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Spitze Giebel und barocke Rundungen

Wie heißt es oft? Der Weg ist das Ziel. Für unseren Wandertipp gilt das diesmal in besonderem Maße. Denn die Wanderung rund um Trieb, einen von 28 Ortsteilen von Lichtenfels, verspricht Ziele am laufenden Band, wie zum Beispiel den Gutshof Nassanger, wegen seines runden Grundrisses ein Unikum des Süddeutschen Barocks. Der Ausflug dorthin lohnt trotz der Entfernung also allemal. Auch wenn es derzeit nicht ganz einfach ist, die oberfränkische Stadt zu erreichen, denn die Bahnstrecke zwischen Bamberg und Lichtenfels ist wegen Arbeiten an der Trasse Nürnberg-Berlin noch bis September gesperrt. Dafür fahren Busse.
Der Nassanger in Trieb.
Der Nassanger in Trieb.

Wie heißt es oft? Der Weg ist das Ziel. Für unseren Wandertipp gilt das diesmal in besonderem Maße. Denn die Wanderung rund um Trieb, einen von 28 Ortsteilen von Lichtenfels, verspricht Ziele am laufenden Band, wie zum Beispiel den Gutshof Nassanger, wegen seines runden Grundrisses ein Unikum des Süddeutschen Barocks. Der Ausflug dorthin lohnt trotz der Entfernung also allemal. Auch wenn es derzeit nicht ganz einfach ist, die oberfränkische Stadt zu erreichen, denn die Bahnstrecke zwischen Bamberg und Lichtenfels ist wegen Arbeiten an der Trasse Nürnberg-Berlin noch bis September gesperrt. Dafür fahren Busse.

Wer mag, kann das Fahrrad mitnehmen. Der Radfahrverein Concordia hat einen Rundwanderweg »Auf Klosterspuren« geschaffen. Dazu muss man wissen: Das im Maintal gelegene Gut Trieb befand sich bis 1802, als die Region zu Bayern kam, im Besitz des Zisterzienserklosters Langheim, das 1132/33 gegründet wurde. Langheim liegt knapp fünf Kilometer entfernt, wird zwar auf unserer Tour nicht berührt – ein Abstecher dorthin ist aber freilich möglich.

Sechs gemütliche Kilometer

Unsere Strecke rund um Trieb umfasst rund sechs gemütliche Kilometer und ist bestens mit einem goldenen Kelch nebst Bischofsstab auf blauem Grund markiert. Meist geht es auf ebenen breiten Wegen dahin – nur hoch zur Karolinenhöhe kommt man tüchtig ins Schnaufen.

Start ist am Sportheim; wir begeben uns in Richtung Kronach und biegen kurz vorm Ortsausgangsschild rechts in die Karolinenstraße ein. Bei der Infotafel beginnt der Weg. Er führt hinunter zum Sportplatz und ein Stück geradeaus – schon steht man vor vier vom Zahn der Zeit gezeichneten imposanten Bäumen, den sogenannten Klostereichen. Anschließend müssen wir zurück, hinter dem Brückchen biegen wir scharf rechts ab. Bald befinden wir uns wieder in der Karolinenstraße. Die gehen wir diesmal in umgekehrte Richtung. Wir passieren das schmucke ehemalige Gärtnerhaus mit blauen Läden und Fachwerk, lugen ins Schaufenster des Porzellanmalers Georg Schardt und kaufen, weil der Gasthof Schardt erst ab 17 Uhr geöffnet hat, Wegzehrung beim Metzger Schardt daneben. Dann überqueren wir die B 173.

Durch eine schnurgerade Pappellallee gelangen wir zum Nassanger – einem in seiner Art für Deutschland einmaligen Rundbau. Der imposante Gutshof ist mit 365 Fenstern und zwölf Hoftüren ausgestattet. Bambergs Hofbaumeister Leonhard Dientzenhofer (1660-1707) entwarf die kühnen Pläne, die als Architekturexperiment gelten. Der landwirtschaftliche Großbetrieb für das Kloster Langheim erhielt nicht den herkömmlichen rechteckigen, sondern einen ringförmigen Grundriss. »Die Rinder standen im Kreis, so dass von jedem Tier zum großen Misthaufen in der Anlage die gleiche Strecke zurückzulegen war. Die Form war also nicht nur bloße architektonische Spielerei, sondern hatte einen praktischen Nutzen«, weiß der oberfränkische Bezirksheimatpfleger, Professor Günter Dippold, zu berichten. Bis ins 19. Jahrhundert war der Gutshof von einem rund zehn Meter breiten Wassergraben umgeben, führt er weiter aus. Zu dem wehrhaft anmutenden Bau haben ferner eine Ziegelhütte gehört, ein großer steinerner Stadel und ein Backhaus. Seit 1805 ist der Nassanger in Privatbesitz, der heutige Eigentümer erwarb ihn in den 1970er Jahren. Inzwischen ist der Gutshof sichtlich heruntergekommen und für die Öffentlichkeit leider auch nicht zugänglich.

