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Preiswürdig in der Pflege: Innovation und Hingabe

Gute Beispiele bekannt machen und Menschen würdigen, die sich in der Pflege engagieren: Das ist das Ziel, das die Stadt Nürnberg mit der Vergabe des Nürnberger Pflegepreises verfolgt. Die in diesem Jahr zum zweiten Mal verliehene Auszeichnung ist Teil der Nürnberger Pflegequalitäts­offensive, die Impulse für die langfristige Weiterentwicklung der Pflegequalität setzen will.

Personalmangel, schlechte Arbeitsbedingungen und aktuell auch noch die enormen Herausforderungen durch die Corona-Pandemie – oft stehen negative Aspekte im Vordergrund, wenn es um das Image der Altenpflege geht. Dabei betrachten viele, die dort arbeiten, den Beruf trotz der hohen Belastung als erfüllend. Und sie arbeiten oft sehr engagiert daran, aus den vorhandenen Rahmenbedingungen das Beste herauszuholen und innovative Konzepte zu entwickeln.

Eben dieses Engagement und diese Ideen zu würdigen und publik zu machen, das ist das Ziel des mit insgesamt 15 000 Euro dotierten Pflegepreises. In diesem Jahr hatte Sozialreferentin Elisabeth Ries ausdrücklich dazu aufgerufen, Konzepte einzureichen, die durch die Herausforderungen der Pandemie angestoßen wurden. Und eines dieser Projekte hat es auch auf die Liste der Preisträger geschafft, die von einer Fachjury ausgewählt wurden. Der dritte Preis ging an das städtische Pflegezentrum Sebastianspital, das bereits kurz nach Beginn der Pandemie eine Isolierstation für Pflegebedürftige eingerichtet hat, die positiv auf das Corona-Virus getestet wurden . Bis heute ist sie in Betrieb – und hat etliche andere Einrichtungen mit gravierenden Ausbrüchen entlastet.

Eine Station für alle

»Damals war die Situation ganz schlimm«, erinnert sich die Leiterin des Pflegedienstes, Katrin Jaworek, die das Angebot mit ihrem Team aufgebaut hat. »Und wir wollten mit dieser Station wenigstens ein bisschen gegensteuern.« Zunächst ging es dabei um Patienten aus den eigenen städtischen Häusern, später waren dann auch andere Träger und Krankenhäuser dankbar für die Möglichkeit, Infizierte dort unterzubringen. Bis zu 40 Betten standen in der damals einzigen Einrichtung dieser Art in der Region zur Verfügung. Möglich sei die Versorgung nur gewesen, weil eine niedergelassene Ärztin bereit war, die Patienten auf der Isolierstation zu versorgen, betont Jaworek. Bis heute ist die Medizinerin dort im Einsatz.

Für die Mitarbeiter, die sich allesamt freiwillig für diesen Dienst gemeldet hatten, war die Arbeit belastend. Ausgestattet mit umfangreicher Schutzkleidung, mussten sie viele Senioren in den Tod begleiten und dabei dafür sorgen, dass diese in den letzten Stunden trotz der Isolation noch den Kontakt zu ihren Lieben halten konnten. Die Pflegekräfte waren das Verbindungsglied zu den Angehörigen, Besuche waren nur möglich, wenn ein Patient im Sterben lag. »Doch wir haben auch viele gerettet«, betont Jaworek, die sich sehr über die Auszeichnung freut. »Für uns alle ist das eine riesengroße Anerkennung.«

Der Preis sei »ein toller Weg«, um der Pflege mehr Aufmerksamkeit zu verschaffen, sagt auch Kerstin Mathes, stellvertretende Pflegedienstleitung der Diakoniestation Katzwang. Mit ihrem Team kann sie sich über den zweiten Platz freuen, die Jury würdigt damit die »Implementierung des Expertenstandards ›Beziehungsgestaltung in der Pflege von Menschen mit Demenz‹«. Dahinter verbirgt sich ein Konzept, das Kriterien für den Umgang mit demenzkranken Menschen festlegt und die Einzigartigkeit des Menschen in den Mittelpunkt stellt. Es soll den Beziehungsaufbau in der ambulanten Pflege weiter verbessern. Fester Bestandteil sind Fallbesprechungen im Team.

