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Wie man sich seines Lebens im Alter freut

In seinem »ersten Leben« fühlte sich Werner vom Busch (66) dem Journalismus verbunden. Er arbeitete sieben Jahre als Reporter beim Bayerischen Rundfunk (BR) in Nürnberg und war zwölf Jahre Chefredakteur beim Ring Nordbayerischer Tageszeitungen in Bayreuth. Zwischen seiner Mitarbeit bei verschiedenen deutschen Medien sammelte der Publizist immer wieder Auslandserfahrungen als Leiter verschiedener Projekte der Entwicklungshilfe, zuletzt sechs Jahre in Asien. Außerdem lehrte er an vier Universitäten im Ausland und ist Gastprofessor an der Universität »Ateneo de Manila« auf den Philippinen.
Beim Eintritt ins »zweite Leben« verschwendete Werner vom Busch keinen Gedanken an Ruhestand oder ans Aufhören: Als Rentner wollte er etwas Neues in seinem Leben machen. »Sich mit Menschen und deren seelischen Auseinandersetzungen zu beschäftigen, fand ich schon immer interessant. So fand ich den Weg zur Psychotherapie«, erzählt er. Am »Institut für Heilpraktiker« in Nürnberg legte er die Staatliche Prüfung zum heilpädagogischen Psychotherapeuten ab. Zusätzlich ließ er sich in Verhaltenstherapie, Gesprächstherapie, Mediation und Coaching ausbilden. Ende 2011 eröffnete er schließlich seine eigene Praxis in Nürnberg-Ebensee, wo er auch wohnt.
Der Journalist und Therapeut will sich vor allem den Problemen der Generation 55plus widmen. »Ich glaube, dass mir meine jahrelangen Begegnungen mit Menschen vieler Nationen und die Erfahrungen, die ich dabei gewonnen habe, behilflich sein können«, meint er. Der frisch gebackene Therapeut verdeutlicht: »Es geht mir vor allem um neue Perspektiven und Anregungen für eine positive Gestaltung des Älterwerdens.« Dabei hinterfragt er, wie man die nun gewonnenen Jahre sinnvoll planen kann, damit »uns das Ein-Bisschen-Weise-Werden« gut gelingt.
Die Lebenserwartung steigt, und damit verlängert sich auch der Lebensabschnitt des Rentnerdaseins. Aber vergrößert sich nun auch der Lebenswille? Gerade bei dieser Frage will der 66-Jährige ansetzen. Viele Begegnungen mit Neu-Rentnern hätten den Eindruck bei ihm hinterlassen, sie stellten sich den Ruhestand als einen langen Urlaub vor, »in dem sie die Bücher lesen, die noch im Schrank stehen, Rosen züchten oder endlich die Fotos in Alben einkleben, die ungeordnet in Kisten im Keller herumstehen«. Reicht das aus für einen erfüllten Lebensabend?
Seiner Meinung nach sei noch zu wenig durchgedrungen, dass der Ruhestand ein Lebensabschnitt ist, den es zu planen und zu leben gilt, wie kaum eine andere Periode im Leben. Sonst könnten die gefühlte Sinnlosigkeit und das Gefühl des Nicht-gebraucht-Werdens brutal zuschlagen. »Solche psychischen Belastungen können zu Altersdepressionen führen und viel von der Lebensfreude wegnehmen.«
Bedauerlicherweise würden heutzutage viele ältere Menschen den Antritt ihrer Rente als wenig positiv empfinden: So als hätte man sie »vom Hof gejagt« und herausgemobbt aus der Arbeitswelt. Der dadurch entstandene »Altersgroll« sei eine der Ursachen, weshalb viele Ältere so wenig Lebensfreude aufbrächten. Sie flüchten sich in Resignation oder ziehen sich zurück – alles Wege in eine Sackgasse, sagt vom Busch. »Manche werden zu Zynikern, erobern den Luftraum über den Stammtischen, werden Besserwisser, Ersatzpolizisten, Nörgler, Querulanten oder bombardieren Zeitungen mit Leserbriefen«, stellt der Therapeut fest.
Alten Groll bewältigen
Doch es muss nicht so weit kommen. Zahlreiche Untersuchungen bestätigen den Zusammenhang zwischen positivem Denken und einer guten Immunabwehr. Ein Aufarbeiten der eigenen Vergangenheit sei psychisch und physisch, so vom Busch, gesünder als mit der Wut weiterzuleben. »Ich kann nur zu Vergebung und Gelassenheit raten. Man kann das Geschehene ja nicht mehr rückgängig machen. Ob es um die Bewältigung eines alten Grolls geht, das Verzeihen tatsächlichen oder vermuteten Unrechts oder das Aufarbeiten eines Trauerfalls: Erst muss man sich der eigenen Lage bewusst werden, bevor man professionelle Hilfe sucht.«
Man sollte sich Zeit für die Neuorientierung nehmen. Dinge müssten reifen können, bis sie spruchreif werden. Der Psychotherapeut: »Man ist hin- und hergerissen zwischen sich widerstreitenden Gefühlen. Wer das aber aushält, findet oft auch Neues, Interessantes. Nur wo etwas leer wird, kann es sich auch mit neuem Leben füllen.«
Horst Mayer; Foto: Michael Matejka

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