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Der etwas andere Knochenjob

Dr. Haselhuhn. Foto: Michael Matejka
Dr. Haselhuhn. Foto: Michael Matejka

Das hätte sich der Orthopäde Fritz Erler gewiss nicht träumen lassen, dass aus seiner orthopädischen Praxis in Nürnberg einmal ein Fachkrankenhaus entsteht, in dem jährlich rund 10.000 Patienten stationär und 40.000 ambulant versorgt werden. Aber die Erler-Kliniken sind noch nicht ausgewachsen: Jüngstes Kind ist das angegliederte »Reha-Zentrum am Kontumazgarten«.
Allein die Zahl der unfallchirurgisch behandelten Patienten in den Erler-Kliniken hat sich in den letzten 20 Jahren verdoppelt. Die alten und älteren Frauen und Männer aus der Metropolregion haben daran einen erheblichen Anteil: »Über 40 Prozent unserer Patienten in der Unfallchirurgie sind älter als 65«, sagt Dr. Kaus-Dieter Haselhuhn, Ärztlicher Direktor der Erler-Fachkliniken und Chefarzt in der Unfallchirurgie. Ein Viertel davon ist zwischen 75 und 100 Jahre alt, 18 Prozent sind zwischen 65 bis 74, rechnet der 59-jährige Chirurg vor.
Durch Forschung und technischen Fortschritt haben sich die Aussichten verbessert, dass auch ältere und alte Menschen nach einem Unfall oder anderen Ereignissen mit Bruchfolgen ihr selbstbestimmtes Leben weiterführen können – aufgrund erfolgreicher Operationen. Haselhuhn rät aktiven Senioren trotzdem, sich ihrem Alter gemäß zu betätigen. Auch wenn man vom Kopf her meine, vieles noch locker zu schaffen. »Warum nicht beim Bergwandern mit der Bahn abfahren, weil der Abstieg immer gefährlicher ist als der Aufstieg? «, findet der Mediziner. Auch, sich mit Hilfe von zwei Stöcken mehr Trittsicherheit zu verschaffen, sei alles andere als ehrenrührig. Zwar wollten es manche Senioren nicht wahrhaben, aber mit zunehmendem Alter verringere sich die Knochendichte, lasse die Muskel- und Sehnenkraft nach.
Zwar könne man dem durch Bewegung entgegenwirken und die Entwicklung verlangsamen. Dennoch kann es passieren, dass sich der geübte 70-jährigeSkifahrer, die 76-jährige Tennisspielerin bei einem Sturz den Oberschenkel oder Oberarm brechen. Auch Handgelenksbrüche seien typisch für ältere Menschen. Haselhuhn: »Man reagiert nicht mehr so schnell – und schon ist es passiert.«
Patienten, die noch im hohen Alter nach großen Operationen wieder fit werden, kennt Haselhuhn viele. Etwa den über 90-Jährigen, der ein künstliches Hüftgelenk hat und dessen berschenkelbruch operiert werden musste. Auf dem OP-Tisch äußert er seine Befürchtung: dass er nach der Operation nicht mehr radfahren könne. »Aber der Mann konnte wieder fahren«, freut sich mit ihm ediziner Haselhuhn, der indes grundsätzlich einschränkt: »Wir können zwar vielfach helfen, aber zaubern können auch wir nicht.« Es gebe eben auch Fälle, in denen eine Beeinträchtigung der Beweglichkeit
zurückbleibe. Oder solche, die immerhin einen Aufenthalt in einer Kurzzeitpflege notwendig machten, um danach wieder in die eigenen vier Wände zurückkehren zu können.  »Man muss es respektieren, dass 70-, 80-, oder gar 90-Jährige sich die Herstellung ihrer alten Mobilität wünschen«, fin-det Haselhuhn. Deshalb hat er auch keinen Moment gezögert und einem 101-jährigen Mann mit gutem Allgemeinzustand ein neues Hüftgelenk verpasst. Haselhuhn: »Er hat die Operation blendend überstanden. Alles passt bestens. Und wenn er nächstes Jahr mit der anderen Seite komme, hab’ ich ihm gesagt, gibt es auch keine Probleme.«
Günter Dehn

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