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Ausstellung "Dialog mit der Zeit". Foto: epd
Ausstellung “Dialog mit der Zeit”. Foto: epd

Klar war es den meisten von uns: Die Bundesrepublik wird schnell älter. Zuwenige Kinder, viele Ältere. Oder in den Worten der Bundesregierung in ihrer Demografiestrategie: „Jeder vierte in Deutschland ist heute bereits über 60 Jahre alt. Bis 2050 wird der Anteil der über 65-Jährigen an der Gesamtbevölkerung auf ein Drittel steigen“. Spielt man an der Grafik, die diesen Worten ist und verschiebt den Zeiger von heute auf das Jahr 2060, wird schnell deutlich, wie sich die Gesellschaft im oberen Drittel einen „Bauch“ ansetzt. Das schlanke grafische Bäumchen der 50er Jahre ist dahin. Aber: Dem hält die Bundesregierung entgegen, dass „die längeren Lebensspannen die Biografien der einzelnen Menschen auf neue Weise prägen. Entscheidend ist: Für die meisten Menschen geht es um gewonnene Jahre für ein erfülltes Leben“. Ihr Slogan: Jedes Alter zählt.

Wirklich? Der Bericht der EU-Kommission, am 12.5. veröffentlicht, könnte einem zu anderen Schlüssen kommen lassen. Die Last der alternden Gesellschaft werden, so der Tenor der Studie, die Steuer- und Beitragszahler zahlen. Die Welt zitiert in ihrem Bericht Zahlen: Danach steigen die Ausgaben für Renten, Gesundheit und Pflege von 19,0 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) im Jahr 2013 auf 23,8 Prozent im Jahr 2060. Dies stelle, so die Welt weiter einen dreistelligen Milliardenbetrag dar. Der summiere sich dann auf die in der Überschrift zitierten 479 Mrd. Euro. Wenn alles gut, orakelt die Welt. Was heißt, es bleibt beim Wachstum der Wirtschaft und es gibt keine weiteren Gesetze im Sozialbereich, die viel Geld kosten.

Da stellt sich ohne Umschweife die Frage, fährt die Bundesregierung angesichts dieser Zahlen den richtigen Kurs. Die Rente mit 67 wird in dem EU-Bericht als ein richtiger Schritt angesehen. Kritiker meinen aber, die Bundesregierung konterkariere diesen mit den Ausnahmen, z. B. der Rente mit 63 nach 45 Beitragsjahren. Weiter geht da der (im Zweifelsfall wohl eher neoliberal einzustufende) Ökonom, Bernd Raffelhüschen von der Uni Freiburg, in einem Interview mit dem Deutschlandradio vom 15.5. Er konstatiert, dass es in der BRD geburtenstarke Jahrgänge gab, die faktisch die Kinderzahl halbiert hätten. Dies führe dazu, dass man immer mehr Leistung von immer weniger wolle, was rein mathematisch nicht gut gehen könne.

Allerdings sei dies überall in Europa so und das Problem, die Bundesrepublik habe sei dann erledigt, wenn die geburtenstarken Jahrgänge nicht mehr leben würden. Insofern wäre das Problem mit den vielen Nullen ein „Übergangsproblem“. Aber eins, das es in sich habe. Vor allem, weil die Bundesregierung falsch agiere. Am Beispiel der Pflegeversicherung führt Raffelhüschen aus, dass früher die armen RentnerInnen unterstützt wurden. Mit der Pflegeversicherung aber jetzt alle BürgerInnen. Die Pflegeversicherung stelle sich deshalb für ihn als ein „groß angelegtes Erbschaftsbewahrungsprogramm für den deutschen Mittelstand“.

Raffelhüschen fordert deshalb auf, die Situation von Familien zu (steuerlich) schnell und nachhaltig zu verbessern, denn hier würden die künftigen Steuerzahler und KonsumentInnen geboren. Außerdem plädiert er für die Heraufsetzung der Renteneintrittsgrenze auf 69 Jahre.

Gut gebrüllt, möchte man sagen, aber ist das nicht wieder nur ein gigantische Umverteilung, die den RentnerInnen die Bezüge kürzt, ohne dafür die Arbeitsplätze zu haben?

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