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Ein pfiffige Idee: Altenpflegeschüler lernen spielerisch Stationen der Altenhilfe kennen. Foto: Mile Cindric
Ein pfiffige Idee: Altenpflegeschüler lernen spielerisch Stationen der Altenhilfe kennen. Foto: Mile Cindric
Es gibt Tage, an denen möchte man nicht einmal einen Hund vor die Tür schicken. An einem solchen Sommertag mit viel Regen
und Wind trafen sich jüngst zwei Lehrer und 41 Schülerinnen und Schüler der Altenpflegeschule »Gemeinnützige Gesellschaft für
soziale Dienste« (GGsD) morgens unter dem Vordach der U-Bahn-Haltestelle Wöhrder Wiese in Nürnberg. Trotz der schlechten
Voraussetzungen kamen sie zu einer »elektronischen Schnitzeljagd« mit Smartphone im Rahmen eines Projekttags zur Demenz
zusammen, an dem die Schüler elf Einrichtungen der Altenpflege in Nürnberg besuchen sollten.
In Vierer- und Fünfer-Gruppen unter Leitung ihrer Lehrer Christopher Dietrich und Carola Gehrling zogen die Altenpflegeschüler
meist unbeschirmt auf vier verschiedenen Routen durch die Stadt, bestimmten Nachrichten auf mitgebrachten Smartphones
folgend. Auf ihren Mobiltelefonen erfuhren sie nicht nur die Stationen, die besucht werden sollten, sondern auch, wie sie die
Einrichtungen mit U-Bahn, Straßenbahn, Bus und zu Fuß erreichen konnten. Dort angekommen, konfrontierte sie das Personal mit
vorbereiteten Fragen. Wurden diese richtig beantwortet, erhielten die Teilnehmer auf ihr Handy Angaben zur folgenden Station.
Lösungswort: Hypothalamus
Mühelos, aber auch nass, absolvierte die Gruppe mit der ehemaligen Bundeswehrsanitäterin Annette Minameyer (31), dem
vormaligen Sozialpädagogik-Studenten Christoph Leuprecht (37), dem früheren Pflegeassistent Manuel Rackwitz (26) und der 19-
jährigen Schülerin Lisa Scharr die ersten beiden Stationen: die Hospizakademie und das Seniorenbüro im Stadtteil St. Johannis.
Knifflig wurde es für die vier allerdings im Nordklinikum. Die Mitarbeiterinnen der Gedächtnisstunde hatten einen Fragebogen für
die Altenpflege-Schüler vorbereitet. Die Antworten ergaben zusammengenommen das Lösungswort Hypothalamus. Damit wird
ein Abschnitt des Zwischenhirns bezeichnet, der die vegetativen Funktionen des Körpers steuert. Dumm nur, dass bei den Fragen
nicht nur eine, sondern hier und da auch mehrere Antworten richtig sein konnten. Mit Nachdenken und etwas Raten wurde aber
auch dieses Hindernis von der Vierer-Crew spielend überwunden. Danach gab’s den Hypothalamus sogar noch an einem Modell
zu sehen – im Eingangsbereich versteckt, damit die nächste Gruppe, die bereits angekommen war, nicht gleich die Antwort auf die
Fragen zu sehen bekam.
Dann ging es zur nächsten Station, dem »Zentrum Altersgerechte Dienstleistungen« in der Kaulbachstraße in der Nürnberger
Nordstadt. Nach einem kurzen Lichtbilder-Vortrag mussten Begriffe der Alternsforschung bestimmten Arbeitsgebieten zugeordnet
werden. Bei der Forschungsgruppe »Prävention und Demenz« in der Wallensteinstraße im Westen der Stadt hingegen wurde den
künftigen Altenpflegern die Möglichkeiten moderner Prävention und Altenpflege in kleinen Rate- und Geschicklichkeitsspielen mit
Luftballons vor Augen geführt.
Bis zum Mittagessen wurden sechs der elf Stationen abgearbeitet. Die Pause gab Lehrer Christopher Dietrich die Gelegenheit,
den Sinn des Projekts näher zu erläutern: »Die Idee war, Schüler am Ende eines Schuljahres mit den Einrichtungen in Nürnberg,
die sich mit dem Thema Demenz auseinandersetzen, bekannt zu machen«, sagt er. Im Unterricht würden diese Institutionen
besprochen, ergänzt seine Kollegin Carola Gehrling. »Die wenigsten Schüler haben während ihrer dreijährigen Ausbildungen diese
aber einmal besucht und mit den Mitarbeitern gesprochen, die dort arbeiten.« Willkommener Nebeneffekt des Zusammentreffens
von »Theorie und Praxis«: Die späteren Altenpfleger sind unter Umständen besser in der Lage, betroffene Angehörige gezielt zu
beraten, an welche Stellen sie sich im Fall der Fälle wenden können.
Zusätzlich motiviert werden sollten die künftigen Altenpfleger durch eine elektronische Schnitzeljagd, angelehnt an das so
genannte Geocaching. Bei diesem suchen die Teilnehmer mit Hilfe eines Smartphones und der kostenlosen App »Actionbound«
nach Gegenständen in einer genau beschriebenen Region. Nur wer den Gegenstand findet und enträtselt, kann mit der nächsten
Station weitermachen. »Dieses beliebte Spiel ist ein Riesenanreiz für Jüngere«, weiß Christopher Dietrich.
Note 1 mit Stern
Die Anstrengung hat sich gelohnt. Fast alle Gruppen hatten ihre elf Stationen am Ende des Tages abgelaufen und die Fragen
beantwortet. Im Urteil der Gruppe bekam die Aktion von den Schülern die Note 1 mit Stern, weil sie ihren Vorstellungen von einem
lebendigen Unterricht entsprochen hat. Aber hat es auch etwas für die Ausbildung gebracht? »Ich freue mich auf die Arbeit mit
Hochbetagten«, urteilt Annette Minameyer, »und kann jetzt auch den Angehörigen passgenaue Informationen geben.« Wichtig
sei eben auch, ergänzt Christoph Leuprecht, dass man mit seiner Arbeit den Menschen etwas geben kann, und dazu müsse man
sich ständig weiterbilden. Die »Schnitzeljagd« habe dazu auf jeden Fall beigetragen. Rundum zufriedene und hochmotivierte
Altenschüler also? Nein, einen Kritikpunkt gebe es schon: das Wetter! Lehrer Christopher Dietrich und Lehrerin Carola Gehrling
wissen also, dass sie sich nächstes Jahr in dieser Hinsicht gewaltig werden anstrengen müssen
Rainer Büschel
Fotos: Mile Cindric

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