»Wie schätzen Sie ihre Gesundheit ein? An wen können Sie sich wenden?« Ein Senioren-Selbsteinschätzungsbogen mit Fragen zu Befindlichkeit und Lebensumständen soll älteren Menschen helfen, für ihre Situation die richtige Hilfe zu finden, damit sie so lange wie möglich zuhause wohnen können.
Entwickelt wurde er von Dr. Ralf Cramer-Ebner, Facharzt für Innere Medizin, Geriatrie, Palliativmedizin und Psychosomatische Grundversorgung in Abstimmung mit Ärztinnen und Ärzten des Gesundheitsnetzes QuE (Qualität und Effizienz) in Nürnberg. Der Grund: »In meiner hausärztlichen Tätigkeit treten zunehmend Versorgungslücken für ältere Menschen zutage. Eine Verbesserung der Versorgungssituation ist nicht in Sicht, im Gegenteil«, sagt der Mediziner. Da es keine aufsuchenden Dienste gibt, die Versorgungslücken systematisch identifizieren und dann unterstützend wirken, sei der Fragebogen die einfachste Form herauszufinden, ob und welcher Bedarf bei den jeweiligen älteren Menschen besteht – und das ganz ohne Kosten.
Die Fragen im Senioren-Selbsteinschätzungsbogen, dem sogenannten Selbstausfüller, orientieren sich am Alltag. Sie lauten zum Beispiel: »Können Sie problemlos Treppen steigen?«, »Sind Sie in den letzten Monaten gestürzt?«,»Haben sich in letzter Zeit Ihr Sehen und Hören verschlechtert?«, »Fühlen Sie sich oft traurig oder niedergeschlagen?« Und sie sind nach Themen geordnet: Mobilität, Selbstversorgung, unterstützende Systeme und medizinische Gesichtspunkte.
Kostenfreie Ansprechpartner bei Problemen
Über die Fragen können Senioren und ihre Angehörigen herausfinden, ob und bei welchen Punkten es Probleme gibt und wo man Hilfe organisieren kann. Den Themen sind nämlich kostenfreie Ansprechpartner (etwa die Seniorennetzwerke, der Pflegestützpunkt, Stellen zur Angehörigenberatung) zugeordnet, die kontaktiert werden können. Auf diese Weise soll der »individuelle und selbstbestimmte Zugang zum Erhalt der Selbstständigkeit hergestellt werden«, so Cramer-Ebner.
Eine Bevormundung will der Mediziner vermeiden. Scham- oder angstbesetzte Themen (etwa Armut und Einsamkeit) sind enthalten und können – soweit von den älteren Menschen gewünscht – besprochen werden. »Die genannten Ansprechpartner«, so Cramer-Ebner, »sind auch für schwierige Themen kompetent«.
Ein Graswurzelprojekt
Die Fragen hat er aufgrund seiner Erfahrungen als geriatrischer Experte formuliert und angeordnet. Der Mediziner war, wie er sagt, »in so ziemlich allen Formen der geriatrischen Versorgung tätig«, hat geforscht und publiziert. Die Entwicklung und Verbreitung des Bogens bezeichnet er als eine Art »Graswurzelprojekt«, das er unentgeltlich betreibt. Das ist eine Metapher für Initiativen, die in erster Linie von Einzelpersonen ausgehen und von unten her entstehen. »Ich kontaktiere viele Ansprechpartner und biete das Non-Profit-Projekt an«, so Cramer-Ebner. Unter anderem haben Stadt und Landkreis Fürth sowie die Stadt Nürnberg den Senioren-Selbstausfüller aufgegriffen.
Der Fragebogen ist auf www.senioren.nuernberg.de zu finden. Auf der Startseite ist ein Button »Hilfreiches zu verschiedenen Seniorenthemen« – darunter liegt (unter anderem) der Downloadlink. Bei Fragen können sich Interessierte unter der Rufnummer 0911 / 2 31-67 01 informieren.
Nutzen kann den Bogen jeder, der Interesse daran hat und die Versorgung der Senioren verbessern möchte – insbesondere Angehörige, aber auch Apotheken und Pflegedienste.
Text: Alexandra Voigt