Es geht weiter auf einem Feldweg am zehn Hektar großen Nassangerweiher vorbei. Wie einst zu Zeiten der Mönche, dient er noch immer der Fischzucht. Ein dicht mit Röhricht bewachsener Gewässerteil allerdings ist zum Vogelschutzgebiet erklärt worden. Sechs große Weiher umgaben Trieb früher, wie eine Karte aus der Zeit um 1756 belegt. Doch 1804, nach Aufhebung des Klosters, versteigerte der bayerische Staat die Pacht der Teiche mit der Auflage, »sie auszutrocknen und zu Feld umzuschaffen«. Entlang der alten Weiherdämme, die noch immer sichtbar sind, geht es zurück nach Trieb – und dort zunächst zum Schlösschen.

Ein Schlösschen als Sommersitz

Das Schlösschen ist tatsächlich nicht größer als ein Gutshaus. Ein Langheimer Abt ließ es sich 1723/24 als Sommersitz errichten. Rund 100 Jahre später erblickte die Diplomatentochter Karoline von Malsen hier das Licht der Welt – den von Malsens gehörte damals der Nassanger. Karoline wurde die spätere Ehefrau des Schriftstellers und Dichters des Frankenlieds, Joseph Victor von Scheffel.

Vom Schlösschen ist es nur ein Katzensprung hinüber zum Berghof. Einst war er der Mittelpunkt des Dorfes. Den Namen verdankt der große Gutshof den Feldern auf der Höhe. Er wurde – anders als der verpachtete Nassanger – vom Kloster Langheim selbst bewirtschaftet. Ein Mönch, der sogenannte Hofmeister, stand dem Berghof vor. Die alte Hofmeisterei wurde ab 1727 durch einen Neubau ersetzt und 1733 nochmals erweitert. Seit 1867 hat die Familie Benecke, die ursprünglich aus Frankfurt am Main stammt, hier auf dem Berghof das Sagen.

Gleich um die Ecke, in der Kurve der alten Landstraße von Lichtenfels nach Kronach, stand bis ins 20. Jahrhundert die Schmiede des Dorfes. Der prächtige Fachwerkgiebel aus dem Jahr 1680 schmückte ursprünglich ein Haus in Mainroth bei Burgkunstadt. Dass er jetzt Trieb aufhübscht, ist einem Benecke zu verdanken. Der Mann vom Berghof kaufte ihn 1901 und ließ ihn nach Trieb überführen.

Hinauf zur Karolinenhöhe steigt man über die Bergstraße – an der Kirche vorbei, oder aber man läuft wie ausgewiesen den Weg durch die Wiesen. Ins Schwitzen kommt man so oder so. Die Steigung hat es nämlich in sich. Oben wird man jedoch mit einem grandiosen Blick weit hinab ins Maintal belohnt. Mit Belohnungen anderer Art – Wildragout, Rumpsteak oder hausgemachte Wurst zum Beispiel – lockt das Wirtshaus »Karolinenhöhe« (geöffnet werktags ab 17 Uhr, am Wochenende ab 11 Uhr, Mittwoch Ruhetag). Benannt wurde es mit königlichem Einverständnis nach Karoline von Bayern. Ihre Hoheit war 1823 hier eingekehrt und offenkundig höchst zufrieden mit dem Gebotenen. An der alten Eiche, die sich vorm Wirtshaus reckt, überqueren wir die alte Landstraße. Dann sagen wir der Zivilisation Ade. Ab sofort gibt es nur noch Wald, Wiesen und Flur. Irgendwann sieht man eine kleine Brücke. Vorsicht! Nicht überqueren, sondern den Waldweg scharf links gehen (hier fehlt die Markierung). So gelangt man zum Doktorweiher im Süden von Trieb. Wenige Schritte noch, dann endet die Tour am Ausgangspunkt.

Ute Fürböter

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