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Ingeborg Tschakert mit ihrem Hund Vanito auf der Veranda ihres Anwesens in Frauenaurach. Foto: Mile Cindric
Mein Baum ist ergraut. Vorsichtig streiche ich mit meiner Hand über seine rauhe Rinde. Er teilt das Schicksal, das uns allen zuteil wird: Er ist alt geworden.« Worte von Ingeborg Tschakert, die man in »Gartenzauber – überall und jederzeit« nachlesen kann. Die heute 84-jährige Erlangerin schrieb das Buch 1998, im Alter von 71. Nur ein Jahr zuvor war ihr erstes Werk erschienen. Die Auflage war nach wenigen Monaten vergriffen. Und die Kritiken waren bestens. Ein Rezensent lobte gar: »›Gartenträume‹ ist, glaube ich, das schönste Buch des Jahres.«
Ingeborg Tschakerts eigener verwunschener Zaubergarten liegt unweit der Autobahn Nürnberg-Würzburg, am Ende einer kleinen Straße. Das Anwesen ist Hobbyraum und Atelier in einem für die Fotografin und Gärtnerin, Gartenkünstlerin und Blumenliebhaberin. Geboren in Kiel, aufgewachsen in Bremen und Plön, ist sie seit Jahrzehnten in Erlangen-Frauenaurach heimisch. Auf den verschlungenen Wegen zu dem kleinen Haus stößt der Besucher auf Dinge, die scheinbar vertraut sind: auf die verschnörkelte Bank, den bewachsenen Gartenteich und das schmale lichtdurchflutete Gartenhaus … Das Gefühl verstärkt sich im heimeligen Wohnhaus. Kein Wunder. In jedem der vier opulenten Bildbände – zwei weitere erschienen in den Jahren 1999 und 2001 – hat Autorin Tschakert die Leser tief in ihre ureigene Welt blicken lassen. Treffend der Kommentar der Thüringer Allgemeinen: »Sie lässt uns eintreten in ihr Reich und ihre Seele, beschenkt uns mit großartigen Fotografien.« Ein Loblied auf die »Gartenträume«, das sich durchaus verallgemeinern lässt.
Schon früh ging Ingeborg Tschakert eigene Wege. »Ob aus dir wohl noch ein vernünftiger Mensch wird? Das war ein Spruch meines Vaters, den er oft im Munde führte«, erinnert sie sich. Ihre Eltern waren beide Ärzte, sie war die Älteste von vier Geschwistern, der Vater war sehr streng. Dass Tochter Ingeborg das Abi schmiss und lieber eine Fotografenlehre begann, dürfte ihn nicht erheitert haben. Und doch war dies genau das Richtige. »Sie ist eine vorzügliche Fotografin – falsch … Fotogestalterin«, schwärmte »Der fränkische Sonntag« nach Erscheinen ihres dritten Bandes »Gartenromantik & Reiselust« 1999. Ingeborg Tschakert erfasse das Wesen des Gartens mit dem Fotoapparat auf eine Weise, wie das früher die Maler taten, meinte das Badische Tagblatt. Und die Zeitung »Die Woche« schrieb, die »begnadete Fotografin (fängt) die Atmosphäre des eigenen Gartens und anderer Gärten auf eine Art ein, dass man sich in Zauber- und Märchenländer der eigenen Kindheit versetzt fühlt.«
»Ich habe die Bücher mit viel Liebe und Wonne gemacht«, sagt Tschakert. Das Wissen hat sie sich aus einschlägiger Literatur angeeignet: »Ich bin immer mit einem Stapel Gartenbücher ins Bett gegangen«, erinnert sie sich. Heute könne sie auf das Erreichte zufrieden zurückblicken. Doch jetzt reicht die Kraft manchmal nicht mehr für die alltäglichsten Dinge, geschweige denn zum Gärtnern.
Und fotografieren? Ein neues Buch oder vielleicht einen Kalender? Das letzte Werk aus einer stattlichen Reihe war im Jahr 2000 erschienen. »Natürlich habe ich die Hasselblad noch, mit der ich am liebsten gearbeitet habe. Schon ihre Geräusche haben mich fasziniert! Ja, fotografieren könnte ich – aber ich habe keine Lust mehr«, bekennt Ingeborg Tschakert.
»In Gärten altert nie mein fröhlich Herz.« Auf diesen Ausspruch war die Wahl-Erlangerin bei einem Ausflug in die »Staudengärtnerei Gräfin von Zeppelin« im badischen Sulzburg gestoßen. Sie fand ihn so passend, dass sie ihm Platz in einem ihrer viel gerühmten Bildbände schenkte. Damals.
Seither hat sich viel verändert in ihrem Leben. Vor mehr als zwei Jahren ist ihr Mann Alfons, mit dem sie über 30 Jahre sehr glücklich verheiratet war, nach langer Krankheit gestorben. Seitdem ist Vanito, der etwa sechs Jahre alte schwarze Zwergpudel, ihr einziger Begleiter. »Ohne ihn wäre ich nicht über die schwere Zeit hinweggekommen«, gesteht Ingeborg Tschakert. Ihr Paradies liegt wie eh und je vor der Haustür. Doch heißt es nicht, gegen Einsamkeit sei kein Kraut gewachsen?
Es scheint so. Andreas Augustin, 56, der jüngere der beiden Tschakert-Söhne, erzählt: »Erst kürzlich hatte Mutter eine schwere Lungenentzündung, im Moment sind wir fast täglich bei ihr.« Sein älterer Bruder komme alle zwei Monate für drei Tage aus Spanien angereist, um sich ebenfalls zu kümmern. Ihre Leidenschaft fürs Gärtnern hat Ingeborg an ihren Sohn Andreas vererbt. Er betreibt seit mehr als 25 Jahren eine Staudengärtnerei in Effeltrich im Landkreis Forchheim. Und auch Enkel Felix hat Gärtner gelernt und macht derzeit seinen Meister.
Auch außerhalb der Familie hat Ingeborg Tschakert den Samen für eine aufkeimende Gartenleidenschaft gelegt. Jahrzehnte lang gab sie Kurse – zuerst in der Volkshochschule Erlangen und dann zu Hause. Außerdem hat sie zahlreiche fremde Gärten gestaltet, darunter sogar einen in der Schweiz. Ihre Bücher wimmeln vor Lebens- und Gärtnerweisheiten. Auch die »Gartenträume«, von denen die Nürnberger Nachrichten einst schwärmten: »Nur ungern legt man das Buch zur Seite. Aber was hindert uns, es wieder zur Hand zu nehmen und uns in Gartenträumen zu verlieren …«
Text: Ute Fürböter

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