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Jeder zweite Stifter ist bereits im Ruhestand

40 Prozent der befragten Stifterinnen und Stifter gehören zu den „High Net-Worth Individuals“, das heißt sie haben mehr als eine Million Euro frei verfügbares Kapitalvermögen. Das gestiftete Vermögen wurde zu 80 Prozent zumindest teilweise von den Stiftenden selbst erwirtschaftet. 54 Prozent haben Geld aus selbstständiger unternehmerischer Tätigkeit eingebracht. Erben stiften seltener. Ergebnisse der Studie „Stifterinnen und Stifter in Deutschland. Engagement – Motive – Ansichten“.
Eine neue Studie gibt interessante Aufschlüsse über Stiftungen. Foto: Stifterverband/Marc Darchinger www.darchinger.com,
Eine neue Studie gibt interessante Aufschlüsse über Stiftungen. Foto: Stifterverband/Marc Darchinger www.darchinger.com,

Fast 53 Prozent aller Stifterinnen und Stifter wollen ihrer Stiftung Geld vererben, 34 Prozent werden schon zu Lebzeiten das Kapital aufstocken.

Prof. Dr. Hans Fleisch, Generalsekretär des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen, Mitte Dezember 2015 auf einer Pressekonferenz in Berlin: „Die in Ausführlichkeit und Aktualität einzigartige Studie füllt eine Wissenslücke. Mit der Befragung von fast 700 Stifterinnen und Stiftern können wir detailliert beschreiben, wer, warum, wofür und wie in Deutschland stiftet. Die Stifterstudie 2015 nimmt zudem die Zukunft der Stiftungen in den Blick. Fast 80 Prozent der Stifter, die zustiften wollen, planen das bestehende Stiftungskapital mindestens zu verdoppeln. Rund 17 Prozent wollen das Kapital gar mehr als verzehnfachen. Damit stehen die Stiftungsvermögen in Deutschland vor einem immensen Wachstumsschub.“ Generalsekretär Hans Fleisch appellierte auch an die Politik, Stifterinnen und Stiftern schnell mehr Flexibilität einzuräumen: „Die Untersuchung hat ergeben, dass Stiftende sich zu 95 Prozent auch nach der Gründung in ihrer eigenen Stiftung engagieren. Dabei sammeln sie wertvolle Erfahrungen, die sie bei der Errichtung noch nicht hatten. Wenn sie diese oder aktuelle Herausforderungen, wie die Flüchtlingskrise, mit einer Änderung in der Stiftungssatzung berücksichtigen wollen, wird das derzeit vom Stiftungsrecht erschwert. Daher sollten Stifterinnen und Stiftern mehr Rechte bekommen. Wir brauchen eine Flexibilisierung des Stiftungsrechts – und das ist besonders dringlich, damit sich noch mehr Stiftungen für Flüchtlinge engagieren können.“

Weiter kommt die Studie zu dem Schluss, dass die Anerkennungskultur für Stiftungen verbessert werden muss. Gleichzeitig sind die Stiftenden selbst gefordert mit ihren Stiftungen stärker in die Öffentlichkeit zu treten – zum Beispiel, um als Vorbild andere zum Stiften zu motivieren. Insbesondere Erben sind unter den Stiftern noch wenig vertreten. Vom demografischen Wandel und einer Erbschaftswelle im kommenden Jahrzehnt kann der Stiftungssektor profitieren, wenn mehr Erbinnen und Erben für das Stiften gewonnen werden. Die Autoren stellten zudem fest, dass neben der klassischen Stiftung flexiblere Formen wie die Treuhandstiftung an Bedeutung gewinnen und der Sektor damit heterogener wird.

Motive und Engagement
Stifterinnen und Stifter in Deutschland sind tatkräftige Idealisten, die aus Verantwortungsbewusstsein heraus stiften (80 Prozent) und der Gesellschaft etwas zurückgeben wollen (69 Prozent). Die meisten Befragten möchten, dass ihre Stiftung unabhängig von Trends agiert und staatliches Handeln ergänzt, aber nicht ersetzt (80 Prozent). Um ihre Stiftungsziele zu erreichen, packen Stifter selbst an. Sie stiften nicht nur Geld, sondern bringen auch Zeit und Erfahrungen ein: 93 Prozent der Befragten sind entweder Mitglied in einem Gremium oder in der Geschäftsführung ihrer Stiftung.

Alter, Geschlecht, Familienstand und Bildung
Das hohe persönliche Engagement erklärt sich auch durch das Alter, in dem Menschen stiften: Neun von zehn Menschen stiften zu Lebzeiten, die meisten in der sogenannten dritten Lebensphase – also kurz vor dem oder im Ruhestand. Jeder zweite befragte Stifter war bei Stiftungsgründung bereits Rentner. Damit hat sich das Alter, in dem Menschen stiften, erhöht. Es sind zwar immer öfter Frauen an Stiftungserrichtungen beteiligt, insgesamt werden aber die meisten Stiftungen von Männern gegründet. Bei knapp der Hälfte der Stiftungserrichtungen der vergangenen 60 Jahre stiftete ein Mann allein oder mit einem anderen Mann, bei weiteren gut 30 Prozent stifteten Männer gemeinsam mit einer Frau. Jede vierte Stiftung wurde ausschließlich von Frauen errichtet. Gut 70 Prozent der befragten Stifterinnen und Stifter sind verheiratet oder leben in fester Partnerschaft. Jeder zweite Stiftende hat keine Kinder und schafft sich mit der Stiftung eine geeignete Erbin. Stifterinnen und Stifter verfügen über ein höheres Bildungsniveau als der Durchschnitt der Bevölkerung in Deutschland: Rund 70 Prozent der Befragten haben mindestens einen Hochschulabschluss.

Studiendesign und Förderer
676 Stifterinnen und Stifter antworteten schriftlich auf die Umfrage und 15 Personen wurden persönlich interviewt. Das Forschungsdesign baut auf der Vorgängerbefragung der Bertelsmann Stiftung aus dem Jahr 2005 auf. Neu ist unter anderem der Fokus auf Treuhandstifter und die Frage, ob Gründer dieser neuen und beliebten Stiftungsform anders stiften. Die Befragungen wurden zwischen September 2014 und Mai 2015 durchgeführt. Die Studie „Stifterinnen und Stifter in Deutschland. Engagement – Motive – Ansichten“ ist mit Unterstützung der Klaus Tschira Stiftung und des Stifterverbandes für die Deutsche Wissenschaft erschienen.

Bibliografische Angaben
Leseberg, Nina / Timmer, Karsten: Stifterinnen und Stifter in Deutschland. Engagement – Motive – Ansichten. Bundesverband Deutscher Stiftungen (Hg.). Berlin 2015. 236 Seiten. ISBN 978-3-941368-78-1. Die Studie ist als gedrucktes Buch (12,90 Euro / 9,90 Euro für Mitglieder) und E-Pub (kostenlos) erschienen.

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