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Der teurere Wein schmeckt scheinbar besser

Prof. Weber von der Uni Bonn zeigt durch die Rotweinverkostung, dass der Preis den Geschmack beeinflusst. Foto: Xenia Grote

Was teurer ist, muss doch auch hochwertiger sein: Der gleiche Wein schmeckt Probanden besser, wenn er mit einem höheren Preis ausgezeichnet ist. Preisschilder beeinflussen also die Wahrnehmung.

Wissenschaftler der INSEAD Business School und der Universität Bonn haben herausgefunden, dass das Belohnungszentrum im Gehirn eine positive Geschmackswahrnehmung verstärkt. Insbesondere sind dabei das Frontalhirn und das ventrale Striatum beteiligt.

Es ist bekannt, dass ein höheres Preis zum Beispiel für Schokolade oder Wein die Erwartung dahingehend steigert, dass das Produkt auch besser schmeckt. „Allerdings war bislang unklar, wie im Gehirn die Preisinformation letztlich dazu führt, dass teurer Wein auch als besser schmeckend wahrgenommen wird“, sagt Prof. Dr. Bernd Weber, Geschäftsführender Direktor des Center for Economics and Neuroscience (CENs) der Universität Bonn. Das Phänomen, dass identische Produkte durch verschiedene Preise unterschiedlich wahrgenommen werden, wird als „Marketing-Placebo-Effekt“ bezeichnet. Wie bei einem Scheinmedikament entfaltet er allein durch zugeschriebene Eigenschaften eine Wirkung: „Qualität hat ihren Preis!“

Wie unterschiedliche Preise im Gehirn in entsprechende Geschmackserfahrungen übersetzt werden, wenn sich der verkostete Wein nicht unterscheidet, werteten die Wissenschaftler an 30 Studienteilnehmern, davon 15 Frauen und 15 Männer im Durchschnittsalter von rund 30 Jahren aus.

Weinverkostung im Kernspin

Die Weinverkostung fand liegend im Kernspintomografen statt, mit dem die Aktivität der Gehirnregionen aufgezeichnet wurde. Zunächst wurde der Preis des Weines eingeblendet. Dann wurde nur rund ein Milliliter der unterschiedlichen Weine über einen Schlauch in den Mund der Probanden zugeführt. Darauf konnten die Teilnehmer mit einem Knopf auf einer neunteiligen Skala bestimmen, wie gut ihnen der Wein geschmeckt hat. Anschließend wurde der Mund mit einer neutralen Flüssigkeit gespült und die nächste identische Weinprobe zur Verkostung zugeführt. Sämtliche Experimente wurden am Hirnscanner des Life & Brain Zentrums an der Universität Bonn durchgeführt.

„Der Marketing-Placebo-Effekt hat seine Grenzen: Wenn zum Beispiel eine Plörre für 100 Euro angeboten würde, bliebe er absehbar aus“, sagt Prof. Weber. Deshalb führten die Wissenschaftler die Versuche mit einem Rotwein durch, für den im französischen Handel eine Flasche rund zwölf Euro kostete. Im Kernspintomografen wurden hierfür zufällig als Preis drei, sechs und 18 Euro eingeblendet. Um die Studie möglichst realistisch zu gestalten, bekamen die Teilnehmer ein Startguthaben von 45 Euro. Pro Verkostung wurde der angezeigte Betrag in manchen Versuchsabläufen von diesem Konto abgebucht.

„Wie erwartet gaben die Probanden an, dass der Wein mit dem höheren Preis besser schmeckt als ein scheinbar günstigerer“, berichtet Prof. Dr. Hilke Plassmann von der INSEAD Business School. „Jedoch spielte es keine Rolle, ob die Testpersonen den Wein auch bezahlen mussten, oder ob sie ihn umsonst bekamen.“ Identischer Wein führe zu einem besseren geschmacklichen Erlebnis, wenn damit preisbedingt eine höhere Erwartung verbunden ist.

Das zeigte sich auch im Kernspintomografen. Das Forscherteam fand heraus, dass bei höheren Preisen vor allem das Frontalhirn und zudem auch das ventrale Striatum stärker aktiviert wurden. Während das Frontalhirn insbesondere am Preisvergleich und damit der Erwartung beteiligt zu sein scheint, ist das ventrale Striatum Teil des Belohnungs- und Motivationssystems. „Das Belohnungssystem wird bei höheren Preisen deutlich stärker aktiviert und verstärkt auf diese Weise offenbar das Geschmackserlebnis“, sagt Prof. Weber.

Wie lassen sich Placebo-Effekte eindämmen?

„Letztlich spielt uns das Belohnungs- und Motivationssystem einen Streich“, erklärt Dr. Liane Schmidt. Es gaukelt uns durch höhere Preise einen Geschmack vor, der durch den Wein selbst an sich nicht gerechtfertigt ist, weil es sich ja bei allen Verkostungen objektiv um das identische Produkte handelte. „Die spannende Frage ist nun, ob man das Belohnungssystem trainieren kann, damit es weniger empfänglich für solche Placebo-Marketing-Effekte wird“, sagt Prof. Weber. Möglicherweise könnte dies gelingen, indem die eigene Körperwahrnehmung – wie zum Beispiel der Geschmack – stärker geschult wird. Die Ergebnisse der Studie wurden nun im Fachjournal „Scientific Reports“ veröffentlicht.

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