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haenning gitteInterview mit Gitte Haenning
sechs+sechzig: Im Vorjahr haben Sie Ihren 66. Geburtstag gefeiert. Das erinnert an Udo Jürgens Lied »Mit 66 Jahren, da fängt das Leben an«. Wie empfinden Sie das, stimmt es?
Gitte Haenning: Das Leben hat viele Epochen. Die Zeit, in der ich mich jetzt befinde, mag ich. Nun ist es so: Ich bin keine Person, die zurückschaut, sondern immer nach vorne oder die Zeit gerade jetzt in ihrer Art genießt. Für mich spielt Alter da keine Rolle.
Wie erleben Sie das Älterwerden, spannend, komisch, beängstigend?
Sehr spannend. Man hat nur den Spaß, den man selber macht. Ein ständiger Wechsel zwischen Träumen und Realität. Ich male immer Bilder in meiner Phantasie. Hinterher versuche ich dann meine Märchengeschichten zu realisieren. Das Leben hat eben schon viele Variationen und Farben, wenn man sie nutzt.
Ihre Songs wurden in den 60-er Jahren für den deutschen Schlagermarkt entdeckt, das Lied »Ich will ’nen Cowboy als Mann« wurde der Hit Nr. 1 in der Bundesrepublik. Gemeinsam mit Rex Gildo bildeten Sie damals das beliebteste Schlager-Duo. Wie erklären Sie sich das?
»Ich will ’nen Cowboy als Mann«, mein erster Hit, war schon damals sehr exotisch für die Deutschen – aus deren Sicht – und für mich als Dänin. Der charmante Rex Gildo war zu dieser Zeit bestimmt für die meisten Deutschen der gewünschte Schwiegersohn und dann war er sogar ein netter Gentleman. Und wer hat schon eine so tolle Erziehung?
Später gingen Sie eigene Wege, drehten Filme, widmeten sich dem Jazz, landeten weiterhin große Erfolge und heimsten viele Preise ein. Welche Lieder haben Ihnen am meisten bedeutet?
Jede Geschichte in einem Lied hat seinen eigenen bedeutenden Ausdruck, der das Leben widerspiegelt.
Der Text eines Ihrer Songs lautet: »Ich habe 30 Jahre gebraucht, um zu sein, wie ich bin«. Würden Sie noch einmal den gleichen Weg gehen?
Ich würde keine Wiederholungen dulden, aber bereuen tue ich nichts. Wenn ich ständig dasselbe Lebensbild malen würde, wäre ich ja längst innerlich tot.
Warum gibt es kaum Lieder speziell für Senioren? Will die keiner hören?
Man muss sich nicht zum Sklaven der Medienkultur machen, sondern selber die Initiative ergreifen und eigene Kulturen entstehen lassen.
Sie traten im Musical »Shakespeare & Rock’n’Roll« auf, in der Berliner Zeltaufführung der Oper »Die Zauberflöte« und als Narr in der Inszenierung »Was ihr wollt« von William Shakespeare bei den Ruhrfestspielen und am Renaissance-Theater Berlin. Waren das angemessene Rollen?
Ich kann mich und konnte mich nie beklagen über zu wenige interessante Angebote in meinem Leben. Shakespeare sagt: »The world is a stage and the stage is the world«, zu deutsch: »Das Leben ist die Bühne und die Bühne ist das Leben« – und diese Palette ist groß.
Musik ist Ihr Leben. Welche Hobbys haben Sie außerdem?
Ich bin Reisende. Ich entdecke immer wieder neue Märchen, auch in fremden Ländern.
In Deutschland haben Sie seit Jahrzehnten eine treue Anhängerschaft. Was verbinden Sie mit dem Auftritt in Nürnberg bei der Messe Inviva?
Die ersten Menschen, für die ich gesungen habe als Kind, waren kranke Jungen und Mädchen und Menschen in Seniorenheimen. Das habe ich nie vergessen und dafür bin ich heute noch dankbar. In Dänemark bin ich Mit-Aktionärin in einem Hochschulprojekt mit den Themen Kunst, Politik und Musik. Wir setzen alles daran, dass ältere Menschen die Möglichkeit in ihrem Leben bekommen, weiterhin zu singen, zu tanzen, zu rocken und mit viel Humor ihre Phantasie weiter spinnen zu lassen. Es hört wirklich nie auf!
Interview: Horst Mayer
Foto: Pressebild

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