
Ich will erst einmal Spaß haben, studieren und dann einen Beruf suchen, mit dem ich gut verdienen kann«, sagt der Jüngere, der Ältere erwidert: »Also ich konnte erst Spaß haben, als ich einen guten Beruf und etwas auf der Hand hatte«. Zwei Generationen, zwei unterschiedliche Ansichten. Meistens treffen sie, wenn überhaupt, innerhalb der Familie aufeinander, außerhalb gibt es weniger Möglichkeiten, etwas übereinander und sogar voneinander zu lernen.
Das wollte der gemeinnützige Verein »Die Kunstbaustelle« in Landsberg am Lech ändern und rief 2021 im Rahmen der Stiftung Wertebündnis Bayern den »Tisch der Generationen« ins Leben. Ideengeber Wolfgang Hauck und einige seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entwickelten das Konzept zwei Jahre lang und organisierten von 2022 bis 2024 Dialogforen in 30 bayerischen Städten. In den mittelfränkischen Orten Lauf an der Pegnitz, Schwabach und Abenberg waren sie schon, ebenso in Neumarkt in der Oberpfalz. Nun kam der »Tisch der Generationen«, der unter anderem mit dem bayerischen Volkshochschulverband kooperiert, kurz vor dem planmäßigen Ende dieser Dialogforen an die Volkshochschule (VHS) Erlangen.
Dort hatte Elisabeth Preuß, zuständig unter anderem für dezentrale Bildung und den Programmbereich »Gesellschaft (Senior*innenbildung)«, 20 Kandidatinnen und Kandidaten vom Teenager-Alter bis zu über 70-Jährigen für die Teilnahme gewinnen können – mehr als erhofft. Mit welchen Erwartungen kamen sie ins Café International der VHS? In dem Punkt zeigt sich große Übereinstimmung: »Mit gar keiner«, sagt die 72-jährige Michaela Kanawin, die viel Erfahrung im Umgang mit Älteren hat. »Diese Generation kenne ich schon, jetzt will ich mal was anderes erfahren«.»Eigentlich kam ich mit keiner Erwartung«, meint auch der 50 Jahre jüngere Nicholas Weddig, VHS-Sachbearbeiter im Bereich Gesundheit und Ernährung. Beide reizte die Möglichkeit des Austauschs – sie wurden nicht enttäuscht. Weddig hätte sich allerdings mehr Zeit gewünscht – drei Stunden waren es immerhin.
Das Ziel der Initiatoren: Heranwachsenden sollte die Möglichkeit geboten werden, so erklärte es Moderator Stefan Glocker von der Kunstbaustelle, mehr über die von einer gewissen Lebenserfahrung geprägten Einstellungen Älterer – etwa im Bereich von Beruf, Bildung und Wertekanon – zu erfahren. Umgekehrt sollen Ältere besser die Herausforderungen und Vorstellungen junger Menschen verstehen lernen – kurz: wie die Jugend »tickt«.
Eine Lehrstelle – das ist doch was
Dafür gab es vier Tische, jeweils generationenübergreifend besetzt. Eine(r) der Teilnehmenden zog das Los der Tisch-Moderation und stand etwas unvorbereitet vor der Schwierigkeit, Gespräche am Laufen zu halten. Es ging um vier Themen: Wohnen, Beruf, positive Erfahrungen und Sorgen oder Ängste. Um auf das eingangs genannte Beispiel zurückzukommen: Es war auch ein junger Mann dabei, der lieber auf Nummer sicher geht: Er habe eine Lehrstelle angeboten bekommen, das sei schon mal eine Grundlage, studieren könne er auch später. Und es gab den älteren Herren, der schnell Karriere machte, aber im Nachhinein bedauert, dass er »damals zu wenig Rücksicht auf die Familie genommen« habe. Ein anderer hielt dagegen: »Wir wurden gar nicht gefragt, was wir werden wollen«.
Insgesamt bestand Einigkeit, dass heute die Möglichkeiten der Berufswahl und der Vereinbarkeit von Beruf und Familie für junge Menschen viel größer sind – und genutzt werden. Und die viel zitierte Generation Z, also die Jahrgänge zwischen 1995 und 2010? Nicholas Weddig rät zu einer differenzierten Betrachtung. Michaela Kanawin sieht jedenfalls das Vorurteil widerlegt, dass junge Leute sich wenig Gedanken über ihre Karriere machen. »Generation Z, das ist ein Schmarrn«.
Beim Thema Wohnen favorisieren, so hörte man es an den Tischen, ganz Junge die WG, mit zunehmendem Alter werden gemeinsame Wohnprojekte mit anderen Familien beliebter – scheitern aber oft am mangelnden Angebot und/oder an entsprechend hohen Mieten. Und Ältere merkten an, Wohngemeinschaften und Mehrgenerationenhäuser seien ja ganz schön, manche aber wollten das Eigenheim nicht aufgeben oder lieber alleine wohnen bleiben.
Was Sorgen und Ängste angeht: Sie sind generationenübergreifend. Kriege, Gefahren für die Demokratie, Klimawandel und eine unsichere wirtschaftliche Zukunft treiben jüngere und ältere Menschen um. Der Künstlichen Intelligenz (KI) sehen vor allem Jüngere mit Skepsis entgegen.
Doch nun wieder zum Positiven, zu den guten Erfahrungen. Da kam quer durch alle Generationen einiges zusammen. »Man kann in fast alle Länder reisen«, war zu hören, »ein Leben als Frau ohne Angst« und »dass wir heute relativ sicher leben«. Die Geborgenheit der Familie hat nach wie vor – auch bei den Jüngeren, die nicht mehr zuhause wohnen – einen hohen Stellenwert, das intakte Sozial- und Gesundheitssystem ebenso. Und so war man sich ziemlich einig, trotz aller Kritik an Verrohung von Sprache und Rechtsruck, in einer »Gemeinschaft mit positiver Grundeinstellung« zu leben.
Was denken nun die Älteren über die Jüngeren und umgekehrt? Michaela Kanawin zitierte einen Dialog an einem der Tische: »Eine Frau sagte, sie sei schon 60 Jahre mit dem gleichen Mann glücklich verheiratet. Das fanden die Jungen ganz toll«. Und die 20- bis 30-Jährigen konnten »mit ihrer Offenheit und Aufgeschlossenheit«, wie es ein Senior ausdrückte, überzeugen.
Text und Foto: Herbert Fuehr
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