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Ein Stück Heimat für die Frühschwimmer

Im Westbad sind jeden Tag, bei jedem Wetter Frühschwimmerinnen wie sie unterwegs.

Ursula Uhlig wohnt im Stift Hallerwiese im Nürnberger Stadtteil St. Johannis. Und wenn sie mit ihrem Rollkoffer loszieht, wird sie oft gefragt: »Willst Du verreisen?« Dann antwortet sie: »Ich verreise ins Westbad gleich nebenan.« Die 89-Jährige geht hier im Sommer mehrmals pro Woche früh zum Schwimmen. Die Lufttemperatur beträgt heute, an einem Morgen im Mai, 15 Grad, der Himmel ist grau – nur ab und zu spitzt die Sonne hervor. Unbeirrt von dem kühlen Wetter marschiert die Seniorin auf die Umkleidekabinen neben dem großen Becken zu. Ruckzuck ist sie umgezogen, ohne Zögern gleitet sie in das Wasser. Und los gehts. Rund 600 Meter – das ist ihr Pensum.

Ursula Uhlig war schon immer eine begeisterte Schwimmerin. »Ich habe auch meistens in der Nähe eines Bades gewohnt«, erzählt sie.  Im Schnitt viermal wöchentlich ist sie während der Sommersaison hier, um – meistens ab neun Uhr – ihre Runden zu drehen. »Wenn ich wiedergeboren werde, dann vermutlich als Delfin«, sagt sie und lacht. Das Westbad fühlt sich für sie ein bisschen wie Heimat an. Sie kennt viele Frühschwimmer, man grüßt sich, unterhält sich. »Das ist eine sehr nette Gemeinschaft«, meint die rüstige Seniorin.

Der Plausch ist wichtig

Gisela und Fred haben sich im Bad angefreundet.

Wenn sie nach dem Schwimmen geduscht hat, geht es wieder nach Hause. Reibekuchen mit Apfelmus möchte sie sich dann machen – »als Belohnung«. Noch eine kleine Pause im Liegestuhl oder auf der Wiese? Nein, sie will sich fit halten und mit anderen Gästen ein paar nette Worte wechseln. »Aber eine Sonnenanbeterin bin ich nicht mehr«, sagt Ursula Uhlig und ruft einer weiteren Schwimmerin zu: »Hi Gisela!«

Gisela, die ihren Nachnamen lieber für sich behalten möchte, zieht es seit fast 40 Jahren ins Westbad. Sie ist drahtig und braun gebrannt. Man sieht auf den ersten Blick: Die 78-Jährige hat ihr ganzes Leben lang Sport getrieben. Joggen, Radfahren, Wandern und eben Schwimmen gehören für sie dazu wie Luft zum Atmen. Als sie noch Verkäuferin in einem Lederwarengeschäft war, kam sie in aller Frühe noch vor der Arbeit her. Diese Angewohnheit hat sie als Rentnerin beibehalten. Auch wenn es kalt ist und regnet? »Ja, auch dann! Immer, jeden Tag!«, sagt sie bestimmt. Allerdings wird es jetzt manchmal etwas später.

1000 Meter krault sie zügig durch das Becken. Nach dem sportlichen Teil trinkt sie mit dem gleichaltrigen Fred Rath am Kiosk Kaffee. »Ich mag das Wasser schon, seit ich denken kann. Mit sechs Jahren habe ich das Schwimmen gelernt und habe auch heute noch Spaß daran«, sagt der Senior. Gisela und Fred haben sich angefreundet, sie unternehmen viel gemeinsam und treffen sich zum Beispiel zum Wandern. An manchen Tagen gehen sie auch nur im Westbad spazieren und beobachten die Tiere, die auf dem großen Gelände an der Wiesentalstraße in Nürnberg leben. »Das ist ja wie ein großer Park. Es gibt sogar Feldhasen«, erzählt Rath.

Cappuccino am Morgen oder ein Weizen zur Mittagszeit

Der Bademeister Kai Lehnhoff freut sich über das gute Miteinander in der Anlage. Er kennt die Stammgäste mit Vornamen – gerade auch die älteren, weil sie sehr regelmäßig kommen. Es gebe verschiedene Grüppchen, die ihre Rituale pflegen: einen Cappuccino am Morgen oder ein Weizen zur Mittagszeit zum Beispiel.

Seine Kollegin deutet auf ein kleines, quadratisches Rasenstück, das von einer jungen Eiche beschattet wird: »Diese Wiese haben wir nach Elisabeth benannt. Sie ist 85 Jahre alt und trifft sich an dem schönen Fleckchen mit ihrer Clique älterer Damen.« Gleich nebenan befinden sich die Dauerschließfächer, die die reiferen Semester gerne mieten, um ihre Liegen und Waschsachen zu deponieren. So müssen sie ihr Bade-Equipment nicht jeden Tag wieder herschleppen. »Elisabeth bringt uns oft leckeres Essen mit. Dann gibt es Obatzdn, Nudelsalat oder Pasta mit Bolognese-Soße«, erzählt die Saisonkraft.

