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Eine große Krankenkasse wirbt in ihrem Werbespot um neue Mitglieder, indem sie eine glückliche Familie zeigt, die sich an Omas Geburtstag rührend um die noch gar nicht so gebrechliche Dame kümmert. Ein nobler italienischer Modehersteller drapiert drei würdevolle alte Frauen auf einer Parkbank und preist damit seine neueste Handtaschen-Kollektion an. Kein Zweifel: Alte Menschen sind von der Werbebranche entdeckt worden. Aber nimmt man sie dort auch ernst?

Foto: Michael Matejka
Foto: Michael Matejka

Prof. Andreas Fürst, Inhaber des Lehrstuhls für Marketing an der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, interpretiert im Gespräch mit dem Magazin sechs+sechzig diese Entwicklung.

sechs+sechzig: Früher galten Konsumenten jenseits der 50 in der Werbewirtschaft als unattraktiv. Ist das heute noch so?

Andreas Fürst: Das kommt darauf an. Viele Hersteller – aber auch Medien – fokussieren sich gerne bei der Definition der werberelevanten Zielgruppe nach wie vor auf die Altersgruppe der 14- bis 49-Jährigen. Für einige Jahrzehnte hatte diese Altersgruppe durchaus ihre Daseinsberechtigung, da sie für die Kinder der Nachkriegsgeneration stand, die sich durch eine hohe Anzahl und Kaufkraft sowie eine starke Nachfrage auszeichnete – im Gegensatz zur Altersgruppe 50plus. Heutzutage ist aber dieser pauschale Fokus so nicht mehr gerechtfertigt. Nicht zuletzt aufgrund einer zunehmend älter werdenden Bevölkerung, oftmals auskömmlicher Einkommen sowie Ersparnisse sowie einer oft guten Gesundheit wird die Altersgruppe 50plus eigentlich immer wichtiger.

Ist diese Sichtweise inzwischen bei den Unternehmen angekommen?

Das haben noch immer nicht alle Hersteller erkannt. Beispielsweise werben Automobil-Hersteller immer noch gerne mit jüngeren Personen. Das Paradebeispiel ist das glückliche junge Paar oder die glückliche junge Familie. Der durchschnittliche Neuwagenkäufer ist allerdings mittlerweile Mitte Fünfzig und kann sich mit dieser Art von Werbung verständlicherweise nicht sonderlich gut identifizieren.

Gibt es auch Branchen, die besser auf die Älteren eingehen?

Durchaus. Naheliegenderweise sind hier sicherlich die Gesundheitsbranche und die Kosmetikbranche bereits recht weit. Aber auch Finanzdienstleister und Touristikunternehmen haben mittlerweile mit passenden Angeboten reagiert.

Wie attraktiv ist der Markt der Best Ager wirklich?

Sicherlich deutlich attraktiver als viele Hersteller und Medienunternehmen denken. Etwa ein Drittel aller privaten Konsumausgaben werden heutzutage von dieser Altersgruppe getätigt. Tendenz steigend! Die Best Ager geben nicht nur absolut gesehen überdurchschnittlich viel aus, sondern auch relativ, das heißt, sie geben einen überdurchschnittlich hohen Anteil ihres verfügbaren Einkommens aus.

Firmen aus der Pharmabranche oder Bekleidungshäuser setzen nun auf Generationen übergreifende Werbung. Hier sitzen meistens Großeltern, Eltern und Enkel fröhlich zusammen und transportieren gemeinsam die Werbebotschaft. Ist das ein neuer Trend?

Ich würde nicht soweit gehen, bereits von einem neuen Trend zu sprechen. Sicherlich schlagen diese Unternehmen hierbei mehrere Fliegen mit einer Klappe. Erstens umfassen die jeweiligen Zielgruppen ihrer Marken mehrere Generationen. Zweitens kann man durch die gleichzeitige Darstellung fröhlicher Mitglieder verschiedener Generationen auch signalisieren, dass der Kauf der jeweiligen Marke zum allseitigen Familienglück beiträgt. Drittens handelt es sich meist um sehr traditionsreiche Marken. Hier kann man glaubwürdig an Jüngere die Botschaft senden, dass die Marke schon sehr lange zu Recht von Konsumenten geschätzt wird und umgekehrt an Ältere, dass die Marke auch immer noch »im Trend« liegt, da sie auch bei Jüngeren beliebt ist.

Schon seit Jahren ist zu beobachten, dass man die Konsumenten der Elterngeneration über die Kinder anspricht, weil diese häufig die Kaufentscheidung in der Familie beeinflussen. Funktioniert das auch im Verhältnis Großeltern/Enkel?

Grundsätzlich ja. Im Vergleich zu den Eltern sind die Großeltern ja meist auch noch großzügiger zu ihren Enkeln. Aufpassen muss man sicherlich aber, dass meist ja auch die Eltern potentielle Käufer des beworbenen Produktes sind und diese sich nur begrenzt mit älteren Personen in der Werbung identifizieren können.

Noch vor zehn Jahren lächelte man über rüstige Senioren, die lustig mit ihrem Gehstock turnend für Banken geworben haben. Heute werden Kunden im Alter von 50 plus wesentlich seriöser angesprochen. Fällt Ihnen ein gelungenes Beispiel dafür ein?

Mitdreißiger mit grau gefärbtem Haar, die sich untypisch für die Altersgruppe 50plus verhalten, gehören zum Glück zunehmend der Vergangenheit an, ungeachtet einiger nach wie vor existierender Negativbeispiele. Als Positivbeispiel fällt mir spontan Beiersdorf mit der Marke »Nivea Vital« ein. Die Marke richtet sich primär an ältere Konsumenten und ist bereits seit längerer Zeit auf dem Markt etabliert. Der Hersteller wirbt damit, dass durch Produkte dieser Marke anspruchsvolle, reife Haut optimal gepflegt werden würde. Die in der Werbung gezeigten Menschen schaffen meist den Spagat zwischen frischem, aber dennoch für die Altersgruppe 50 plus authentischen Aussehen und Verhalten.

Welche Rolle spielen Medien, die direkt die Zielgruppe der Senioren ansprechen. SAT 1 Gold etwa oder auch Magazine wie unser sechs+sechzig?

Derartige Medien sind natürlich sehr gute Plattformen für Werbetreibende, da dort – im Vergleich zu den meisten anderen Medien – kaum Streuverluste vorhanden sind. Das heißt, man erreicht hier fast ausschließlich die angestrebte Altersgruppe. Hierdurch existiert ein deutlich besseres Kosten-Nutzen-Verhältnis für Werbetreibende als in Medien, in denen die Nutzer auch aus weniger relevanten Altersgruppen kommen.

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