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Das Internet wäre ja manchmal gar nicht so schlecht, wenn man nicht so viel tippen müsste. In der Schule habe ich nicht einmal den Wahlkurs Steno belegt, geschweige denn den vergleichsweise abseitigen Schreibmaschinenkurs. Daher sitze ich häufig vor dem Keyboard und frage mich (an manchen Abenden ist das Gehirn halt schlechter durchblutet): „Wo war jetzt gleich noch mal das Y?“
Ich finde es dann doch. Aber es dauert halt. Besonders dann, wenn man Sonderzeichen suchen muss. Die benötigt man manchmal zur Eingabe von Internetadressen. Dabei muss man wissen, wo sic das Minus, den Slash, den Unterstrich und Ähnliches verstecken. Und das Blöde bei der Eingabe von solchen Internetadressen (URL) ist: Vertippt man sich auch nur ein bisschen, schon zeigt der Browser an, dass er nichts anzeigen kann.
Seitdem ich diese Kolumne schreibe, bekomme ich hin und wieder Internetadressen auf Bierdeckeln oder Tempo-Tüchern zugesteckt. Das sieht dann etwas so aus: http://www.youtube.com/watch?v=OZColege8oM …und dann sagen die Leute noch: Guck dir das mal an, das ist cool!
Mag sein. Aber ich bin halt dann erst einmal am Tippen – und so cool, dass sich der Aufwand lohnt, ist das dann meistens doch nicht.
Obige URL führte (inzwischen ist auch dieser Film in unserem manchmal sehr beschränktem Land nicht mehr verfügbar) übrigens zu einem Video, in dem eine Oma langsam über den Zebrastreifen geht. Weil es ihm pressiert, fängt ein wartender Cabriofahrer das Hupen an. Da knallt ihm die alte Frau die Handtasche vor den Kühlergrill, woraufhin der Airbag ausgelöst wird, der Huper entnervt seine Sonnenbrille abnimt und die Oma unbeirrt weiter läuft.
Nun hat neulich die Vergabestelle für deutsche Internetadressen (Denic) endlich die Kurz-URLs freigegeben. Angeblich soll sie ein paar Volkswagen bekommen haben, damit VW die Adresse vw.de bekommen hat. Dafür sind zweistellige URLs jetzt generell möglich (bislang brauchte man mindestens drei Zeichen).
Mich freut das auch, hoffe ich doch, künftig nicht mehr so lange URLs tippen zu müssen. Um anderen Leidensgenossen behilflich zu sein, wollte ich mir gleich selber ein paar Kurzadressen sichern. Zum Beispiel n8.de. Dort wollte ich alte Sandmännchenfolgen, Gute-Nacht-Lieder von Xavier Naidoo und Links zu anerkannten Schlaftablettenherstellern einbauen. en.de hatte ich auch auf der Liste. Da wollte ich nicht nur günstige Bestattungsunternehmer (für viele ein Widerspruch in sich) promoten, sondern auch bei bekannten Büchern und Filmen den Schluss verraten, damit die Leser und Zuschauer nicht so viel Lebenszeit verbringen müssen, nur um zu wissen, wie es ausgeht.
Leider bin ich nicht zum Zuge gekommen. Das lag vielleicht an meiner mangelnden Bereitschaft, mehrere tausend Euro dafür abzudrücken. Jetzt haben sich andere diese Adressen geschnappt. Schade!
Andererseits würde ich manche URL nicht einmal für viel Geld haben wollen: Oder würden Sie auf kz.de oder ss.de klicken wollen?

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