Wenn es Nacht wird, bleibt es hell über der Stadt, auch in Nürnberg. Nur zur »Earth Hour« am Abend des 23. März schalteten viele Städte die Beleuchtung für öffentliche Gebäude ab – für eine mickrige Stunde. Lichtverschmutzung ist Umweltfrevel, finden Aktive des BUND Naturschutz (BN) und engagieren sich deshalb im Arbeitskreis »Rettet die Nacht«. Fünf Frauen zählen derzeit zum harten Kern.
Was soll schlecht sein am Licht? Gerade Seniorinnen und Senioren schätzen das sichere Gefühl, das gut beleuchtete Straßen und Parkwege vermitteln. Sie haben aber auch andererseits noch die Ermahnung der sparsamen Eltern im Gedächtnis, die Lampen in der Wohnung sofort zu löschen, wenn sie nicht gebraucht werden. Brannten die Lichter, bedeutete das »auch ein bisschen Luxus«, erinnert sich Monika Früstkamp aus der Nürnberger Nordstadt.
Doch heute denkt die 71-Jährige völlig anders. Es stört sie, dass im Garten ihrer Nachbarn Leuchtkugeln verteilt sind, ein Baum ganzjährig mit Lichterketten behängt ist wie zur Weihnachtszeit und schließlich der Swimming Pool beleuchtet ist. »Das ist doch schlecht für die Natur«, sagt sie.
Lichtverschmutzung stört die natürlichen Zyklen
Wie sehr zu viel Licht der Umwelt schadet, beschreibt das Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei in Berlin. »Ökosysteme sind durch natürliche Hell-Dunkel-Zyklen strukturiert, also durch Tages-, Jahres- und Mondzyklen. Viele Lebewesen haben ihr Leben im Laufe der Evolution an diese Taktgeber angepasst. Lichtverschmutzung stört diese Zyklen, was sich auf allen Ebenen der biologischen Vielfalt auswirken kann.« Die Belastung steige kontinuierlich an, weltweit pro Jahr um etwa zwei bis sechs Prozent.
Die Mitglieder des Arbeitskreises kämpfen seit Jahren dagegen an. Claus Baierwaldes hatte die Gruppe einst gegründet und vor allem in seinem Stadtteil Zerzabelshof einiges erreicht mit der Devise »Zabo dimmt ab«. Bis auf einen, berichtet Baierwaldes, hätten alle Geschäftsleute ihre Außenbeleuchtung zurückgefahren.
Doch Licht ist nicht gleich Licht, weiß Baierwaldes: »Der schlimmste Planungsfehler ist eine kaltweiße Beleuchtung nach oben mit hohem Blauanteil.« Kaltes Licht zieht Insekten besonders an, sie umkreisen die Lichtquellen, bis sie vor Erschöpfung sterben oder verbrennen. Das Leibniz-Institut spricht vom Staubsaugereffekt. Oder die Tiere werden vorher gefressen; den Fressfeinden bietet sich so ein Schlemmerparadies, bei dem sie nur noch zuschnappen müssten. Der milliardenfache Tod von Insekten heißt auch: Sie fehlen als Bestäuber für die Pflanzen.
Flutlicht ist am schlimmsten
Wenn schon nachts Licht nötig sei, dann müsse es warmweiß oder gelblich und nach unten gerichtet sein, wo es eben auch dem Spaziergänger nützt. Extrem schädlich sei weißes Flutlicht am Sportplatz. »Und was sollen Solarleuchten in Kleingärten, wo nachts kein Mensch ist?«, fragt Baierwaldes.
Dabei wäre Abhilfe so einfach: Ein Großteil der Beleuchtung kann nachts problemlos reduziert oder gänzlich abgeschaltet werden – Bewegungsmelder und Zeitschaltuhren helfen dabei, die Beleuchtung richtig zu dosieren. Außenlicht als Deko sollte generell vermieden werden – speziell in Gärten. Baierwaldes Wunsch für die nächste Vorweihnachtszeit: »Die riesigen Containerladungen mit Lichterketten sollten zu Ladenhütern werden.«
In Sachen Beleuchtungskonzept hat Fürth nach Ansicht des Arbeitskreises die Nase vorn. An etlichen Fuß- und Radwegen werden Leuchten auf ein Lichtlevel von 20 Prozent der üblichen Lichtstärke heruntergedimmt, wenn niemand vorbeigeht. Aber auch Nürnberg zeigt löbliche Ansätze wie etwa beim Fußweg zum Max-Morlock-Stadion, der mit Bewegungsmeldern neu ausgestattet wurde.
Ganz grandios zeigt das Projekt Sternenpark Schwäbische Alb in Baden-Württemberg, wie umweltgerechte Außenbeleuchtung geht. In diesem UNESCO-Biosphärengebiet darf die Nacht so dunkel sein, dass man den Sternenhimmel mit der Milchstraße live erleben kann.
Text: Angela Giese
Foto: pexels.com – marleneleppanen