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Der tägliche Kaffee-Kick gehört dazu

Der Wissenschaftler liebt selbst Kaffee und räumt mit vielen Mythen auf.

Kaffee ist das absolute Lieblingsgetränk der Deutschen: Rund 169 Liter trinkt jeder im Durchschnitt pro Jahr, verkündet der Deutsche Kaffeeverband aus Hamburg stolz. Da kann mengenmäßig nichts anderes mithalten: Zu Mineralwasser gibt es unterschiedliche Angaben, der Verband deutscher Mineralbrunnen beziffert den Jahresverbrauch mit 123 Liter. Bier, Limo, Tee und Wein sind dagegen ganz weit abgeschlagen.

Aber sind derartige Mengen des Heißgetränks unbedenklich? Verursacht es nicht vielmehr schwere gesundheitliche Schäden? Wissenschaftler Dr. Malte Rubach beschäftigt sich seit vielen Jahren mit dem flüssigen Wachmacher, er hat Ernährungswissenschaft in Deutschland, der Türkei und den USA studiert und sogar seine Doktorarbeit zur Auswirkung von Kaffee auf die Magensäuresekretion verfasst. Der Wissenschaftler kommt zu überraschend positiven Ergebnissen: Verantwortlich dafür sind nicht nur das bekannte Koffein, sondern weitere Inhaltsstoffe wie Antioxidantien, Chlorogensäuren, unzählige Aromastoffe oder auch organische Verbindungen wie Melanoidine, die für die schwarze Farbe sorgen.

Das Kultgetränk der Deutschen wird rehabilitiert

Die jüngere wissenschaftliche Forschung rehabilitiert das Getränk, das nach dem Zweiten Weltkrieg für alle möglichen negativen Einflüsse wie Herzprobleme, Wasserentzug oder Übersäuerung verantwortlich gemacht wurde. Seither stellte man fest, dass Kaffee zwar nicht vor Herzinfarkten schützt. Doch die Gefahr, daran zu sterben, ist bei Menschen, die viel Kaffee konsumieren, um 40 Prozent geringer als bei jenen, die nur wenig zu sich nehmen.

Studien belegen laut Rubach außerdem, dass Kaffeetrinker ein 50 Prozent niedrigeres Risiko haben, an Leberkrebs zu erkranken, als Menschen, die völlig auf Kaffee verzichten. Auch bei nicht-alkoholisch bedingter Fettleber sind Kaffeetrinker gegenüber Koffein-Abstinenten im Vorteil: Untersuchungen sehen eine um 30 Prozent verringerte Gefahr, daran zu erkranken. Die gleiche Quote gelte bei Alzheimer, so der Ernährungsexperte, der sein Fachwissen gern in Vorträgen mit den Zuhörern teilt – wie vor kurzem auch in der Nürnberger Stadtbibliothek. Die Bildungseinrichtung hatte den Kaffee zu einem Themenschwerpunkt gemacht.

Weniger Schäden im Gehirn

Bei Parkinson beeinflussen abgeschwächte Neurotransmitter den Krankheitsverlauf maßgeblich, meint der Wissenschaftler. Die belebende Wirkung des Kaffees sorge dagegen für Schutz: Kaffeetrinker seien zu 40 Prozent weniger von dieser bisher nicht heilbaren Schädigung der Nervenzellen im Gehirn betroffen.

Die im Kaffee gelösten Antioxidantien hält er außerdem für sehr wirksam gegen gefährliche »freie Radikale«, die teilweise durch den eigenen Stoffwechsel oder auch durch Zigarettenrauch, Umweltgifte sowie die UV-Strahlung der Sonne gebildet werden. Frühere Einwände, dass Kaffee dem Körper zu viel Wasser entzieht, weist Rubach zurück: Dies sei nicht mehr Stand der Forschung. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung argumentiere vielmehr, dass mit Kaffee dem Körper auch Flüssigkeit im Verhältnis 1:1 zugeführt werde.

