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Wenn sich die Bevölkerung so weiter entwickelt, wie es prognostiziert wird, müssen die Städte und Gemeinden mehr Geld für die Versorgung Pflegebedürftiger ausgeben, sagt eine neue Studie der Bertelsmann-Stiftung. Foto: epd
Die Versorgungslücke in der Pflege wird bis zum Jahr 2030 vor allem in den Kommunen für große Herausforderungen sorgen. Während die Zahl der Pflegebedürftigen um rund 50 Prozent zunehmen wird, werden nach heutigen Berechnungen ohne grundlegende Weichenstellungen rund eine halbe Millionen Stellen für Vollzeitkräfte in der Pflege unbesetzt bleiben. Das zeigt der aktuelle Pflegereport der Bertelsmann Stiftung.
Allerdings stellt sich die Situation für die einzelnen Bundesländer und vor allem auf kommunaler Ebene sehr unterschiedlich dar. So weisen die Modellrechnungen für den Stadtstaat Bremen im Zeitraum von 2009 bis 2030 ein Wachstum der Zahl der Pflegebedürftigen von 28 Prozent aus, während die Wachstumsrate für Mecklenburg-Vorpommern mit 56 Prozent annähernd doppelt und für Brandenburg mit 72 Prozent sogar mehr als 2,5-mal so hoch ist. Im Vergleich zum bundesweiten Anstieg der Fallzahlen von durchschnittlich 47 Prozent zeigen sich auch für Berlin (56 Prozent), Bayern (54 Prozent), Schleswig-Holstein (54 Prozent) und Baden-Württemberg (54 Prozent) erhebliche Steigerungsraten. Auf der kommunalen Ebene sind die Unterschiede sogar noch ausgeprägter: Hier reichen die Steigerungsraten von knapp 14 Prozent (Landkreis Goslar) bis zu mehr als 100 Prozent (Landkreis München, Landkreis Oberhavel), wobei die Dynamik fast ausschließlich von der Altersstruktur in der jeweiligen Kommune abhängt.
Dabei werden die unterschiedlichen Versorgungsformen in den Vordergrund gerückt. Es wird dargelegt, wie sich die Verteilung dieser Versorgungsformen, also stationäre Pflege, ambulante Pflege oder Angehörigenpflege, in Zukunft unter verschiedenen Annahmen entwickeln wird und welche Auswirkungen dies für die Personalsituation in Pflegeeinrichtungen hat. Unter www.wegweiser-kommune.de stehen Informationen darüber zur Verfügung, wie es um die Pflegesituation in jedem Kreis beziehungsweise jeder kreisfreien Stadt bestellt ist.
„Der drohende Pflegenotstand ist längst bekannt; die Reaktionen reichen jedoch von schlichter Panikmache bis hin zur Vogel-Strauß-Haltung. Wir wollen weder das eine noch das andere, sondern mit dem Pflegereport Bevölkerung und Politik auf die vor uns liegende Wegstrecke für eine nachhaltige und sozial gerechte Bewältigung der künftigen Pflegebedarfe vorbereiten“, sagte Brigitte Mohn, Vorstandsmitglied der Bertelsmann Stiftung, bei der Vorstellung des Pflegereports in Berlin. Zukünftig werden die notwendigen Leistungen in der Pflege von professionellen Kräften allein nicht zu erbringen sein. Daher ist es notwendig, bei der Verwirklichung bedarfsgerechter Pflegekonzepte auf die Vernetzung aller verantwortlichen Personen und Institutionen zu achten, von der Stadtplanung über Wohnungsbaugesellschaften, Pflegekassen bis hin zu Leistungsanbietern.
„Den Grundsätzen ‚Rehabilitation vor Pflege‘ und ‚ambulant vor stationär‘ muss auf allen Ebenen Geltung verschafft werden. Wir brauchen darüber hinaus eine Mobilisierung der Zivilgesellschaft, um die Chancen des längeren und gesünderen Lebens für die Bewältigung der demographischen Risiken zu nutzen“, so Mohn weiter. „Darum wollen wir Entscheidungsträger auf Bundes-, Landes-, aber vor allem auf kommunaler Ebene ermutigen, den Kopf auch bei düsteren Prognosen nicht in den Sand zu stecken, sondern die Zeit bis 2030 zu nutzen, um dem Pflegenotstand in der eigenen Region zu begegnen.“ Den Kommunen kommt hierbei eine maßgebliche Rolle für die Prozess- und Angebotskoordinierung zu. Unabdingbare Voraussetzung ist daher eine Umsteuerung und Bündelung der entsprechenden Finanzquellen, um es den Kommunen zu ermöglichen, eine entsprechende Unterstützungs- und Vernetzungsstruktur aufzubauen und dauerhaft zu unterhalten.
Datengrundlage
Auf Basis der Bevölkerungsvorausberechnung bis zum Jahr 2030 des „Wegweiser Kommune“ der Bertelsmann Stiftung sowie der Pflegestatistik aus dem Erhebungsjahr 2009 auf Ebene der Landkreise und kreisfreien Städte des Statistischen Bundesamtes führte Prof. Dr. Heinz Rothgang von der Universität Bremen im Auftrag der Bertelsmann Stiftung Vorausberechnungen zur Situation der Pflegebedürftigen bis zum Jahr 2030 durch. Damit werden erstmals für Deutschland entsprechend kleinräumige Vorausberechnungen zur Zahl der Pflegebedürftigen und zur Inanspruchnahme von Pflegeeinrichtungen sowie zu den vorhersehbaren Versorgungslücken vorgestellt.

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