„Es herrscht eine unterkühlte Stimmung in der Pflegebranche“, so fasst Stephanie Hollaus, Leiterin der nationalen Marktforschungsabteilung bei Psyma Health & CARE und Projektverantwortliche des ersten CARE Klima-Index Deutschland, die Ergebnisse zusammen. Das zentrale Ergebnis ist: Die Pflege fühlt sich von der Politik im Stich gelassen: So bewerten 91 Prozent der professionell Pflegenden, dass das Thema Pflege in der Politik einen geringen Stellenwert hat.
Die neuen gesetzlichen Regelungen durch die Pflegestärkungsgesetze werden ebenfalls kritisch beurteilt: Die neuen gesetzlichen Regelungen durch die Pflegestärkungsgesetze werden ebenfalls kritisch beurteilt: Bei den Pflegenden sehen 59 Prozent noch keine relevanten Verbesserung im Alltag. Die Kostenträger fällen mit nur 35 Prozent jedoch ein deutlich positiveres Urteil. Auch insgesamt fühlen sich die Pflegefachpersonen wenig wertgeschätzt: 56 Prozent der professionell Pflegenden beurteilen den gesellschaftlichen Stellenwert ihrer Profession niedriger als den anderer Berufsgruppen.
Eher neutral bis negativ wird die wirtschaftliche Lage bei den stationären Pflegeeinrichtungen beurteilt: nur 17 Prozent der Befragten sehen sie positiv, 31 Prozent neutral, 36 Prozent negativ. Noch nicht im Pflegealltag angekommen sind digitale Innovationen: 67 Prozent der professionell Pflegenden wissen noch nichts über sie, weitere 10 Prozent sehen in ihnen keine Hilfen, lediglich 6 Prozent bewerten sie positiv.
Gut dagegen wird die Qualität der Ausbildung zumindest von den Pflegenden selbst eingeschätzt: 73 Prozent beurteilen sie positiv. Pflegemanager beurteilen sie allerdings nur mit 35 Prozent als gut. Ernüchterung setzt dann im Berufsalltag ein: Die Einschätzung des Qualitätsniveaus der professionellen Pflege landet nur noch im Mittelfeld. Lediglich 15 Prozent beurteilen die Qualität der Versorgung als hochwertig, 51 Prozent nur als mittelmäßig und 28 Prozent sogar als mangelhaft. Auch bei dem Stichwort der interdisziplinären Teamarbeit – ein wichtiges Kriterium für eine gut funktionierende Pflege – fällt die Stimmung eher unterkühlt aus: Zwar wird die interdisziplinäre Zusammenarbeit noch von 44 Prozent der Ärzte positiv gesehen, aber nur 22 Prozent der Pflegenden sehen das ebenso.
Als großes Manko wird nicht zuletzt die personelle Ausstattung in der Pflege bewertet: 80 Prozent der Pflegenden empfinden sie als nicht ausreichend, ebenso 72 Prozent der Ärzte. Die Kostenträger zeigen sich stattdessen mit 45 Prozent indifferent.
Franz Wagner, Präsident des Deutschen Pflegerates, fordert daher unverzüglich eine spürbar bessere Personalausstattung in allen Versorgungsbereichen: „Die Anforderungen an die Pflege steigen qualitativ wie quantitativ ständig an. Es wird aber nicht der Rahmen geschaffen, in dem Pflegende gut und zufrieden arbeiten können und dabei selbst gesund bleiben. Der extrem hohe Krankenstand in den Pflegeberufen und der Exodus aus dem Beruf sind deutliche Signale“, so Franz Wagner. „Die Sondierungsergebnisse begreifen wir als Schritt in die richtige Richtung. Es müssen aber schnell Taten folgen und darf nicht bei gut gemeinten Ankündigungen bleiben.“
Ein deutliches Signal an die Politik ist auch die Einschätzung zur Zukunft der Pflege: Die professionelle Pflege sieht die Versorgung zukünftig gefährdet – 65 Prozent der befragten Pflegenden blicken düster und negativ in die Zukunft.
Karl-Josef Laumann, Gesundheitsminister in Nordrhein-Westfalen und Vorsitzender der Gesundheitsministerkonferenz der Länder sieht daher auch die Politik in der Pflicht: „Ich setze mich für bessere Pflegeschlüssel ein, sowohl im Bereich der Kranken- wie auch der Altenpflege. Außerdem müssen wir eine vernünftige Organisation für eine gute Interessensvertretung der Pflege bekommen. Die Pflege muss in die Lage versetzt werden, ihre Bedürfnisse im Gesundheitswesen auch durchzusetzen“, so Karl-Josef Laumann.
Der CARE Klima-Index
Der CARE-Klima-Index wurde von dem unabhängigen Institut Psyma Health & CARE GmbH in Kooperation mit dem Deutschen Pflegerat und der Schlüterschen Verlagsgesellschaft als Veranstalter des Deutschen Pflegetags konzipiert und realisiert. Er soll in Zukunft, analog zum ifo-Geschäftsklimaindex, jährlich die Veränderungen im Stimmungsbild der in der Pflege agierenden Akteure aufzeigen und Handlungsfelder sowie Herausforderungen ermitteln. Die Befragung 2017 ist daher eine Nullmessung, die die Basis für die Bewertung der zukünftigen Entwicklung bildet. Befragt wurden insgesamt 2.016 Personen – nicht nur beruflich Pflegende, sondern auch Vertreter des Pflegemanagements, pflegende Angehörige, Patienten, Haus- und Fachärzte sowie Apotheker, Kostenträger, Vertreter der Industrie sowie Kommunen und Verbände.