Für Matthias Bach, Werkleiter des städtischen Eigenbetriebs NürnbergBad, zu dem auch das Naturgarten- und das Stadionbad gehören, ist es eine Freude zu sehen, dass sich so viele Leute in den städtischen Anlagen treffen und sich fit halten. »Manche stehen schon vor Betriebsbeginn an der Tür und warten auf den Einlass.« Wenige Minuten später sind die Becken voll. Berufstätige ziehen ihre Bahnen, bevor sie zur Arbeit gehen, ältere Menschen starten mit Schwimmen in den Tag – die Stammgäste lassen sich von einem bedeckten Himmel oder kühlen Temperaturen nicht abschrecken. Als NürnbergBad im April einen Termin zum »Eisbaden« angeboten hatte, waren viele mit von der Partie. Nicht alle wären da schon ins Wasser gestiegen. »Aber sie wollten die Mitarbeiter und die anderen Stammgäste treffen, sich unterhalten und sich auf die Saison einstimmen.«  Etliche der älteren Besucher sind erstaunlich agil. Die regelmäßige Bewegung im Wasser tut ihnen gut, das Schwimmen stärkt das Herz-Kreislauf-System, fördert den Muskelaufbau und schont die Gelenke.

Herzliche Freundschaft mit Stammgästen

Das Westbad ist fast wie ein zweites Zuhause.

Für das leibliche Wohl im Westbad sorgen – mit viel Herzlichkeit und persönlichem Zuspruch – Nerman und Mehmet Özel. Sie kennen die meisten Stammgäste seit Jahren. »Als wir hier angefangen haben, waren die Leute noch berufstätig und manche haben Kinder großgezogen. Jetzt sind sie in Rente und kommen immer noch gerne zu uns«, sagen die beiden. Gerade zu den Älteren hat sich eine Freundschaft entwickelt, mit ihnen telefoniert Nerman Özel auch im Winter – oder wenn sie länger nicht vorbeigeschaut haben. »Ich will ja wissen, ob alles in Ordnung ist.« Eine der Kundinnen lädt ihre Clique aus dem Bad auch jeden Sommer zu einer Geburtstagsparty am Kiosk ein. Dann gibt es ein mediterranes Buffet, das die Özels zubereiten – es wird gegessen, gelacht und gefeiert.

Der Rentner Klaus Thaler freut sich zwar auch über nette Gespräche im Bad, er will sich aber vor allem sportlich betätigen, um nicht einzurosten. Auf den Geschmack gekommen ist er, notgedrungen, als er sich vor einiger Zeit bei einem Unfall den Lendenwirbel gebrochen hat und nicht mehr joggen konnte. Seither geht der 82-Jährige mehrmals die Woche ins Fitnessstudio und danach ins Westbad. Er schwimmt »in aller Lockerheit« zehn Bahnen, das sei wunderbar. »Man muss den Kopf anstrengen, Kontakte pflegen und seinen Körper trainieren, statt immer nur vor dem Fernsehen zu sitzen – sonst hat man verloren.«

Text: Alexandra Voigt
Fotos: Claus Felix

Kostenlose Wassergymnastik

Die städtischen Bäder in Nürnberg bieten viel mehr als Schwimmen – wer Lust hat, kann an den unterschiedlichen Standorten bei der kostenlosen Wassergymnastik mitmachen (nicht an Feiertagen und nicht in den Schulferien):

  • Montags und mittwochs: im Nordostbad (9.15 – 9.45 Uhr) und im Südstadtbad (11.15 Uhr – 11.45 Uhr)
  • Dienstags: im Langwasserbad, 8.30 – 9.00 Uhr und im Katzwangbad, (13.30 – 14.00 Uhr)
  • Mittwochs: im Nordostbad (9.15 – 9.45 Uhr) und im Südstadtbad (11.15 Uhr – 11.45 Uhr)
  • Donnerstags: im Langwasserbad (8.30 – 9.00 Uhr)
  • Freitags: im Nordostbad (9.15 – 9.45 Uhr)

Angebote zum Frühschwimmen gibt es (nicht an ­Feiertagen):

  • Südstadtbad: Montag bis Freitag von 6 Uhr bis 8 Uhr
  • Langwasserbad: Montag bis Freitag von 6 Uhr bis 10 Uhr
  • Nordostbad: Montag bis Mittwoch sowie Freitag und Samstag ab 7 Uhr
  • Westbad: Montag bis Freitag ab 7 Uhr

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