Es klingt zu schön, um wahr zu sein: Man kann in seinem Eigenheim oder seiner Eigentumswohnung weiter wohnen und mit ihr dennoch schnell an Geld kommen – etwa, um die Rente aufzubessern, sich eine Weltreise zu leisten oder um das Heim sanieren und (seniorengerecht) umbauen zu können. Teilverkauf, Umkehrhypothek oder Leibrente heißen die Zauberworte, die bei genauerer Betrachtung jedoch einiges von ihrem Zauber einbüßen.
Aktuell wird der Teilverkauf der eigenen Immobilie in der Zielgruppe der Personen im Alter 50 plus von etlichen Finanzunternehmen beworben. Beim Teilverkauf veräußert der Eigentümer einen Anteil – maximal 50 Prozent – an einen Käufer, der dadurch Miteigentümer wird und das Recht erhält, die Immobilie später zu verkaufen. Der bisher alleinige Eigentümer erhält einen Kaufpreis, der sich am aktuellen Verkehrswert orientiert, und den Nießbrauch – also das Wohnrecht. Er muss jedoch ein monatliches Nutzungsentgelt zu einem bestimmten Prozentsatz (aktuell etwa 5 bis 7 Prozent) des Kaufpreises bezahlen. Für Eigentümer, die keine Erben haben oder nur solche, die keine Immobilie übernehmen wollen, ein scheinbar reizvolles Angebot.
Doch was bei der Betrachtung eines solchen Angebots nicht außer Acht gelassen werden sollte, erklärt eine übersichtliche Broschüre des Nürnberger Stadtseniorenrats zum Thema »Teilverkauf von Immobilien«. Auch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) und die Verbraucherzentrale haben dazu Erläuterungen mit Beispielrechnungen auf ihren Webportalen. Übereinstimmend weisen sie auf die Risiken dieses noch jungen Finanzprodukts hin, zu dem bislang noch wenige Erfahrungen vorliegen.
Beim Teilverkauf gibt es viel zu beachten
Zum einen hat der Verkäufer zusätzlich zum Nutzungsentgelt in der Regel auch – anders als ein Mieter – sämtliche Instandhaltungs- und Sanierungskosten zu tragen. Das kann je nach verkauftem Anteil eine kostenintensive Dachreparatur oder eine vom Gesetzgeber verfügte energetische Sanierung sein. Außerdem trägt er – oder Erbende seines Immobilienanteils – beim späteren Gesamtverkauf die Nebenkosten sowie die Gebühren etwa für Notar und Umschreibung im Grundbuch. Nutzen der Verkäufer oder seine Erben das Rückkaufsrecht, müssen sie dem Teilkaufunternehmen mindestens den Teilkaufpreis »plus x« bezahlen, was vor allem bei einem gestiegenen Verkaufswert der Immobilie erheblich sein kann. Gegen einen Wertverlust sichern sich die meisten Teilkäufer mit hohen Garantiesummen ab.
Auch kann das Nutzungsentgelt nach Ablauf der Festschreibungsfrist deutlich steigen, wenn es sich etwa flexibel am Hypothekenzins oder an der Inflationsrate orientiert. Norbert Schammann vom Arbeitskreis Wohnen des Nürnberger Stadtseniorenrats warnt: »Bin ich bei einem niedrigen Zins eingestiegen und habe nach zehn Jahren plötzlich eine Verdreifachung, kann es schwierig werden. Das Geld, das ich bekommen habe, wird ja nicht mehr.« Kann der Verkäufer die Nutzungsgebühr nicht bezahlen, ist dies ein Vertragsbruch. Das Unternehmen kann die Immobilie verkaufen und der ursprüngliche Eigentümer muss ausziehen. Nicht geschützt ist der Verkäufer auch bei der Insolvenz des Teilkäufers, bei der eine Zwangsversteigerung drohen kann. Das lebenslange Wohnrecht des Verkäufers sollte daher an erster Rangstelle im Grundbuch eingetragen sein.
