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Wenn ich unterwegs bin, habe ich immer mein Phone dabei. »Entschleunige dein Leben!«, raten mir deshalb wohlmeinende Menschen, oft auch verbunden mit der Warnung vor den gesundheitlichen Folgen des Allzeit-Erreichbarseins.
»Nur falls Fragen auftauchen«, antworte ich dann meist kleinlaut und weise darauf hin, dass ich das Klingeln abgestellt habe: »Pull, nicht push!« Das spreche ich meist fränkisch aus, um nicht noch mehr als anglophiler Klugscheißer beschimpft zu werden. Meine Mitmenschen verstehen mich trotzdem nicht. Eventuell mag das daran liegen, dass die meisten von ihnen schon fast so alt sind wie ich. Im Alter ist man halt nicht mehr so leicht zu begeistern. Auch nicht für elektronischen Hilfen im Alltag. Selbst wenn diese grandios einfach sind.
Zum Beispiel für Whatsapp. Diese App haben inzwischen noch mehr Leute auf ihre Smartphones geladen als die Facebook-App. Pro Tag werden inzwischen etwa zehn Milliarden Nachrichten mit Whatsapp übertragen. Ich habe das kleine Messenger-Programm auch. Es kostet (fast) nichts, und schließlich brauche ich immer wieder neuen Stoff für diese Kolumne. Nur: Wenn keiner meiner Bekannten es benutzt, bringt Whatsapp leider nichts. Mit Whatsapp Kurzmitteilungen, Videos, Bilder oder Tondokumente zu verschicken, funktioniert nämlich nur, wenn der andere auch Whatsapp geladen hat.
Zwar kann ich meine Telefonkontakte zu Whatsapp einladen. Aber da spielen meine Kontakte nicht mit. Die erzählen mir dann nur, die Spammer würden jetzt immer dreister und behaupten sogar, ich zu sein. Was soll ich da machen? Dabei hat Whatsapp inzwischen sogar sein Verschlüsselungsproblem gelöst. Selbst aus dem Ausland kann sich der Nutzer ohne Gebühren mit seinen Freunden austauschen.
Gegen Whatsapp sieht jedes Telefon alt aus. Die App signalisiert nämlich, ob ich gerade schlafe, arbeite oder beim Essen bin und im Augenblick lieber in Ruhe gelassen werden will. Trotzdem muss ich nicht gleich rangehen und antworten, sondern kann das erledigen, wenn ich Lust darauf habe. Völlig entschleunigt! Bull, nicht Busch!
Aber das versteht wahrscheinlich wieder keiner.
Peter Viebig

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