Allerdings ist das aromatische Getränk kein Allheilmittel: Versuche, durch das Aufbringen einer zähen, koffeinhaltigen Pulverpaste das Haarwachstum anzuregen, seien nicht von Erfolg gekrönt gewesen.

Die äthiopische Kaffeezeremonie macht es vor

Bei Stress, Reizüberflutung und starker nervlicher Anspannung könne das schwarze Heißgetränk positiv wirken, meint der Autor des Buches »Kaffee-Apotheke«: »Man kann die Nervenbelastung reduzieren, indem man sich bewusst bei einer Tasse Kaffee eine Auszeit nimmt«, meint der 42-Jährige. »Rituale sind schließlich wichtig für die Struktur unseres Alltags.« Die äthiopische Kaffeezeremonie macht es vor. Rubach ist ein »Weltreisender« in Sachen Kaffeekultur: In Vietnam hat er einen Workshop zu Egg-Coffee absolviert. Dabei wurde Eigelb und Zucker in den Kaffee eingerührt, während das Getränk über einem Minikocher erhitzt wurde. Für das perfekte Gelingen muss man die Zutaten aufs Gramm genau abwiegen. Aus den USA kommt »black eye«, so der Rubach: Dabei wird ohnehin schon kräftiger Filterkaffee mit zwei bis drei Espressi aufgepimpt. Dieser ultimative Koffein-Kick soll vor allem bei Trucker-Fahrern beliebt sein. Für den normalen Verbraucher hat er einen Tipp bereit: Wer viel Koffein wünscht, soll statt einer dunklen Röstung eine mittlere nehmen.

Die Wiener Kaffeehauskultur hat der Fachmann ebenso genossen wie den Türkischen Mocca in Istanbul. Im Coffee Museum in Dubai erhielt er eine private Führung, bei der die beiden am weitesten verbreiteten Bohnensorten – Arabica und Robusta – ausführlich gewürdigt wurden.

Angesichts seiner umfassenden akademischen Bemühungen um das belebende Rötegewächs sollte Rubachs Begeisterung für den Kaffee eine Selbstverständlichkeit sein. Doch das ist ein Irrtum: Viele Jahre war er Teegenießer. »Weil mir das ständige Besorgen von Teebeuteln irgendwann zu lästig war, habe ich lange nur mehr heißes Wasser getrunken – auch während meiner Dissertation«, berichtet der in München lebende Forscher lachend.

Durch die Liebe hat er die braune Bohne entdeckt

Erst durch die Liebe hat er die Begeisterung für die braune Bohne entdeckt: Seine brasilianische Ehefrau ist Enkelin eines Kaffeeplantagen-Besitzers und war von der Angewohnheit, nur heißes Wasser zu trinken, überrascht und brachte ihn schließlich mit »cafezinho« auf den Geschmack, der brasilianischen Variante eines Espressos. Diese Spezialität wird täglich in Brasilien gerne direkt nach dem Mittagessen getrunken.

 Neben all den gesundheitlichen Aspekten ist Rubach eines besonders wichtig: die soziale Funktion. Egal ob zum Kaffeekränzchen bei Freunden oder Verwandten, bei Konferenzen oder beim Arbeitstreff »auf einen Kaffee« – das Getränk in den unterschiedlichsten Variationen bringt die Menschen zusammen. Viele empfinden die tägliche Tasse als ein kleines, unverzichtbares Schlückchen Lebensfreude.

Text: Hartmut Voigt
Fotos: Michael Matejka; Cesar Gonzalez auf Pixabay.

Das Buch zum Thema

Ernährungswissenschaftler Malte Rubach fasst in seinem Buch allgemein verständlich sein Wissen über die positiven gesundheitlichen Auswirkungen von Kaffee zusammen. Er erläutert die Senkung des Blutzuckerspiegels und die Förderung der Durchblutung genauso wie den Einsatz von Kaffee als Mittel gegen Kopfschmerzen. Die Einflüsse auf die Psyche, die Organe und die Leistungsfähigkeit des Menschen sind ebenfalls Thema des handlichen Büchleins. 

»Kaffee-Apotheke«, Knaur Verlag, München 2019, 18 Euro

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