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Senior auf dem Jahrmarkt in San Cristobal de las Casas, Mexiko. Foto:epd

Das Alter ist die Lebensphase, mit denen viele Menschen Sorgen und Ängste verbinden. Wie wird es um die Gesundheit bestellt sein, wie um den Lebensstandard? Wie wird es sein, wenn man sich dem Ende des Lebens nähert? Wie typisch deutsch sind solche Fragen, und gehen Menschen anderer Nationen vielleicht ganz anders an diesen Lebensabschnitt heran?
Gelassenheit ist die Tugend, die viele Menschen, nicht nur Deutsche, den Mexikanern zuschreiben. Vielleicht sollte man die Attribute »lebensfroh und furchtlos« hinzufügen. Denn Mexikaner sind – trotz eines insgesamt nicht so hohen Lebensstandards und weniger leistungsfähiger Sozialsysteme – glücklichere und zufriedenere Menschen als die Deutschen. Das hat zumindest die Studie »Altern in Mexiko. Ein Ländervergleich zwischen Mexiko und Deutschland«, herausgefunden, durchgeführt von Wissenschaftlern der Psyma Group AG in Mexiko. Die Marktforscher von Psyma sind in 16 Instituten auf vier Kontinenten tätig, Hauptsitz des Unternehmens ist Rückersdorf nahe Nürnberg.
So machen sich drei Viertel der befragten Mexikaner und Mexikanerinnen keine oder wenige Sorgen, wenn sie ans Alter denken. In Deutschland hingegen sind das nur etwas mehr als die Hälfte. Grenzt man die Befragungsergebnisse auf die über 62 Jahre alten Mexikaner und Mexikanerinnen ein, so haben schier unglaubliche 82 Prozent wenig Sorgen, alt zu werden. Eine wichtige Rolle spielt dabei sicher die sehr positive Einschätzung ihrer persönlichen Situation und Gesundheit (siehe Tabelle oben).
Unterschiede zwischen Deutschen und Mexikanern tun sich auch dort auf, wo die Forscher nach den größten Problemen, die die Menschen im Alter erwarten, gefragt haben. Bei den Mexikanern steht dabei an erster Stelle die Sorge, die Beweglichkeit könnte eingeschränkt sein. Und damit weit vor der Angst, zum Pflegefall zu werden (die bei den Deutschen an erster Stelle steht), an chronischen Schmerzen zu leiden oder nicht mehr ernst genommen zu werden. Auffallend in diesem Zusammenhang ist auch, dass sich Mexikaner kaum finanzielle Sorgen machen. Im Vergleich dazu führen immerhin ein Viertel der befragten Deutschen an, von pekuniären Ängsten im Hinblick auf das Alter geplagt zu werden. Auch der Verlust eines Partners wird in Mexiko erstaunlich gelassen genommen, denn nur ein knappes Drittel der befragten über 62-Jährigen hält dies für schlimm. In Deutschland gaben etwa 43 Prozent der Älteren an, dies zu fürchten.
 
