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Gemeinschaft mit Herz und Nadel

Uta Lukas und Freya Filip von den Quilting Bees zeigen ein großes buntes Werk.

An diesem Mittwoch gibt es erst einmal Eiscreme für alle – das ist bei den Mitgliedern der Quilting Bee-Gruppe in Herzogenaurach Tradition für das letzte Treffen vor der Sommerpause. Gerade 2025 darf das Ritual nicht fehlen: Denn in diesem Jahr feiern die Frauen der Patchwork-Truppe ihr 35. Jubiläum – und viele der ersten Stunde sind noch heute dabei.

So wie Anita Leutwiler, die die ungewöhnliche Näh- und Schnittrunde 1990 mitgegründet hatte. Auch bei diesem Treffen sitzt die 85-Jährige mit mehr als 20 Frauen an einem großen Tisch im evangelischen Gemeindezentrum in der Aurachstadt. Die gelernte Kindergärtnerin und Künstlerin hatte die Quilt-Technik aus ihrem Entstehungsland USA mit nach Franken gebracht – mit Volkshochschulkursen, Handarbeitsunterricht am Gymnasium und eben der Gründung der Quilting Bee an ihrem Wohnort Herzogenaurach. Dass es die Gruppe so lange geben wird, habe sie damals nicht gedacht, sagt sie, während sie an ihrem Stoff weiterarbeitet. »Aber es ist schön, dass es so ist.«

Dass sie beim Nähen, Sticheln und Sticken noch immer in ihrem Element ist, erkennt man schnell. In ihrem Alter könne sie aber nicht mehr jeden Monat kommen, sagt Anita Leutwiler. Der Weg, den sie sonst zu Fuß gegangen ist, sei ihr jetzt zu weit.

Sie holen sich ab und bringen sich heim

Kein Problem für die Frauen der Gruppe, die mehr ist als eine reine Hobby-Gemeinschaft. Längst haben sich Freundschaften gebildet, gemeinsam unternehmen die Mitglieder Ausflüge, besuchen (Quilt-)Ausstellungen (sie selbst präsentieren ihre Werke auch alle fünf Jahre der Öffentlichkeit), holen sich für die Treffen gegenseitig ab – und bringen sich auch wieder heim.

Auch die 75-jährige Freya Filip ist fast seit Beginn bei der Gruppe dabei. »Ich habe schon immer gerne Handarbeiten gemacht und mich gleich der Gruppe angeschlossen, als ich davon gelesen hatte«, erzählt die frühere Frauenärztin aus Forchheim. Ihr gefielen die Gemeinschaft und die Gespräche. Denn beim Nähen könne man sich gut unterhalten. Sie selbst kann beim Quilten auch sehr gut abschalten, das sei vor allem wichtig gewesen, als sie noch berufstätig war und mit ihrem Ehemann eine gynäkologische Praxis hatte.

Kissen für Krebspatientinnen

Die Herzkissen lindern nach Brust-Operationen den Schmerz und spenden Trost.

Besonders gut findet sie die Herzkissen-Aktion der Quilting Bees. Seit 2010 näht die Gruppe jährlich spezielle Kissen für Krebspatientinnen des Universitätsklinikums Erlangen – auch diese Aktion hat 2025 mit 15 Jahren ein kleines Jubiläum. Als Frauenärztin weiß Freya Filip nur zu gut um die körperlichen und seelischen Leiden einer solchen Erkrankung. Für beides seien die Kissen gut, erläutert die Medizinerin.

Das sehen die Expertinnen und Experten des Erlanger Universitätsklinikums genauso. Die Kissen linderten Schmerzen nach Brustoperationen, entlasteten Schwellungen, unterstützten die Wundheilung und spendeten durch ihre bunten Farben Trost und Zuversicht nach der OP, erklärt Dr. Katharina Seitz, Fachärztin der Frauenklinik im Gespräch mit sechs+sechzig. »Unsere Patientinnen profitieren enorm von davon – sowohl körperlich als auch seelisch, weil sie sie als ein Zeichen der Solidarität und Anteilnahme wahrnehmen«, sagt sie. Es bedeute den Patientinnen »unglaublich viel, zu wissen, dass jemand an sie denkt.«

Einige aus der Gruppe mussten schon gehen

5500 Herzkissen hat das Uniklinikum bislang von der Gruppe erhalten – und beim Doppeljubiläums 35 Jahre Quilting Bee und 15 Jahre Herzkissen-Aktion kommen im Herbst wieder etliche neue hinzu. Genäht werden die Kissen hauptsächlich von den Gruppenmitgliedern selbst, aber zum Füllen kommen an einem extra Samstag immer eine ganze Reihe von Helferinnen und Helfern dazu, berichtet Doris Wienke, die die Gruppe seit 1994 leitet und ihre Sprecherin ist. Die 74-jährige frühere Lehrerin staunt wie auch Anita Leutwiler darüber, »wie lange es uns schon gibt«. Das Schöne sei, dass in der Gruppe jede wertgeschätzt werde und Teil des Ganzen sei – so wie die farbenprächtigen Quilts ja auch aus einzelnen bunten Stoffteilen entstehen. »Einige der Gruppe mussten schon gehen«, sagt die Herzogenauracherin Doris Wienke und erinnert damit an verstorbene Quilterinnen und auch an jene, die es aufgrund ihres Alters und ihrer Krankheiten nicht mehr zu den monatlichen Treffen schaffen.

Die Jüngste der Frauen, die aus der ganzen Region für das Treffen nach Herzogenaurach fahren, ist 60, die älteste 85 Jahre. Nachwuchs zu finden ist nicht einfach. Die neuen Mitglieder müssen zur Gruppe passen – und umgekehrt. Zwar seien Handarbeiten aller Art auch bei Jüngeren angesagt, viele schauten sich doch lieber Erklärvideos im Internet und auf Youtube an. »Dort kann man vielleicht das nötige Wissen erlernen, gemeinsam quatschen, sich dabei über die Schulter schauen kann man so aber nicht«, sagt Doris Wienke, während im Hintergrund das Schäkern und Scherzen der anderen immer lauter wird.

Text: Sharon Chaffin
Fotos: Mile Cindric

Information

Wer beim Füllen der Herzkissen und oder bei der Quilting Bee-Gruppe in Herzogenaurach mitmachen möchte, kann sich bei Doris Wienke unter der Telefonnummer 09132 / 3416 oder per E-Mail unter Quilting-Bee@gmx.de melden.

Die Gruppe trifft sich in der Regel jeden vierten Mittwoch im Monat, von 19 bis 22 Uhr, im evangelischen Gemeindezentrum in der Von-Seckendorff-Straße 3 in Herzogenaurach. Das nächste Treffen ist am 24. September 2025.

Das Füllen der Herzkissen findet am Samstag, 18. Oktober 2025, von 10 bis 15 Uhr, ebenfalls im Gemeindezentrum statt.

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