Was haben Howard Carpendale, Jürgen Drews und Juliane Werding gemein? Sie alle haben große Erfolge gefeiert mit amerikanischen oder internationalen Hits, die sie in deutscher Sprache gesungen haben. In den 70-er Jahren war es eben noch längst nicht selbstverständlich, dass große Teile der Bevölkerung Englisch sprechen. Und selbst wer die Fremdsprache in der Schule hatte, tat sich oft schwer zu verstehen, was da gesungen wurde. Man konnte schließlich noch nicht nach den Lyrics googeln, sondern musste die Nadel vom Plattenspieler zurücksetzen oder am Kassettenrecorder das Band zurückspulen, um die schwer verständliche Textstelle wieder und wieder zu hören. Das war bei eingedeutschten Songs wie »Santa Maria« (Roland Kaiser), »Tanze Samba mit mir« (Tony Holiday), »Tür an Tür mit Alice« (Howard Carpendale) oder »Am Tag, als Conny Kramer starb« (Juliane Werding) nicht nötig.
Manchmal kennen wir von berühmten Schlagern gar nicht die Vorlage. Oder wussten Sie, dass Tony Marshalls »Schöne Maid« auf dem neuseeländischen Volkslied »Nau haka tarang« der Maori beruht? Oder dass es von Peter Alexanders »Kleinen Kneipe in unserer Straße« auch eine holländische Version von Vader Abraham gibt?
»Ein Bett im Kornfeld« (1976) von Jürgen Drews gehört zu den Titeln, dessen Original-Version »Let Your Love Flow« von The Bellamy Brothers noch geläufig sind. Der amerikanische Titel stand in Deutschland fünf Wochen an der Spitze der Single-Charts. Jürgen Drews löste ihn mit seinem Kornfeld direkt ab und hielt sich sechs Wochen an der Spitze. Der Komiker Fips Asmusen versuchte auf die Erfolgswelle mit »Ein Korn im Bettfeld« ebenso mitzuschwimmen wie Mike Krüger (Blödelbarde!) mit »Wenn die nach vorn fällt«.
Es gibt freilich auch den umgekehrten Fall, dass internationale Stars ihre Texte in einer anderen Sprache interpretierten, um auf dem ausländischen Markt Fuß zu fassen. Die schwedische Band ABBA etwa übersetzte viele Titel auf Spanisch, was ihnen große Erfolge in Südamerika einbrachte. Auch fürs deutsche Publikum sangen sie. Oder vielleicht müsste man eher sagen, dass sie etwas sangen, was so etwas Ähnliches wie Deutsch sein sollte. So lautete der Refrain von »Ring Ring«: »Auch bei mir reißt mal der Draht, häng dich an den Apparat, oh, ring, ring, telefonier, es ist frei.« Niemand spricht so, aber dafür ist es ja auch ein Schlager.
Georg Klietz