»Was können wir gemeinsam festlegen und planen, damit der Mensch sich angenommen fühlt?« Diese Frage stehe dabei im Vordergrund, betont Mathes und gibt ein Beispiel: Manche Menschen mit Demenz neigten dazu, sich an den Pflegekräften buchstäblich festzuklammern. Da gelte es, die Ursachen zu ergründen und Lösungen zu finden. Hilfreich könne es sein, die Angehörigen einzubeziehen. Und manchmal bewirke es schon viel, gemeinsam mit dem alten Menschen zu singen und so Anspannungen zu lösen. Besonders herausfordernd ist das, weil die Pflegekräfte einen engen Zeitplan einhalten müssen. Die Expertenstandards helfen dabei, diesen Spagat zu bewältigen. Das gelinge aber nur im Team, so Mathes. »Die Qualität wird von der Leitungsebene geschaffen, aber das wichtigste sind die Mitarbeiter, die man integrieren muss.« Hinter dem Projekt stecke viel persönliches Engagement.

Wie gerne leben Sie?

Ein Projekt des Hospiz-Teams Nürnberg erhielt den ersten Preis. »Wie gerne leben Sie?« »Was wäre, wenn Sie heute Nacht sterben?« Es sind solche existenziellen Fragen, die die an der Hospiz-Akademie ausgebildeten Gesprächsbegleiter ihrem Gegenüber stellen. Kein Wunder, schließlich wollen und sollen sich die Menschen mit professioneller Hilfe mit dem Thema Sterben und Tod auseinandersetzen und ihre eigenen Wünsche und Vorstellungen überdenken. »Behandlung im Voraus planen« heißt das prämierte Projekt des Hospiz-Teams Nürnberg. Eigentlich gehe es dabei um die Umsetzung einer gesetzlichen Regelung, so der Vorsitzende Dirk Münch. Eigens geschulte Gesprächsbegleiter sollen demnach vor allem in Altenheimen die Menschen beraten und ihnen dabei helfen, ihre Wünsche schriftlich festzulegen. Viele seien nämlich mit dem Erstellen einer Patientenverfügung überfordert, so Münch. Oft seien die Verfügungen dann nicht aussagekräftig formuliert, zudem gebe es eine Fülle an verschiedenen Formularen. Das erschwere im Notfall auch Ärzten und Pflegekräften die Orientierung. Ziel des Projektes ist, hier einheitliche Standards zu etablieren.

»Will ich wiederbelebt werden?« »Will ich bei einer schweren Erkrankung noch ins Krankenhaus eingewiesen werden oder möchte ich im Heim sterben?« Solche und viele andere Punkte können die Senioren in den ausführlichen Beratungsgesprächen klären. Der Wille werde sehr intensiv besprochen, betont Münch. Zu dem preisgekrönten Konzept gehört auch die Aufklärung von Hausärzten, Pflegekräften und Angehörigen. Bei Pflichtversicherten trägt die Krankenkasse die Kosten der Beratung.

Die Resonanz sei positiv, sagt Münch. »Meistens sind die Leute unheimlich dankbar dafür.« Manche jüngere Angehörige waren so angetan, dass sie die Beratung auf eigene Kosten buchten. »Viele Menschen regt das zum Nachdenken an.« Der Preis sei, so Münch, eine Bestätigung auf diesem Weg und werde dem Projekt hoffentlich noch mehr Aufmerksamkeit verschaffen.

Text: Silke Roennefahrt/ Foto: Kat Pfeiffer

Zu unserem Foto: Das Hospizteam Nürnberg hilft, sich mit den Themen Sterben und Tod auseinander zu setzen.

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