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Wie sieht es in Zukunft im öffentlichen Raum aus?

„Smarte Objekte“ – also vereinfacht gesagt Objekte, die sich an spezielle Bedürfnisse anpassen – sollen künftig mehr Lebensqualität im Alter bieten. Durch sie soll Senioren eine selbstbestimmte Mobilität ermöglicht werden. Wie die „Mensch-Technik-Interaktion“ in der Stadtplanung funktioniert, erforscht jetzt die Universität Hohenheim.
Sind solche Bänke bald Schnee von gestern? Die Universität Hohenheim forscht gerade zu “smarten Objekten” – zum Beispiel zu Bänken, die ihre Sitzhöhe verändern können. Foto: epd/Jens Schulze

„Smarte Objekte“ – also vereinfacht gesagt Objekte, die sich an spezielle Bedürfnisse anpassen – sollen künftig mehr Lebensqualität im Alter bieten. Durch sie soll Senioren eine selbstbestimmte Mobilität ermöglicht werden. Wie die „Mensch-Technik-Interaktion“ in der Stadtplanung funktioniert, erforscht jetzt die Universität Hohenheim.

Straßenlampen passen ihre Helligkeit an, Bänke verändern ihre Sitzhöhe und -neigung, Hinweisschilder informieren die Passanten bedarfsgerecht – smarte städtebauliche Objekte bieten viel Komfort. Für ältere Menschen kann diese Vernetzung von Mensch und Technik entscheidend zur Mobilität beitragen. Sie unterstützt Senioren dabei, sich sicher in der Stadt zu bewegen. Unter Federführung der Universität Hohenheim in Stuttgart erprobt ein Forscherteam diese Möglichkeiten derzeit in Mönchengladbach in der Praxis. Das Verbundprojekt UrbanLife+ hat ein Fördervolumen von 4,8 Millionen Euro, wovon über 1,5 Millionen Euro aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) auf die Universität Hohenheim entfallen. Damit zählt es zu den Schwergewichten der Forschung an der Universität Hohenheim.

Mal eben den nächsten Bus schnappen oder im Dunkeln zu Fuß unterwegs sein: Was für die meisten jüngeren Menschen kein Thema ist, kann für ältere zum echten Problem werden. Altersbedingte Einschränkungen physischer und psychischer Art können Senioren zum Rückzug in die eigenen vier Wände zwingen. Abhilfe versprechen smarte städtebauliche Objekte.

„Objekte im öffentlichen Raum, also zum Beispiel Bänke, Straßenlampen oder Hinweisschilder, werden smart, indem wir sie mit IT ausstatten“, erklärt Projektleiter Prof. Dr. Stefan Kirn vom Fachgebiet Wirtschaftsinformatik 2 an der Universität Hohenheim das Grundprinzip. „Die Objekte sind miteinander vernetzt, die Menschen interagieren mit ihnen – und erhalten so technische Unterstützung bei ihrem Weg durch die Stadt.“

Die Möglichkeiten dazu loten die Forscher zurzeit im Projekt UrbanLife+ aus, in dem sich Wirtschaftsinformatik, Informatik, Gesundheits- und Pflegewissenschaften und Stadtplanung zusammengeschlossen haben. Alle Praxiserprobungen finden in Mönchengladbach statt und werden von der Sozial-Holding der Stadt Mönchengladbach, einem kommunalen Dienstleister in der Altenhilfe, koordiniert. Neben dem Beratungsunternehmen Drees & Sommer, der Universität Leipzig und der Universität der Bundeswehr München sind mehrere Umsetzungspartner aus Mönchengladbach beteiligt.

Um die Mobilitätsbedürfnisse der Zielgruppe besser zu verstehen, hat die Sozial-Holding kürzlich eine Befragung von Senioren in zwei ausgewählten Stadtteilen durchgeführt. „Wir fragen unter anderem nach Einstellungen zu IT und deren Nutzung“, berichtet Projektkoordinator Dr. Jörg Leukel von der Universität Hohenheim. „So wollen wir mehr über die Menschen erfahren, um die Technologieentwicklung auf ihre Bedürfnisse auszurichten.“

Eine solche Technologie könnte zum Beispiel eine Wegbeleuchtung sein, die sich dem Sehvermögen der Passanten anpasst. „Die Wege werden dort, wo jemand geht, heller beleuchtet. Ausgelöst etwa durch ein Armband mit einem Chip“, beschreibt Dr. Leukel. Das Projektteam will die Technik auf dem Gelände eines Altenheims testen, das derzeit im Bau und im August bezugsfertig ist.

Ebenfalls ein Problem: „Ältere Menschen müssen öfter Pause machen. Nach einer Faustregel sollte im Umkreis von 800 Metern immer eine Sitzgelegenheit erreichbar sein“, erklärt Doktorand Marvin Hubl. Doch Bank sei nicht gleich Bank: „Für Senioren sollte die Bank eine höhere Sitzfläche haben und das Hinsetzen bzw. Aufstehen unterstützen.“ Die Lösung könnte eine adaptive Bank darstellen, die sich auf ein elektronisches Signal hin anpasst.

Auch Busfahren stellt oft ein Hindernis dar. Nicht jeder Bus ist auf die von Senioren genutzten Hilfsmittel eingestellt. „Ein Lösungsansatz ist, Busfahrer vorab darüber zu informieren, ob und wie viele Senioren zum Beispiel mit Rollstuhl oder Rollator an der nächsten Bushaltestelle warten. Dann kann der Fahrer sich darauf einstellen und das länger dauernde Einsteigen ermöglichen“, legt Dr. Leukel dar.

Für die praktische Umsetzung dieser Ideen plant das Projektteam Felduntersuchungen, und Probanden testen die Möglichkeiten anschließend aus. Ein Mobilitätstraining mit Senioren hat das Projektteam bereits durchgeführt, um die Schwierigkeiten und Bedürfnisse zu analysieren.

Wichtig bei allen Ideen sind dem Projektteam die Benutzerfreundlichkeit und die Akzeptanz durch die Senioren. „Das ermitteln wir über Befragungen und Beobachtungen“, erklärt Doktorandin Barbara Schehl. Und die Forscher betrachten ganze Szenarien – etwa den Weg vom Altenheim über die Bushaltestelle bis zum Arzt: „Was gibt es auf diesem Weg für individuelle Bedürfnisse und Barrieren? Gibt es genügend Sitzbänke, sind die Haltestellen gut ausgestattet?“

Ziel dieser Betrachtungen ist ein sogenannter Safety-Atlas, den federführend der Projektpartner Drees & Sommer entwickelt. „Dieser Atlas enthält nicht nur smarte, sondern alle relevanten, städtebaulichen Objekte. Bänke und Haltestellen, aber auch zum Beispiel Bordsteine, Fahrradwege, den Wegbelag und die Neigung der Wege“, zeigt Schehl auf.

„Die Frage ist zum Beispiel, in welchem Umkreis man sich mit Gehstock oder Rollator, Rollstuhl oder E-Scooter jeweils bewegen kann.“ Die Informationen seien ein wertvolles Instrument für die Stadtplanung, betont Hubl. „Sie helfen bei künftigen Planungen und zeigen auf, wo gezielt nachgebessert werden muss, damit ältere Menschen auch künftig am öffentlichen Leben teilhaben können.“

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