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Kekse für das Internet

Die einen kochen, um etwas zu Schmackhaftes auf den Tisch zu bekommen. Die anderen, um ihren Freunden per Internet zu zeigen, was sie können. Foto: epd
Das, was Sie hier lesen, sind Buchstaben. Rein optisch sind sie wenig attraktiv. Einfarbig, eintönig, gerade mal 59 Zeichen (inklusive Umlaute und »ß«), nur unterschiedlich angeordnet, das kann einen schon anöden.
Deswegen musste das wohl kommen: Pinterest. Da geht es um Bilder. Die sagen bekanntlich mehr als tausend Worte und sind auch meist schöner, bunter, abwechslungsreicher. Aus diesem Grund hängen wir wohl auch keine Buchstaben-Kombinationen an die Wand.
Pinterest setzt sich aus den Worten »Pin« und »Interest« zusammen. Man pinnt da also vermeintlich Interessantes auf seine Seite und andere können das dann angucken, gut finden und weiterverteilen.
Natürlich habe ich mich auch angemeldet. Pinterest ist nämlich hip (angesagt). Doch obwohl ich seitdem meine Kamera immer im Anschlag halte, ist mir noch nichts Verbreitungswürdiges untergekommen. Außer dem Männerklo der Gaststätte »Wurm«, wo es zum Zwecke der Urintrennung Pissbecken gibt, über denen »Limo«, »Bier«, »Wein« oder »Schnaps« steht. Ich würde übrigens noch eines für Spargelesser hinhängen, aus olfaktorischen Gründen. Aber so ein Vorschlag überfordert die Pinterester offenbar – wahrscheinlich schon wegen der Textmenge. Deswegen habe ich auch keine Reaktion darauf bekommen.
Pinterester ist allerdings der falsche Begriff. Es muss eigentlich Pinterestinnen heißen, handelt es sich bei den Nutzern doch hauptsächlich um Frauen. Gut, Präsident Barack Obama ist auch bei Pinterest – genau wie seine Frau Michelle. Aber der will halt nicht bloß von Männern gewählt werden. Also stellt er hin und wieder Bilder ein. Von seiner Frau, von seinen Töchtern, aber auch von Keksen. Ich weiß nicht, ob es daran liegt, dass er Kekse besonders gerne mag oder ob er meint, bei Pinterest müsse man Essensbilder einstellen.
Das machen nämlich viele. Manche scheinen überhaupt nur zu kochen, um Fotos auf Pinterest hochladen zu können. Nach dem Fotoshooting schmeißen sie das – ohnehin kalt gewordene – Essen weg. Wie ich darauf komme? Bei Pinterest gibt es neben Essen viel Haut und Knochen zu sehen. Da ist ein regelrechter Wettbewerb ausgebrochen, wer dünner ist, bei wem man die Rippen oder die Wadenknochen deutlicher erkennt. Je dürrer desto pinteressanter.
Nein, meins ist das nicht. Und nicht bloß, weil ich keine Frau bin. Ich koche nämlich, um zu essen.
Aber ein bisschen ärgern sollte ich die Pinterestinnen vielleicht doch. Ich weiß auch schon, was auf meinem Bild drauf sein wird: kalte Buchstabensuppe!
Peter Viebig

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