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Sieht es bisschen aus wie der neue aufblasbare Fahrradhelm. Aber die Trockenhaube von anno dazumal schützt nicht vor Stürzen. Foto: Michael Matejka
Sieht es bisschen aus wie der neue aufblasbare Fahrradhelm. Aber die Trockenhaube von anno dazumal schützt nicht vor Stürzen. Foto: Michael Matejka
Sie waren einmal richtig schick: Über so manch feine Gerätschaften von damals wundert man sich heute sehr.Mutter sah damit immer ein wenig so aus, als käme sie vom Mond. Als trage sie noch Reste von einem Raumanzug, zumindest auf dem Kopf. Was wie ein riesiger Ballon wirkte, der ihr Haupt umhüllte, nannte die Industrie lockend die »schwebende Trockenhaube«. In den 70-er Jahren war das ein echter Hit. Diese schwerelose, sich der Schwerkraft entziehende Mondlandungsausrüstung kam immer dann zum Einsatz, wenn Mutter den Friseurbesuch nicht geschafft hatte. Dann wusch sie sich ihr Haar und drehte es auf Lockenwickler.
Die »schwebende Trocknung« wurde allerdings erst dann installiert, wenn mein Vater das Haus verlassen hatte. Und sie inspirierte uns zu allerlei Schabernack, denn bei dem Getöse, das der Haartrockner entfachte, konnte Mutter kaum ein Wort verstehen… Zunächst wurde der weiche, in lockeren Abständen leicht gesteppte und noch kraftlos in sich zusammengefallene Kunststoffschlauch an seinem schmalen Ende mit einem dicken, reißfesten Gummiband um den Fön gewickelt. Die andere Seite wurde über den Lockenwicklern mit einem Zugband festgezurrt. Auf Knopfdruck plusterte sich die gesamte Konstruktion durch den Luftstrom zu einer gewaltigen Kopfbedeckung auf, die surrte und gurrte, immer wieder zuckelte und ruckelte, dass es uns eine wahre Freude war. Wenn sie den Fön unter den Arm klemmte, konnte sich Mutter sogar ein Stück in der Wohnung hin und her bewegen, zumindest solange das Kabel reichte. Doch das sollte bald ein Ende haben, als Mutter einmal mitsamt der Trockenhaube vom Stuhl aufgestanden war, um einen Topf vom Herd zu nehmen. Meine Schwester hatte das nicht bemerkt und war furchtbar über das Kabel gestolpert, was wiederum meine Mutter wegen des Gebläselärms nicht gleich mitbekam. Von nun an war bei uns die Wanderschaft während des Haaretrocknens verpönt. Das »schwebende Verfahren« wurde nur noch im Sitzen durchgeführt.
Foto: Michael Matejka

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