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Die Grünphasen von Fußgängerampeln sind zu zu kurz

Sprinten auf dem Zebrastreifen? Das ist Älteren nicht möglich. Foto: epd
Fußgängerampeln werden vielerorts immer kürzer geschaltet – mit dem Effekt, dass sie für große Personengruppen statt Hilfen regelrechte Hürden sind. Besonders die ältere Generation ist betroffen, berichten britische Forscher in der Zeitschrift „Age and Ageing“.
Aktuelle Zahlen liefert ein Team um Laura Asher vom University College London. 0,8 Meter pro Sekunde (2,88 Stundenkilometer) beträgt die durchschnittliche Geschwindigkeit bei Frauen über 65 Jahren, bei Männern 0,9 Meter (3,24 Stundenkilometer). Das ergab die Auswertung einer großen repräsentativen Erhebung bei dieser Altersgruppe, die in britischen Privathaushalten durchgeführt worden ist. Um eine Fußgängerampel zu überqueren, muss man jedoch mit rund 1,2 Meter pro Sekunde (4,32 Stundenkilometer) unterwegs sein – was 85 Prozent der untersuchten Frauen und 76 Prozent Männer nicht mehr schaffen.
Wesentlich spielt hier mit, dass rund neun von zehn Senioren (93 Prozent der Frauen, 84 Prozent der Männer) eine Gehbehinderung aufweisen – allen voran Hochbetagte, Raucher sowie Senioren aus sozial benachteiligten Wohngegenden, mit nachlassender Greifstärke, schlechter Gesundheit oder lange anhaltender Krankheit. „Wer die Straße nicht mehr überqueren kann, meidet sie – was Senioren den Zugang zu Sozialkontakten, Kommunikation, Gesundheitsdiensten, Geschäften und somit auch ihre Mobilität und Unabhängigkeit raubt“, warnt Studienleiterin Asher.
Auch die Wohn- und Mobilitätsforscherin Antje Flade ist davon überzeugt, dass die Grünphasen zu kurz sind – und zwar nicht nur für alte Fußgänger, sondern für alle. „Hauptziel der Verkehrspolitik ist es, den Autoverkehr fließen zu lassen, da man nach wie vor Verkehrsfluss mit Wirtschaftsleistung gleichsetzt. Querende Fußgänger stören dabei, weshalb man die Grünphasen immer mehr verkürzt”, meint Flade. Die Folge: Zu Fuß gehen werde zur Hetzerei, die auch jüngeren Generationen keinen Spaß mehr bereite. Für Ältere bedeute es Angst und Stress, viele blieben nach Möglichkeit zu Hause. Vertreten Politiker erhöhte Fußgängerfreundlichkeit, bleibe dies in der Regel ein Lippenbekenntnis. „Den Fußgängern fehlt eben die Lobby”, klagt die Forscherin.
Konzepte für eine Fußgänger-gerechte Neugestaltung des Verkehrs gibt es längst – Flade ortet die Umsetzungen vor allem in jenen Städten, die auch als „fahrradfreundlich” gelten. „Es geht darum, sich im öffentlichen Raum wohl zu fühlen. Beiträge dazu wären breitere Fußwege, die nicht etwa zugleich auch als Radwege herhalten müssen, längere Grünphasen, ab und zu Bänke zum Niedersetzen und Begrünung durch Bäume oder Blumenampeln, wie man sie etwa aus französischen Kleinstädten kennt”, legt die Expertin dar. Vorteile hätte eine derartige Umgewichtung auch für die Umwelt.
Zum Thema findet man unter http://bit.ly/MQl5Hc auch einen – allerdings englischen – Fachaufsatz.

Eine Antwort

  1. Danke für den sehr informativen Bericht. Am Wissen über die Auswirkungen einer älter werdenden Gesellschaft liegt es nicht. Mehr am Unvermögen von Politik und Verwaltung, sich darauf einzustellen. Häufig steht der autofahrende Mensch im Mittelpunkt, nicht der Fußgänger.

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