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Spezielles Sprachtraining für Senioren

Das Wort liegt auf der Zunge, aber man bringt es einfach nicht heraus. Laute werden verdreht. Das Schlucken macht Probleme. Wer jetzt nur an Kinder denkt, die sich mit den ersten Worten schwer tun, täuscht sich: Sprachstörungen können auch Senioren treffen. Und Logopäden können allen Altersgruppen helfen. Bei den Therapien gibt es durchaus unterschiedliche Ansätze, wie Klaus Rothlauf erläutert, der bis vor kurzem das Sprachtherapeutische Beratungs- und Behandlungszentrum (SBBZ) in Coburg leitete.

Klaus Rothlauf hat sich auf die Behandlung von Sprachstörungen im Alter spezialisiert. Foto: Cindric
Klaus Rothlauf hat sich auf die Behandlung von Sprachstörungen im Alter spezialisiert. Foto: Cindric

Neu erlernen kann man die Sprache zwar nicht, aber Blockaden lösen und frühere Fertigkeiten reaktivieren. Logopäden nutzen unterschiedliche Methoden, wie zum Beispiel das Benennen von Bildern, Beschreiben, Reimen oder Singen, wenn sie Patienten ambulant oder stationär behandeln. Bei den Therapien gibt es durchaus unterschiedliche Ansätze, wie Klaus Rothlauf erläutert, der bis vor kurzem das Sprachtherapeutische Beratungs- und Behandlungszentrum (SBBZ) in Coburg leitete. Dort bietet man Patienten einen Sprachurlaub an: An ausgewählten Orten wird ein Urlaub mit einer täglichen intensiven Behandlung verknüpft. Das habe viele Vorteile, sagt Rothlauf: »Während bei einer ambulanten Behandlung der belastende Alltag immer im Hinterkopf bleibt, verspricht der Sprachurlaub entspannte Freizeit.«
Die Behandlungseinheiten finden täglich statt, nicht nur einmal in der Woche, wie es zu Hause oft der Fall ist. Zudem werden die Angehörigen bewusst einbezogen, was sonst nicht jede Therapie leiste, urteilt Rothlauf.
Ein Problem sei, so Rothlauf, dass bei ambulanten Therapien mit Terminen einmal in der Woche der Fortschritt nicht richtig sichtbar werde, die Motivation fehle und es immer wieder zu Abbrüchen komme. Darum machte sich das SBBZ auf die Suche nach effektiveren Konzepten und entwickelte in Kooperation mit Hochschulen 2004 die Ferientherapie. Seit 2005 wird sie an mehreren Standorten durchgeführt – mit positiven Erfahrungen und guten Erfolgen, wie Rothlauf versichert.
Der 67-jährige ehemalige Schulleiter und Geschäftsführer sprachtherapeutischer Zentren aus Rednitzhembach bei Schwabach weiß, wovon er spricht. Schon seit 1980 befasst er sich mit dem Thema. Er hat früher zahlreiche Lehrkräfte ausgebildet und ihnen geholfen, eine stabile, ökonomisch eingesetzte Stimme zu formen, mit der sie in einem Klassenzimmer gut zu hören sind und zu den nicht immer ruhigen Schülern durchdringen. Heute, im Ruhestand, liegt Rothlauf viel daran, dass betroffene Senioren logopädisch optimal betreut werden und nicht ins Abseits geraten.
Dabei muss man wissen: Sprachtherapie kann nicht heilen. Aber sie ermöglicht es, besser zu kommunizieren und dadurch am Leben teilzuhaben. Schließlich ist Kommunikation das A und O für Würde und Selbstständigkeit. Wer sich nicht ausdrücken kann, bleibt einsam, fühlt sich schlecht. Zudem wird mangelhaftes Sprechvermögen oft mit geringer Intelligenz gleichgesetzt. Man unterstellt Menschen, die nur mühsam oder undeutlich sprechen, vorschnell reduzierte geistige Fähigkeiten. Dabei kann die Aussprache sehr wohl isoliert geschädigt sein, während die »grauen Zellen« zuverlässig arbeiten. Dies belastet Kranke und Angehörige gleichermaßen und provoziert Missverständnisse – es geht so weit, dass auf den Betroffenen in unangemessener Weise wie auf ein kleines Kind eingeredet wird. Manche entwickeln dadurch Aggressionen oder Depressionen.
Doch was steckt hinter diesen Problemen? Schlecht sprechen können manche Senioren unter anderem bei Grunderkrankungen wie Schlaganfall, Schädel-Hirn-Verletzungen, Morbus Parkinson, Hirntumoren, Hirnblutung, Alzheimer oder Demenz. Experten unterscheiden dabei zwischen der Sprachstörung (Aphasie), der Sprechstörung (Dysarthrie) und der Schluckstörung (Dysphagie).
Bei der Aphasie können die Lautbildung, das Sprechen, die Wortfindung, der Satzbau oder das Verstehen betroffen sein.
Bei der Dysarthrie ist das motorische Steuerungssystem des Gehirns beeinträchtigt. Dies kann zu einer Schwächung, Verlangsamung oder falschen Koordination der Atmungs-, Stimmgebungs- und Artikulationsmuskulatur führen. Das Sprechen klingt dann verlangsamt, verwaschen, holprig, undeutlich oder nasal. Die Atmung kommt flach, kurz und ungleichmäßig.
Als Dysphagie bezeichnet man eine Störung des Schluckens. Sie kann beim Trinken, Essen und beim Schlucken des Speichels auftreten. Dysphagien stellen ein hohes Gesundheitsrisiko im Alter dar, weil sie zu lebensbedrohlichen Lungenentzündungen führen können. Schließlich erfordert das Schlucken eine fein abgestimmte Koordination verschiedener Muskeln. Gefährlich wird es vor allem dann, wenn Essen und Trinken nicht mehr richtig hinuntergebracht werden können. Dann drohen Austrocknen und Mangelernährung. Gerade die Dysphagie wird oft übersehen oder nicht erkannt.
Alle drei Erkrankungen bergen das Risiko, sozial isoliert zu werden. Wenn also eine Stimme brüchig, heiser, angestrengt oder undeutlich klingt, wenn jemand eine Sache nicht mehr richtig bezeichnen kann oder sich jemand häufig beim Essen verschluckt und hustet, ist ein Arztbesuch zur Abklärung ratsam. Wer dafür auf das Konzept des SBBZ Coburg setzen und auf Reisen gehen möchte, kann wählen zwischen den Orten Altötting, Bad Staffelstein, Bamberg, Schöneck im Vogtland sowie dem Tegernsee (Bad Wiessee und Rottach-Egern). Angebote an der Nordsee sollen künftig die Standorte ergänzen. Zum Programm der Therapiereisen gehören überall vielfältige Freizeitaktivitäten und Wellness-Möglichkeiten.
Die Unterbringung zahlt der Betroffene in der Regel wie bei einem privaten Kururlaub selbst. Die Behandlungskosten tragen bei ärztlicher Verordnung die Krankenkassen.
Claudia Schuller
Foto: Mile Cindric

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