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Schulen: Senioren als Streitschlichter gefragt

Es klingt zunächst ein bisschen sperrig: »Seniorpartner in School« (SiS), doch der gemeinnützige Verein, der sich hinter dem Namen verbirgt, verfolgt eine wertvolle Idee. Es geht darum, Kinder und Jugendliche durch Mediation zu einem gewaltfreien Umgang miteinander zu befähigen. Die Mitglieder von SiS – Frauen und Männer vor oder im Ruhestand – trägt der Gedanke, den einer der Aktiven in Worte gefasst hat: »Es gibt nichts Besseres als den Umgang mit jungen Leuten. Auch wenn es um so ernste Themen wie Mobbing, Cybermobbing, Verhaltensstörungen und Gewalt geht.« Im Oktober werden erste Schulungen angeboten, zu denen man sich noch anmelden kann.

Es haben sich in anderen Städten schon erfolgreich Streitschlichter an Schulen ausbilden lassen. Jetzt beginnen weitere Kurse. Foto: SiS

Die Berlinerin Christiane Richter wollte genau da ansetzen, als sie 2001 in der Hauptstadt SiS ins Leben rief. Für die Idee und ihre Umsetzung erhielt Richter 2006 das Bundesverdienstkreuz; seither findet das Konzept bundesweit Verbreitung und erweist sich auch nach 20 Jahren noch als wirkungsvoll. Denn viele Konflikte sind heute noch die selben wie damals. Eine typische Szene, wie sie jeden Tag auf einem Schulhof vorkommt: Zwei Jungs spielen in der Pause, ein dritter möchte mitmachen, wird aber gemobbt. Er reagiert aggressiv und schubst einen der beiden anderen Jungs, beleidigt ihn. Die Pausenaufsicht sieht das, beruhigt erst einmal – und dann? Nichts weiter. Schulalltag.

Was lief aus dem Ruder?

Anders läuft es, wenn an der Schule Seniorpartner tätig sind. Die geschulten Freiwilligen treffen sich mit den Kindern und gehen mit ihnen die Situation noch einmal durch. Gemeinsam überlegen sie, warum denn alles etwas aus dem Ruder gelaufen ist. Die Mediatoren unterstützen mit Verständnis und Empathie, sie helfen, Brücken zu bauen, damit die Kinder ihren Konflikt selbst lösen können. Auch in Bayern sind seit 2011 rund 100 »Seniorpartner« in Aktion – vorwiegend an Grundschulen in München, Augsburg und Deggendorf. Allein im Schuljahr 2018/19 konnten sie 2111 Schülerinnen und Schüler in 958 Mediationen bei der gewaltfreien Lösung eines Konflikts unterstützen.

In Nürnberg und der Region soll es künftig weitergehen, und Verstärkung wird gesucht: Seniorinnen und Senioren, die ehrenamtlich Kinder an Grundschulen bei ihrem »Erwachsen-Werden« unterstützen. Bevor die neuen Mitglieder ihre Aufgabe angehen, werden sie vom Verein kostenlos geschult. Wie es abläuft, fasst Gerhard Travnicek vom Landesverband SiS Bayern kurz zusammen: »Im Prinzip kann jeder Seniorpartner werden, das heißt, eine Mediationsausbildung machen. Sie richtet sich an Menschen in einem Alter ab etwa 50 Jahren. Die Ausbildung mit professionellen Trainern dauert etwa 80 Stunden.«

Ältere haben besseren Zugang zu Grundschulkindern

Warum Senioren? Die Erfahrung hat gezeigt, dass ältere Frauen und Männer oft einen besseren Zugang zu Grundschulkindern haben, vor allem aber bringen sie etwas sehr Wertvolles mit: Sie haben Zeit und verfügen über eine breite Lebenserfahrung. Dabei kommt es nicht darauf an, welchen Beruf man ausgeübt hat. Jeder, dem es Spaß macht mit Kindern zu arbeiten, wird eine Schulmediation erfolgreich gestalten können. Voraussetzung ist vor allem eine fragende und zuhörende empathische Haltung.

Beim Aufbau des Standorts Nürnberg kooperiert SiS mit Grundschulen und führt dort nach erfolgreich absolvierter Ausbildung die Schulmediationen durch. In einer Staffel werden bis zu 16 Schulmediatoren ausgebildet, die anschließend in Tandem-Teams an den Grundschulen in der Regel einen Tag pro Woche vormittags von etwa neun bis 13 Uhr tätig werden. Danach entwickeln sie mit jungen Menschen Wege zur eigenständigen Lösung ihrer Konflikte. Die Schülerinnen und Schüler erleben in den von SiS angebotenen Mediationen, wie gegenseitiges Zuhören und Wertschätzen zur konstruktiven Bewältigung von Konflikten beitragen kann. Die Seniorpartnerinnen und -partner achten und unterstützen die persönlichen Stärken der Jugendlichen. Sie ermutigen sie, selbstverantwortlich zu entscheiden und zu handeln und leisten damit »Hilfe zur Selbsthilfe«.

Text: Karin Jungkunz
Foto: SiS

Information

Für die erste Ausbildung, die im Oktober beginnt, gibt es bereits einige Anmeldungen, es sind aber noch Plätze frei. Eine zweite Staffel wird im Frühjahr folgen. Auch dafür sucht SiS schon jetzt ehrenamtliche Seniorinnen und Senioren aus dem Raum Nürnberg. Termine der ersten Staffel, jeweils von 10 bis 18 Uhr: 17.bis 19. Oktober, 21. bis 23. November, 8. bis 10. Dezember sowie 26. bis 28. Januar 2023. Wer Interesse hat, Seniorpartner zu werden, kann sich melden bei Gerhard Travnicek und Reiner Helm. Telefon 0173 3828248, Email: nuernberg@sis-bayern.de

 

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