Diese Ergebnisse des ersten Teils der Studie lassen sich mit den (noch) intakteren Familienstrukturen in Mexiko erklären, die Älteren die Chance geben, lang im Kreis der Familie zu leben. Allerdings scheint Mexiko seinen älteren Bürgern kaum Chancen zu geben, aktiv und selbstbestimmt zu altern. Dies lässt sich aus der Sorge, nicht mehr ernst genommen zu werden (27 Prozent) schließen, die jedoch in den Antworten der Psyma-Umfrage in Deutschland nicht einmal erwähnt wird.
Auch wenn Mexikaner gelassener auf das Alter blicken als Deutsche, heißt dies nicht, dass sie die Altervorsorge ganz vernachlässigen. So geben immerhin 37 Prozent der 30- bis 46-Jährigen in Mexiko an, eine Lebensversicherung zu besitzen, und 38 Prozent haben vor, sich eine anzuschaffen. Anders sieht der Umgang mit dem Alter in der Gruppe der über 62-Jährigen aus. Dort verfügt etwas mehr als ein Drittel der Mexikaner über ein Testament und nur 14 Prozent über einen Organspende-Ausweis. In Deutschland hingegen hat in dieser Altersgruppe jeder Zweite ein Testament gemacht und ein Fünftel verfügt über einen Organspende-Ausweis oder eine Patientenverfügung (siehe Tabelle unten). Festhalten lässt sich beim Thema der Vorsorge auf das Alter, dass die Einstellungen der jüngeren Generation Mexikos sich denen in den westlichen Industrienationen schnell annähern. Die Älteren hingegen sind vom Gedanken der Vorsorge eher nicht berührt und vertrauen auf die Familie.
Im dritten Teil ihrer Umfrage wollten die Psyma-Forscher von Mexikanern der Mittelschicht etwas über die Bedeutung des Internets in ihrem Leben erfahren. Für einen großen Teil der Befragten gehört das Internet zum Alltag. Zwei Drittel der Mexikaner verwenden das Web als Arbeitsmittel, Deutschen dagegen dient es eher als »Tor zum Wissen« oder zum Spielen. Signifikante Unterschiede zwischen Mexikanern und Deutschen gibt es in der Gruppe der über 62-Jährigen: So nutzen 81 Prozent der älteren Mexikaner das Internet als Lernmittel und 75 Prozent klicken auf Partnerbörsen, um Gleichgesinnte für Freizeitaktivitäten zu finden. In Deutschland lernen nur ein Drittel der Befragten mit Hilfe des Internets, beziehungsweise nutzen 48 Prozent Partnerbörsen für ihre Freizeit. Mexikanische Senioren – so ein Schluss aus diesem Teil der Studie – sind also lernbegieriger und fortbildungswilliger als ihre deutschen Altersgenossen.
Rainer Büschel
INFORMATION
In Mexiko leben knapp 110 Millionen Einwohner: Zirka acht Prozent sind europäischer Abstammung, 60 Prozent sind Mestizen, also Menschen, bei denen sich der indigene mit dem spanischen Einfluss vermischt hat. Etwa ein Drittel gehört indigenen Völkern an.
Ein Drittel der Mexikaner lebt auf dem Land. Um Arbeit zu finden und wegen der schlechten Lebensbedingungen ziehen immer mehr Menschen in die großen Städte. Insgesamt lebt die Hälfte der Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze. Etwa ein Fünftel der Einwohner gehört der Mittelschicht an, die zum Teil nach europäischen Standards lebt. Die Oberschicht ist nur eine kleine Minderheit, hat aber politisch das Sagen. Die sozialen Sicherungssysteme sind kaum mit denen in Deutschland vergleichbar.
Die Psyma-Studie »Altern in Mexiko.
Ein Ländervergleich zwischen Mexiko und Deutschland«
Das Marktforschungsinstitut Psyma hat seine Umfrage, »Altern in Mexiko. Ein Ländervergleich zwischen Mexiko und Deutschland« von seiner Tochterfirma in Mexiko unter der Leitung von Simeon Pickers durchführen lassen und im August 2012 veröffentlicht. In der nicht-repräsentativen Studie wurden 1000 Mexikanerinnen und Mexikaner aus der Mittelschicht zwischen dem 1. Juni und 15. Juli 2012 in Mexiko-City, Monterrey und Guadalajara zum Bild des Alter(n)s, zur Vorbereitung auf die dritte und vierte Lebensphase und zur Rolle des Internets befragt. Anschließend wurden die Ergebnisse mit der in Deutschland erhobenen Umfrage zu den gleichen Fragen verglichen.
Unterschiede bei der Zusammensetzung der Befragten in Mexiko und Deutschland finden sich zum Beispiel in der Gruppe der 30- bis 46-Jährigen oder der Gruppe der Personen mit Hauptschulabschluss, die in Mexiko deutlich stärker ist. Während hierzulande Menschen mit einem höherem Bildungsabschluss oder Rentner und Renterninnen zahlenmäßig stärker ins Gewicht fallen.
 

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