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Und fertig ist das Hartz-IV-Möbelstück, das Rebecca Hauser (rechts) und Peter Langhans (zweiter von rechts) als Bufdis produziert haben. Die Vorgabe des sogenannten Berliner Hocker stammt vom Künstler Van Bo Le-Mentzel. Foto: Mile Cindric
Und fertig ist das Hartz-IV-Möbelstück, das Rebecca Hauser (rechts) und Peter Langhans (zweiter von rechts) als Bufdis produziert haben. Die Vorgabe des sogenannten Berliner Hocker stammt vom Künstler Van Bo Le-Mentzel. Foto: Mile Cindric

Rebecca Hauser, 22,  und  Peter Langhans, 67, sind ein gutes Team. Sie haben unterschiedliche Fähigkeiten und Talente, die sich ergänzen. Sie sind sich sympathisch und arbeiten gern Hand in Hand. Ein Idealfall für den Seniorentreff Bleiweiß in Nürnberg, wo die beiden seit September 2013 als sogenannte »Bufdis« tätig sind. Das heißt: Sie engagieren sich freiwillig für ein ganzes Jahr im Bundesfreiwilligendienst (BFD), »gemeinwohlorientiert«, wie es so schön im Amtsdeutsch heißt.
von Brigitte Lemberger
Den dazu erforderlichen Idealismus haben sie mitgebracht und ihren Bufdi-Job nicht bereut. »Das ist was total Schönes«, findet Rebecca Hauser, die nach dem Abitur nicht recht wusste, wohin sie ihr späterer Berufsweg führen sollte. Gerade weil sie so viele verschiedene Interessen hat, brauchte sie eine Weile, um zu entdecken, wo ihre wahren Neigungen und Stärken liegen. Aufgaben der Verwaltung und Organisation findet sie interessant. Und bei der Bewältigung dieser Aufgaben kommt ihr zugute, dass sie in der Arbeit mit dem Computer fit ist.
Genau das ist es, woran Peter Langhans hin und wieder scheitert und wo er gern die Unterstützung seiner jungen Kollegin in Anspruch nimmt. Er hat dafür andere Stärken, die er in vielen Jahren im Dienst der Kirche erworben hat. Es ist der Umgang mit Menschen, den der ehemalige Diakon, der aus persönlichen Gründen sein Amt aufgab, immer wieder vermisste. Eine zeitlich begrenzte Tätigkeit im Bundesfreiwilligendienst, der nicht nur jungen Leuten, sondern auch Älteren offensteht, kam und kommt ihm ideal vor.
Vollzeitjob für ein Taschengeld
Im Seniorentreff Bleiweiß, der seit vielen Jahren ein beliebter Anlaufpunkt für Senioren ist, herrscht ein gutes Betriebsklima, versichern die junge und der alte Bufdi. Das fest angestellte Team weiß die tatkräftige Unterstützung sehr zu schätzen. Norbert Heider, der seit 2012 neben dem »Bleiweiß« auch den Seniorentreff »Heilig Geist« in der Nürnberger Innenstadt in Personalunion leitet, zeigt sich hoch zufrieden mit seinen beiden Bufdi-Helfern und sieht dem Ende ihrer Einsatzzeit mit Bedauern entgegen. »Sie sorgen mit für den reibungslosen Ablauf in unserem Haus«, sagt er. Was im Klartext heißt: Die Räume für Seminare, Kurse und Veranstaltungen müssen je nach Anforderung immer wieder neu bestuhlt werden, Unterlagen bereitgehalten, Heizung und Lüftung angepasst, der Blumenschmuck gepflegt. Die wichtigste Aufgabe ist aber, auf die Wünsche und Anliegen der Besucherinnen und Besucher einzugehen. Rebecca Hauser mag den Umgang mit älteren Menschen, was vielleicht auch an dem guten Verhältnis zu ihren Großeltern liegt. Peter Langhans hat als Diakon unter anderem viel und gern mit Senioren gearbeitet, er bewundert ihre Vitalität. »Früher gab es für die ›Alten‹ vorwiegend Handarbeitskurse oder ein bisschen Gymnastik. Heute befasst sich diese Generation auch mit Sachen wie Neue Medien, unternimmt kunstgeschichtliche Exkursionen oder übt sich in QiGong oder Tai Chi Chuan.« Sogar ein Karate-Kurs werde gut angenommen, ergänzt Rebecca Hauser.
