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Schwatz im Grünen: Für ältere Menschen sind Parks und andere städtische Grünflächen wichtig, weil sie dort zum Beispiel mit anderen Menschen in Kontakt kommen können. Foto: Heike Hensel/IÖR-Media

Parks, Stadtwald, Gärten – Grün ist wichtig für die Lebensqualität von Älteren, die in Heimen leben. Doch Grünflächen müssen altersgerecht gestaltet sein, damit Senioren sie nutzen können. Das sind die Ergebnisse einer Studie unter der Leitung von Dr. Martina Artmann vom Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung (IÖR).

Das Forscherteam ging erstmals der Frage nach, welche Rolle städtische Grünflächen für Seniorenheime spielen. Ihre Ergebnisse hat die Gruppe in der Fachzeitschrift „Urban Forestry and Urban Greening“ veröffentlicht.

Dass Stadtgrün wichtig ist für die Lebensqualität in Städten, ist längst eine anerkannte Tatsache. Weniger gut erforscht ist die Frage, welche Rolle Grünflächen für einzelne Bevölkerungsgruppen spielen. Unklar ist auch, wie grüne mit sozialer Infrastruktur verknüpft ist, welche Grünflächen also zum Beispiel im Umfeld von Seniorenheimen zu finden sein sollten.

Diese Forschungslücken hat ein europäisches Forschungsteam um Dr. Martina Artmann, Postdoktorandin am IÖR in Dresden, nun teilweise geschlossen. Die Gruppe ging der Frage nach, wie wichtig Grün für die Lebensqualität Älterer ist, die in Heimen leben, und wie Grünflächen gestaltet sein müssen, damit ältere Menschen sie nutzen können.

Für ihre Studie befragten die Forschenden die Verwaltungen von Seniorenheimen in sechs europäischen Ländern. Die Untersuchungen konzentrierten sich dabei auf Städte mit mehr als 100.000 Einwohnern hoher und geringer Bevölkerungsdichte. Frühere Untersuchungen hatten gezeigt, dass vor allem in Städten mit hoher Bevölkerungsdichte der Anteil an Grünflächen abnimmt – obwohl diese zum Beispiel wichtig sind für das Stadtklima und das Wohlbefinden der Menschen.

Zwischen Mai und Oktober 2016 nahmen 126 Einrichtungen aus 17 Städten in Deutschland, Norwegen, Österreich, Polen, Rumänien und Slowenien an der Befragung teil. Der größte Teil von ihnen (92 Prozent) verfügt über einen eigenen Garten, der von den Bewohnern auch genutzt werden kann. Zwei Prozent der Seniorenheime haben einen Garten, den die Bewohner nicht nutzen können. Sechs Prozent der Einrichtungen verfügen über keinen eigenen Garten.

Ob Garten oder städtische Grünflächen – die Befragung hat gezeigt, dass Grün für die Lebensqualität von Senioren von zentraler Bedeutung ist. Die befragten Einrichtungen gaben an, dass der Besuch von Gärten, Parks und Stadtwald vor allem für körperliche Aktivitäten wie Spaziergänge, das Gärtnern oder Pflücken von Pflanzen sowie für den sozialen Austausch eine große Rolle spielt. Auch für die passive Erholung, etwa durch die Beobachtung der Natur, sind Grünflächen für ältere Menschen wichtig.

Anders als von den Forschenden angenommen besuchen Senioren aus Heimen ohne eigenen Garten städtische Grünflächen seltener als Bewohner von Einrichtungen mit Garten. Wie häufig und intensiv Ältere Gärten oder städtische Grünanlagen nutzen, hängt maßgeblich von ihrem Gesundheitszustand ab. Heimbewohner, die körperlich und geistig fit sind, halten sich nahezu täglich im Garten ihrer Einrichtung auf. Mehrmals im Monat besuchen sie mit, aber auch ohne Begleitung durch Besuch oder das Pflegepersonal öffentliche Grünanlagen. Vor allem für Bewohner von Einrichtungen ohne Garten dient der Besuch im Park oft als Auszeit vom Leben im Seniorenheim.

Deutlich wurde bei den Befragungen auch: Sollen ältere Menschen Gärten und Grünflächen nutzen, müssen diese ihren Bedürfnissen entsprechend gestaltet sein. Viele der Seniorenheime mit Garten (87 Prozent) haben dies bereits erkannt. Sie gestalten ihre Anlagen barrierefrei, damit sie auch mit Gehhilfen gut nutzbar sind. Ebenso finden sich rutschfeste Beläge auf Fußwegen, Sichtschutz für mehr Privatsphäre und Zäune, die vor allem Menschen mit Demenzerkrankungen vor naheliegenden Straßen schützen.

Zu oft fehlen in den Gärten von Seniorenheimen aus Sicht der Wissenschaft noch stationäre Trainingsgeräte oder Ballsportanlagen – Angebote also, die körperliche Aktivitäten der Bewohner unterstützen. Häufig möchten Ältere in den Gärten die Natur beobachten. Hier empfehlen die Wissenschaftler, Anlagen naturnaher als bisher zu gestalten – mit Wildblumenwiese statt Zierrasen zum Beispiel. „Für Menschen mit Demenz sollten noch häufiger Sinnes- oder Duftgärten angeboten werden.

Auch Maßnahmen, die die Orientierung im Garten erleichtern, wie Wegweiser und Zäune wären zu empfehlen“, erläutert Studienleiterin Martina Artmann vom IÖR. An öffentliche Grünflächen stellen sich ähnliche Anforderungen: Auch sie müssen für ältere Menschen gut erreichbar und nutzbar sein. „Bei städtischen Grünflächen kommen weitere Anforderungen hinzu: Ausreichend öffentliche Toiletten sind erforderlich; Bänke sollten in kurzen Abständen aufgestellt sein, damit sich Seniorinnen und Senioren häufiger ausruhen können“, erklärt Martina Artmann. Ihre Studie bietet einen umfassenden Überblick über die Rolle von Gärten und Stadtgrün für Ältere, die in Seniorenheimen in Europa leben. Deutlich wird aber auch, dass es weiterhin großen Forschungsbedarf zu diesem Thema gibt.

Zur Person
Dr. Martina Artmann ist Postdoktorandin am Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung in Dresden. Nach einem Bachelor-Studium der Agrarwissenschaften an der Universität Hohenheim hat sie den Masterstudiengang „Landschafts-, Regional- und Stadtmanagement“ an der Universität Salzburg in Österreich absolviert. Im Fachbereich Geografie und Geologie der Universität Salzburg (in Kooperation mit der Bayerischen Akademie für Naturschutz und Landschaftspflege) erlangte sie ihren Doktortitel. Ihr aktuelles Forschungsinteresse gilt Fragen eines nachhaltigen Managements städtischer Ökosysteme.

Als ihre Familie vor einigen Jahren ein Seniorenheim für die Großmutter suchte, fiel der Stadtökologin auf, dass bis dato kaum untersucht wurde, welche Rolle Grünflächen für ältere Menschen spielen. Im Projekt „Urban green and aging populations – the role of green areas in old people´s homes across European cities“ hat sie dieses Thema mit wissenschaftlichen Partnern aus sechs europäischen Ländern untersucht.

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