kannte in den 70er Jahren zwei Menschen, die so ein Ding hatten, aber auch nur, weil deren Tante gelernte Schneiderin war. Später musste man auf Conventions, also Fantreffen, fahren, um rauszukriegen, wo und wie man an so ein Ding kommt – das dann auch noch ein paar hundert Mark gekostet hat. Mit Internet ist es heute gar kein Problem mehr, sich eine schicke Starfleet-Uniform zu organisieren.

Peter Harasim (63) schwärmt für die britische Rockband The Pretty Things. Der Nürnberger Konzertveranstalter und Chef des Nachtclubs Hirsch ist heute mit seinen Helden von damals befreundet und geht mit ihnen auf Tour.

Es war 1965, wir saßen bei meinem besten Kumpel auf dem Zimmer und hörten die Beatles. Plötzlich kam sein älterer Bruder herein und meinte, er lege jetzt mal etwas richtig Gutes auf. Wir hörten eine Band namens The Pretty Things.

Ich hatte damals zwar schon mitgekriegt, dass es noch Härteres und Schrilleres gibt als die Beatles – The Animals zum Beispiel oder The Yardbirds. Aber an diesem Tag krachten die Pretty Things mit Karacho in mein Leben. Das erste Album, gleich die erste Nummer »Roadrunner« startet mit einem Plektrum, das die Basssaiten entlangkratzt – so etwas hatte ich bis dato noch nie gehört! Und der Sänger, der eigentlich eine schöne Stimme hatte, hat nur geschrien und gebellt. Sein Gekreische fand ich super. Bei den Beatles wurde auch mal geschrien, aber bei Phil May war das alles noch viel animalischer. Und wie der aussah: Der trug eine Haarlänge, die konnte man sich damals nicht vorstellen.

Über Musikmagazine und ältere Fans habe ich dann versucht, mehr über diese Kapelle herauszufinden. Es gab aber nur dieses Album und ein paar Singles. Der Auftritt der Band im legendären »Beatclub« war dann das erste, was meinen Vater ernsthaft erzürnt hat. Und das, wo er eigentlich ziemlich offen war und auch die ersten Beatles-Platten mit zu uns nach Hause gebracht hatte. Die Pretty Things fand er hingegen überhaupt nicht mehr lustig, sondern total verkommen. Doch je mehr er über die Band abgeledert hat, umso mehr wollte ich sein wie die.

1970 war ich dann zum ersten Mal bei den Pretty Things hinter der Bühne, aber da waren die Musiker sehr unzugänglich. Als ich sie später zum ersten Mal selbst veranstaltet habe, damals im legendären Rührersaal in Nürnberg-Reichelsdorf, hat es auf der Bühne gleich ordentlich Kleinholz gegeben – so, wie ich mir das vorgestellt hatte.

Das zählt zum großen Glück, das mir im Leben widerfahren ist: dass ich viele meiner alten Helden treffen und mit ihnen arbeiten durfte. Für die Pretty Things bin ich seit 30 Jahren Tourneeveranstalter, und ein Ende ist nicht in Sicht: Man hat nicht den Eindruck, dass sich die Musiker schon groß verabschieden wollen. Gitarrist Dick Taylor ist heute Mitte 70 und fährt immer noch den Bandbus. Wenn du die Pretty Things in den 60ern gesehen hast, hast du nicht gedacht, dass die die nächsten zwei Jahre überleben werden. Und das 1968 erschienene Konzeptalbum »S. F. Sorrow« von The Pretty Things ist bis heute mein Lieblingsalbum of all times.

Karin Falkenberg (49) und Claudia Stich (60) lernten sich über das Spielzeugmuseum kennen – und stellten eines Tages fest, dass sie beide für den Sänger und Schauspieler Johannes Heesters (1903-2011) schwärm(t)en.

Karin Falkenberg: Mit acht haben mich meine Eltern zum ersten Mal in eine Operette geschleppt. Ich fand das witzig und habe daraufhin zu Hause einen Stapel mit alten Heesters-Schallplatten entdeckt: historische Schlager aus den 30er und 40er Jahren, total kitschig, herrlich unbesorgt und textlich komplett unverfänglich in dieser heiklen Zeit. Über die Reime und das Weltbild, das da vermittelt wird, kann ich mich heute noch amüsieren. Bei allen Stereotypen findet sich da aber auch ein liebevoller Umgang miteinander, bei dem die Vorzüge des anderen Geschlechts durchaus entzückend gewürdigt werden. Aber Claudia, erzähl du doch mal: Du hast Jopi sogar getroffen …