Mit jeweils 39 Wochenstunden ist der Einsatz ein Vollzeit-Job, für den die beiden Bufdis jeweils ein Taschengeld von monatlich 300 Euro erhalten. Die Entlohnung liegt in engen Grenzen im Ermessen des Trägers, sie darf maximal 330 Euro betragen; die Sozialversicherungsbeiträge werden übernommen. Außerdem gibt es 26 Tage bezahlten Urlaub, sowie die Möglichkeit zur Teilnahme an Fortbildungsseminaren. »Eine ziemlich lockere Sache«, meint Rebecca Hauser, die in Bad Staffelstein ein Fortbildungs-Angebot wahrgenommen hat. »Es ist ein bisschen wie Ferien: Blockunterricht, Ausflüge und viel Zeit, sich mit anderen Bufdis auszutauschen.« Peter Langhans hat bei der Hanns-Seidel-Stiftung in Wildbad Kreuth an einem »Forum der älteren Generation« teilgenommen.
»Mehr muss nicht sein«, findet er. »Es soll ja nicht heißen, ›Der ist nie da.‹« Jeden Morgen geht er gern ins »Bleiweiß«, genau wie seine Kollegin. »Man lässt uns hier selbstständig arbeiten und gibt uns das Gefühl, gebraucht zu werden.« Wie zum Beispiel auf der Seniorenmesse »Inviva« im März, wo die beiden städtischen Seniorentreffs Bleiweiß und Heilig Geist die Aktionsbühne bespielten. Hinter den Kulissen kümmerte sich das Team Hauser/Langhans um das Catering, die auftretenden Künstler und Gruppen, die Garderobe und dies und das.
»Bufdi ist ein schönes Gesamtpaket«, fasst Rebecca Hauser ihre Erfahrungen zusammen. Für sie, die im Herbst eine Ausbildung zur Industriekauffrau beginnt, war es nach eigenem Bekunden ein Orientierungsjahr. Sogar in die Projektarbeit hat sie hineingeschnuppert, zum Beispiel den »Berliner Hocker« ins Veranstaltungsprogramm des »Bleiweiß« gehoben. Zusammen mit den Kindern des Familienzentrums bauten die »Bleiweiß«-Senioren unter ihrer Anleitung das »Hartz-IV-Möbelstück« nach den Vorgaben des Künstlers Van Bo Le-Mentzel. Peter Langhans befasste sich am Computer mit der Vorbereitung zu einem geplanten Projekt zum Thema Trauer und brachte hier seine Kompetenzen als Theologe und erfahrener Trauerredner ein. Diese Betätigung als freier Redner bei Beerdigungen, Hochzeiten oder Ehejubiläen wird er voraussichtlich intensivieren, wenn seine Bufdi-Zeit im August endet.
Es gibt auch Mängel im Konzept
Ein paar Kritikpunkte hätten sie schon an dem »mit heißer Nadel gestrickten« Bundesfreiwilligendienst der damaligen Familienministerin Christina Schröder. Die vielen Träger der Einsatzstellen in den sozialen, ökologischen oder kulturellen Bereichen sehen das nicht anders, aber, so der Tenor: »Das sind hoffentlich Anlaufschwierigkeiten.« Vorerst müssen sie sich damit arrangieren, dass der BFD aus Geldgründen einen bundesweiten Einstellungsstopp beschlossen hat. Weil das Programm so populär ist, seien bereits im Frühling mehr als die Hälfte der möglichen Vereinbarungen für 2014 abgeschlossen worden, meldet das Amt. Kommunen und Vereine dürfen erst ab September wieder neue Helfer einstellen, die wiederum nicht älter als 25 Jahre sind. Ausgenommen von der Regelung sind große Träger wie Diakonie oder Caritas.
Rebecca Hauser und Peter Langhans haben also Glück gehabt, dass sie wie gewünscht ihre »Bleiweiß-Bufdi-Monate« absolvieren konnten. Sie haben es nicht bereut.
Der Bundesfreiwilligendienst (BFD)
Der BFD steht generell sowohl jungen und als auch älteren Menschen offen. Das Engagement kann zwischen 6 und 24 Monate lang sein und ist für alle, die älter als 27 Jahre sind, auch in Teilzeit möglich. Das Taschengeld wird frei vereinbart und beträgt maximal 330 Euro. Die Freiwilligen sind gesetzlich sozialversichert. Der Dienst wird durch Seminare ergänzt. Zum letzten erhobenen Zeitpunkt arbeiteten deutschlandweit rund 50.000 Menschen im Bundesfreiwilligendienst. In Bayern waren es 1.883 Frauen und 1.857 Männer, auf die Altersgruppe der über 50-Jährigen entfielen mit 212 Bufdis nur knapp sechs Prozent.

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