»Die Anbieter suggerieren, dass sie sich um alles kümmern und dass die Verkäufer viel Geld für ihr Haus bekommen«, hat Norbert Schammann beobachtet. »Aber für ein älteres Haus, das nicht den neuen Energiestandards entspricht, wird es nicht viel geben.« Vertraglich sei alles frei vereinbar, da müsse man ganz genau aufpassen. »Ältere Leute sind da etwas leichter über den Tisch zu ziehen«, meint Schammann. »Sie sollten sich unbedingt von unabhängigen Fachleuten beraten lassen.«
Angebote in Ruhe vergleichen
Die BaFin rät, sich keinesfalls drängen zu lassen. Man solle Angebote vergleichen und gut durchrechnen. Die Bundesanstalt prüft aktuell bei einzelnen Unternehmen, ob es sich bei ihrem Immobilien-Teilverkaufsangebot um ein erlaubnispflichtiges Kreditgeschäft handelt. Je nach den Ergebnissen und den daraus folgenden Vorgaben könnte sich das Geschäftsmodell für den ein oder anderen Anbieter als unrentabel erweisen. Alternativ sollten Eigentümer einen Immobilienkomplettverkauf erwägen oder auch ein Hypothekendarlehen, für das einige Kreditgeber älteren Menschen niedrige Raten anbieten. Dass ein Darlehen erheblich günstiger sein kann, darauf weist auch die Verbraucherzentrale hin. Außerdem behält der Kreditnehmer in diesem Fall das volle Eigentum mit der Chance auf Wertsteigerung – allerdings auch mit dem Risiko von Wertverlusten. Da wäre dann der Vollverkauf die bessere Alternative.
Bei der so genannten Umkehrhypothek erhalten die Eigentümer einen Kredit, bei dem im Idealfall zu Lebzeiten keine Zins- oder Tilgungszahlungen anfallen. Rente beziehungsweise Einmalzahlung, Zinssatz und Laufzeit sind festgelegt, ein Verkauf der Immobilie ist möglich, und aus dem Erlös wird dann das Darlehen getilgt. Dieser Kreditvertrag ist jedoch relativ teuer, stellt die Verbraucherzentrale fest. Ist er zeitlich befristet, stelle sich die Frage nach der Situation der Eigentümer nach Ablauf der Vertragszeit. Bei einer Vereinbarung bis Lebensende würde sich die Bank wohl gegen das Risiko eines langen Lebens rückversichern. Problematisch außerdem: Die Immobilie könnte nicht mehr anderweitig als Sicherheit verwendet werden. Erben würden eine Immobilie mit Schulden erhalten und müssten das Objekt verkaufen, falls sie den Kredit nicht ablösen könnten.
Entscheiden sich Immobilieneigentümer für eine Leibrente, kommt es zum Verkauf, bei dem das mietfreie Wohnrecht des bisherigen Eigentümers bis ans Lebensende in das Grundbuch eingetragen wird. Wählen kann man zwischen einer einmaligen oder einer monatlichen Zahlung, auch eine Kombination ist möglich. Der Anbieter übernimmt die Instandhaltungskosten und zahlt bei entsprechender Vereinbarung die Leibrente weiter, wenn der Verkäufer etwa in eine stationäre Pflege umzieht.
Hier sind Experten gefragt
Auch die Umkehrhypothek oder die Leibrente sollte man gründlich prüfen, so die Verbraucherzentrale. Schlecht wäre, wenn damit zwar ein akuter finanzieller Engpass überwunden, aber ein eventuell später nötiger Verkauf durch eine teure Umkehrhypothek belastet wäre oder einem das Objekt bei Leibrente gar nicht mehr gehört.
Was sich für wen eignet, lässt sich nur nach Betrachtung der individuellen Situation entscheiden. In jedem Fall ist das Einholen von unabhängigem Expertenwissen und eine Vertragsprüfung durch eine Anwältin oder einen Anwalt angeraten. Wer die geschilderten Finanzmodelle in Erwägung zieht, findet bei der Stiftung Warentest zudem einen Immobilienrentenvergleich, veröffentlicht in der Zeitschrift »Finanztest« vom Dezember 2022. Aktuelle Informationen sind auf dem Onlineportal immorente.de der WIR WohnImmobilienRente GmbH, einem nach eigenen Angaben bankenunabhängigen Anbieter, sowie dem gemeinnützigen Immobilienportal IMMO.info zugänglich.
Wozu würde Norbert Schammann nun raten, wenn Eigentümer insbesondere ohne Erben mit ihrer Immobilie die Rente aufbessern möchten? »Ich kann das Haus verkaufen und auf Lebenszeit mieten. Dann habe ich alle Rechte des Mieters, habe keinen Ärger mit Renovierungen und: Ich kann kündigen und ausziehen, etwa in ein Senioren- oder Pflegeheim.« Wer seine Immobilie behalten wolle, könne auch eine Hypothek aufnehmen. »Einen Kredit mit Grundschuld aufzunehmen, also das Haus als Sicherheit zu geben, halte ich für eine vernünftige Lösung.«
Text: Alexandra Foghammar
Foto: photocase.de – complize
Die Broschüre liegt aus im Nürnberger Seniorenamt, Hans-Sachs-Platz 2, 90403 Nürnberg.