Claudia Stich: Mein Vater hatte einen Frisörsalon in der Breiten Gasse 1. Ich war fünf Jahre alt, als Johannes Heesters, wie mir später erzählt wurde, ein Gastspiel in Nürnberg hatte. Seine damalige Partnerin kam zweimal in der Woche zu meinem Papa in den Salon, um sich die Haare machen zu lassen. Ich war als Kind oft bei meinen Eltern im Laden – und eines Tages saß Jopi Heesters dort auf dieser großen knallgelben Plastik-Couch. Ich war hin und weg: Dieser Mann war so schön, so elegant und hat so gut gerochen! Ich durfte dann auf seinem Schoß sitzen, und er hat mir Lieder vorgesungen, während seine Begleitung fertig frisiert wurde. Ich war regelrecht verliebt. Umso größer war die Enttäuschung, als sein Gastspiel vorüber war und er eines Tages einfach nicht mehr kam. Sein Charme war so unglaublich, dass er sogar bei kleinen Mädchen gewirkt hat.

Falkenberg: Frack, Zylinder, weißer Schal, gepflegt, eloquent und immer kerzengerade in seiner Haltung – da hat es oft gereicht, dass Heesters in seinen Filmen dastand, geguckt und mit seinem leichten holländischen Akzent gesungen und gesprochen hat. Tatsächlich habe ich mich als Kind seinetwegen gerne als Gentlelady verkleidet: mit schwarzem Mantel und ebenfalls einem großen weißen Schal dazu.
Stich: Und etwas von dieser Faszination ist geblieben …

Falkenberg: Hm, können wir das überhaupt erzählen? In einer Weinlaune haben wir beide eine Liste erstellt, auf der wir festhalten, wann wir im richtigen Leben Gentlemen treffen – also Männer, die intelligent sind, auf sich achten und sich Damen gegenüber stets zuvorkommend und galant verhalten. Insofern wirkt bei uns beiden Heesters bis heute.

Harald »Jess« Schuster (53) schwärmt für die US-amerikanische Hardrockband Kiss – so sehr, dass er als Gitarrist der Kiss-Tribute-Band »First Kiss« regelmäßig in das Kostüm seiner Helden schlüpft. (www.first-kiss.org)

Mit Kiss bin ich 1976 in Berührung gekommen, als ich bei meinem Kumpel im Nebenhaus das »Destroyer«-Album aus der Sammlung zog. Als er die Platte auflegte, ist sofort alles andere verblasst: Ich war infiziert mit dem Kiss-Virus! Nicht viel später bin ich mit der Straßenbahn in die Stadt gefahren und sah plötzlich ein Plakat hängen: »Kiss – Destroyer Tour – live in der Grundig-Halle Fürth«.

Ich konnte es kaum fassen: Da musste ich hin! Besagter Kumpel besorgte mir eine Karte, aber meine Oma wollte mich nicht gehen lassen. Also bin ich ausgebüchst, durchs Fenster, an der Regenrinne runtergerutscht und ab zum Konzert.

Seither habe ich Kiss auf jeder Deutschland-Tour gesehen, und ich muss sagen: Diese Band hat nichts von ihrer Magie verloren. Selbstverständlich bin ich Mitglied in der Kiss-Army, dem weltweiten Fanclub der Band. Ich habe eine riesige Kiss-Sammlung zu Hause, darunter 32 Kiss-Gitarren, den legendären Kiss-Flipper aus den 70er Jahren und sogar den roten Nietengürtel, den Paul Stanley im »Lick It Up«-Video getragen hat. Den habe ich einst bei einem Konzert in der Hemmerleinhalle in Neunkirchen am Brand mit dem leider verstorbenen Kiss-Schlagzeuger Eric Carr getauscht.

Was für mich die Faszination an Kiss ausmacht? Da kann ich nur den Text von »Flaming Youth« zitieren, der das Lebensgefühl exakt auf den Punkt bringt, mit dem du als Jugendlicher aufwächst: »My parents think I’m crazy and they hate the things I do« – das war genau das Ding. Als junger Mensch musst du irgendetwas haben, womit du deine Eltern schockieren kannst. Und wenn du Poster von so einer Band in dein Zimmer hängst, dann funktioniert das mit sagenhafter Sicherheit. Ich bin ja bei meiner Großmutter aufgewachsen und habe den Kiss-Starschnitt aus der Bravo in der Küche aufgehängt. So gut wie jeden Tag, wenn meine Oma in die Küche gekommen ist, ist sie ausgeflippt: »Die Verrückten schon wieder! Bist Du wahnsinnig?« Wäre da ein Abba- oder ein Boney-M.-Poster gehangen, das wäre meiner Oma am Arsch vorbei gegangen.

Text: Stefan Gnad, Fotos: Michael Matejka (4), privat (1)

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